Ebola-Epidemie

Abschiebung trotz Reisewarnung in Ebola-Staaten

Das Auswärtige Amt hat Deutsche zur Ausreise aus den Ebola-Ländern auffordert und „dringend“ von Reisen in diese Länder gewarnt. An einen Abschiebestopp in Ebola-Länder haben aber weder Innen- noch Außenministerium gedacht.

Während das Auswärtige Amt alle Deutschen zur Ausreise aus den Ebola-Ländern in Westafrika auffordert und „dringend“ von Reisen nach Sierra Leone, Liberia und Guinea abrät, ist die Abschiebung von Flüchtlingen in diese Staaten offenbar weiter möglich. Derzeit gibt es keinen Abschiebestopp für Sierra Leone, Liberia und Guinea, wie die zuständigen Landesbehörden von Berlin, Bayern und Niedersachsen dem Evangelischen Pressedienst mitteilten.

Die Initiative „Pro Asyl“ appellierte an die Länder, ein Abschiebeverbot auf den Weg zu bringen. Die Ebola-Epidemie ist nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) möglicherweise schwerwiegender als bisher angenommen. WHO-Mitarbeiter in den Ebola-Gebieten hätten Hinweise darauf, dass die Zahl der Krankheits- und Todesfälle stark unterschätzt werde, teilte die UN-Organisation mit. Angaben über den Umfang nichtgemeldeter Ebola-Infektionen machte sie nicht. Bisher wurden 1.975 Erkrankungen registriert, von denen 1.069 tödlich verliefen.

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Bislang keine Regelung
Am Donnerstagabend wurde bekannt, das in Nigeria eine weitere Krankenschwester gestorben ist, die vierte Ebola-Tote im bevölkerungsreichsten Land Afrikas. In der Statistik ist sie noch nicht enthalten. Die USA zog unterdessen ihr diplomatisches Personal aus Sierra Leone ab. Mehrere Fluglinien stellten ihre Verbindungen nach Liberia und Sierra Leone ein.

Zur deutschen Abschiebepraxis in Ebola-Länder sagte eine Sprecherin der Berliner Senatsinnenverwaltung, solange es keine Regelung des Bundesinnenministeriums oder des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gebe, seien Abschiebungen theoretisch auch zurzeit möglich. Auch aus dem niedersächsischen Innenministerium heißt es, bislang gebe es keine generelle Einschränkung bei der Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern in die westafrikanischen Staaten.

Länder sollen aktiv werden
Aus dem bayerischen Innenministerium hieß es, derzeit gebe es keinen Fall für eine Abschiebung in diese Länder. Eine offizielle Richtlinie zum Umgang mit solchen Fällen auf Grundlage des Aufenthaltsgesetzes gebe es derzeit nicht. Dies könne geprüft werden, wenn tatsächlich ein Fall vorliegt, sagte der Sprecher.

Der stellvertretende „Pro Asyl“-Geschäftsführer Bernd Mesovic appellierte an die Innenminister der Länder, ein Abschiebeverbot zu verhängen. Sie könnten das in Eigenverantwortung für ein halbes Jahr durchsetzen, bevor eine Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium nötig sei. Mesovic sieht vor allem für Nigerianer ein Risiko, abgeschoben zu werden. Für das Land gebe es derzeit keine Reisewarnung. Für Sierra Leone, Liberia und Guinea kann er sich dagegen derzeit keine Abschiebeentscheidungen vorstellen. „Dies würde schon an praktische Grenzen stoßen, wo doch täglich wieder Flugverbindungen in diese Länder gestrichen werden“, sagte er dem epd.

Ebola-Epidemie tödlich?
Das Bundesinnenministerium verweist derweil auf den Ermessensspielraum der Ausländerbehörden. Sie müssten prüfen, ob sogenannte Abschiebungshindernisse bestünden, sagte ein Ministeriumssprecher. Von einer Abschiebung sei abzusehen, wenn einem Asylbewerber eine extreme Gefährdung drohe oder er „sehenden Auges dem Tode ausgesetzt“ würde. Ob dazu auch das Grassieren des tödlichen Ebola-Virus’ gehört, sagte er nicht.

Nach Angaben des Bundesamts für Migration für Flüchtlinge waren zum 31. Juli 306 Menschen aus Sierra Leone, 222 aus Liberia, 2.316 aus Nigeria und 1.045 aus Guinea ausreisepflichtig. Die Quote bewilligter Asylanträge ist für diese Länder sehr niedrig, weil die angegebenen Fluchtgründe – oft ist es Armut – nicht als Asylgrund anerkannt werden. (epd/mig)