Streit um Flüchtlinge

Grenzkontrollen sind „völlig untaugliches Instrument“

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung erteilt Forderungen nach Widereinführung von Grenzkontrollen eine deutliche Absage. Derweil kündigt Bayern die Einrichtung weiterer Plätze für Flüchtlinge an; Hessen fordert eine nationale Asylkonferenz.

In der Debatte um steigende Flüchtlingszahlen hat der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), die Wiedereinführung von Grenzkontrollen abgelehnt. „Das ist ein politisch völlig untaugliches Instrument“, sagte Strässer dem Radiosender Bayern 2 am Dienstag. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte Grenzkontrollen ins Gespräch gebracht, um die Einreise von Flüchtlingen über Österreich und Italien einzuschränken.

Strässer erklärte, die Ursache des derzeitigen Flüchtlingsproblems liege nicht bei den Migranten, sondern in der untauglichen Flüchtlingspolitik der Bundes- und Landesregierungen. „Die Flüchtlinge verlassen ihre Heimat ja nicht, weil sie gerne wo anders leben möchten. Sie kommen, weil sie in Not sind.“ Das könne man nicht mit Grenzkontrollen stoppen. „Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass diese Menschen kommen und ihnen eine menschenwürdige Unterkunft bereitstellen“, unterstrich der Menschenrechtsbeauftragte.

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Strässer schlug vor, Flüchtlinge nicht mehr in Gemeinschaftsunterkünften, sondern dezentral unterzubringen. Dadurch könnten Mindestanforderungen wie die Vorschriften der Kinderrechtsprävention eingehalten werden. Dazu müsse der Bund die Länder und Kommunen aber mehr unterstützen, als das bisher der Fall sei. Die Bundesregierung rechnet damit, dass bis Ende des Jahres rund 200.000 Menschen Anträge auf Asyl in Deutschland stellen werden.

Bayern plant mehr Plätze

Derweil hat der Freistaat Bayern angekündigt, mehr Plätze zu schaffen in den beiden Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in München und Zirndorf. Bis Oktober sollen rund 2.000 neue Plätze entstehen, wie Sozialministerin Emilia Müller (CSU) nach einer Kabinettsitzung am Dienstag in München ankündigte. Außerdem soll ein Notfall-Kontingent von etwa 1.100 Plätzen bis Ende des Jahres dazukommen.

Die Landesregierung befasste sich mit der Flüchtlingssituation in Bayern, nachdem Opposition und Wohlfahrtsverbände der CSU-Regierung wiederholt Versagen in der Asylpolitik vorgeworfen hatten. Das Bayerische Rote Kreuz sprach jüngst von einer „humanitären Katastrophe“. Laut Sozialministerin Müller sind derzeit rund 3.500 Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen in München und Zirndorf untergebracht.

Hessen fordert nationale Asylkonferenz

Wegen der steigenden Flüchtlingszahlen fordert die hessische Landesregierung eine nationale Asylkonferenz. Weil andere Bundesländer einen Stopp zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge verhängt hätten, komme Hessen in eine schwierige Lage, teilte das hessische Sozialministerium am Dienstag in Wiesbaden mit.

Die neuen Herausforderungen müssten der Bund, die Länder und die Kommunen gemeinsam anpacken. Einzelne Länder könnten „nicht als Insel“ agieren, hieß es. Nach Hessen seien in den ersten acht Monaten 2014 rund 8.700 Asylsuchende gekommen, so viele wie im gesamten Jahr 2013. Das Land rechnet für dieses Jahr mit weiteren 4.000 Menschen. Bundesweit werden für das laufende Jahr insgesamt rund 200.000 Asylbewerber erwartet. (epd/mig)