Islamdebatte in den Medien

Die Diskussion geht endlich dahin, wo sie hingehört. In die rassistische Ecke

Der Islam bzw. die Muslime haben es wieder in die Medien geschafft – im üblichen negativen Kontext natürlich. Das ist nichts Neues. Neu ist, dass inzwischen sogar die sogenannten Qualitätsmedien stereotype Vorstellungen verbreiten – quasi als Zeitungsbeilage.

Der Islam gehört nun wohl doch endlich zu Deutschland, wenn auch nicht so, wie unser ehemaliger Bundespräsident Christian Wulff sich das gewünscht hatte. Denn der Islam ist zum Thema geworden, oder zumindest das, was man sich darunter vorstellt. Unter dem Titel „Man wird doch wohl noch seine Meinung sagen können!“ entfaltet sich eine Hetzkampagne gegen den Islam, wie ich sie höchstens auf einschlägigen Internetseiten erwartet hätte, nicht aber in der deutschen Presse.

Der Aufhänger ist – verständlicherweise – die Überraschung über offenen Antisemitismus auf deutschen Straßen. Es geht um die Kundgebungen zum Gaza Krieg, die sich vielerorts gegen die israelische Besatzungspolitik und aktuell das Bombenwerfen richten. „Stoppt den Krieg“ wird skandiert. Hochglanzbilder von sterbenden Kindern in Gaza lassen Emotionen überkochen. Anstatt ausschließlich Israels Politik zu kritisieren, hört man vereinzelt Stimmen gegen „die Juden“ insgesamt.

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Die deutschen Medien greifen das dankbar auf. Kritik an Israel sei ja verständlich, antisemitische Äußerungen – wenn auch legal – dagegen unerträglich. So unerträglich, dass nun die Medien gänzlich ohne schlechtes Gewissen im Gegenzug gegen „die Muslime“ insgesamt wettern. In einem Atemzug mit der Verurteilung von Antisemitismus in Deutschland muss ich dann beispielsweise in der FAZ vom 22. Juli 2014 lesen, ein judenfeindlicher Islam gehöre nicht zu Deutschland, es gäbe kaum ein größeres Integrationshindernis. Jasper von Altenbockum setzt noch einen drauf, als er ergänzt: „Zwangsheiraten, Ehrenmorde, Burka, Scharia, Parallelgesellschaft, Antisemitismus? … Die Antwort darauf kann nur heißen: Es gibt Einwanderer, die nicht willkommen sind.“

Als sich dann Nicolaus Fest mit einer ähnlichen Liste von islamfeindlichen Stereotypen publikumswirksam in der Bild am Sonntag in Szene setzt, ist die Hetzjagd auf Muslime endgültig eröffnet. Herr Fest kommentiert den folgenden „Shitstorm“ auf Twitter rhetorisch einwandfrei mit: „Offensichtlich finden viele Homophobie, Antisemitismus & Ehrenmorde völlig ok.“ Und auf den halbherzigen Versuch, Islamismus vom Islam abzugrenzen, reagiert er mit: „Aber gibt es Grenze zw. Islam / Islamismus? Antisem.Demonstranten waren Mütter & Normalos.“

Der Umkehrschluss aber bleibt aus. Da waren eben keine Islamisten auf den Straßen, sondern normale Menschen wie Sie und ich. Die Kundgebungen wurden auch nicht etwa von Moscheevereinen organisiert, sondern von betroffenen Palästinensern oder deutschen Linken. Da waren nicht nur Muslime auf der Straße! Und der größte Teil der Muslime in Deutschland hat gar nicht an den Demonstrationen teilgenommen. Alles Fakten, die ausgeblendet werden.

Schlimm ist, dass die genannten Stereotypen widerspruchslos akzeptiert werden. Geschätzte vier Millionen Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland stehen in den Augen einiger Journalisten und Leser offensichtlich für Dinge, die mit dem Islam noch nicht einmal vereinbar sind. Das Judentum wird als eine der Buchreligionen im Koran hoch geschätzt, ebenso wie auch das Christentum. Und der viel zitierte „Ehrenmord“ beispielsweise ist im Islam ebenso verboten wie Zwangsheiraten.

Aber um Fakten geht es schon lange nicht mehr. Herr Fest erfreut sich so großer Beliebtheit dass eine Facebook-Seite gegründet wurde mit dem schönen Titel „Solidarität mit Nicolaus Fest“. Er ist der Held derjenigen, die eine diffuse Abneigung gegen den „Islam“ haben. Der Vorwurf des Rassismus wird abgeschmettert mit dem Hinweis, es ginge um nichts anderes als „Religionskritik“. Schließlich sei der Islam keine Rasse.

Wie das gemeint ist, zeigt uns Herr Rainer Hermann in der FAZ vom 29. Juli 2014. Er stellt fest: „Die meisten Muslime – ob in der Türkei, in Indien oder in Indonesien – leben aber in Demokratien. Das Problem sind die arabischen Muslime.“ Die Araber, die sich in der „täglichen Auseinandersetzung mit dem überlegenen Westen“ befinden und „erkennen müssen“, dass der wahhabitische Islam nicht in die Moderne passt. Auch da spielen die Fakten wohl eher eine untergeordnete Rolle. Nur ein verschwindend geringer Teil der Muslime in Deutschland kann als Wahhabit bezeichnet werden. Und Saudi Arabien, der wahhabitische Prototyp in der Welt, wird vielleicht aus den USA unterstützt, nicht aber aus der arabisch-muslimischen Welt.

Nun sind aber Araber keine Religion. Die Diskussion geht also nun endlich dahin, wo sie hingehört. In die rassistische Ecke.

Und während sich die Fans von Nicolaus Fest die Hände reiben und sich freuen, dass endlich einmal jemand ihre „Wahrheit“ ausspricht, frage ich mich, was als Nächstes kommt.