ARD-Kommentator Steffen Simon

„Iraner sind Südländer und nicht immer ganz so gut organisiert“

Deutschland hat gestern einen grandiosen Sieg gegen Portugal eingefahren. Das anschließende Spiel zwischen Iran und Nigeria war nicht so ereignisreich. Deshalb plauderte ARD-Kommentator Steffen Simon über Iraner und deren Organisationsfähigkeit.

Von Dienstag, 17.06.2014, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 19.06.2014, 17:56 Uhr Lesedauer: 1 Minuten  |  

Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland oder kurz ARD genießt mehr oder weniger auch das Vertrauen vieler Bürger mit Migrationshintergrund in Deutschland. Doch zunehmend gibt es Diskussionen darüber, inwiefern eigentlich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Diversität leben und sich interkulturell öffnen.

Der Fauxpas vom Kommentator Steffen Simon während des gestrigen WM-Spiels Iran gegen Nigeria zeigt einmal wieder, dass die ARD von interkultureller Kompetenz kaum etwas versteht und noch lange nicht in der Einwanderungsgesellschaft angekommen ist.

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Anscheinend fand Simon die erst Hälfte des Spiels so langweilig, dass er sich entschied, über die iranische Kultur zu schwadronieren: „Iraner sind Südländer und nicht immer ganz so gut organisiert.“ Zuvor hatte er von den miserablen Bedingungen der iranischen Nationalmannschaft in Brasilien erzählt, von täglichen Busfahrten zum Trainingsplatz von zwei Stunden.

Offenbar haben sich zeitnah auf der Webseite der ARD viele Zuschauer über den Kommentator beschwert, sodass er sich wenige Minuten später gezwungen sah, sich zu „entschuldigen“. Seine Ausrede: Er habe nur andere Iraner zitiert. Eine Entschuldigung sieht anders aus. Aktuell Meinung

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  1. Roman sagt:

    Gerade im Fußball wird sehr gerne stereotypisiert. Da spricht zum Beispiel Mehmet Scholl vom „uruguayischen Sensemann“ oder Steffen Simon von schlecht organisierten Iranern. Alles was das Stereotyp belegt wird registriert, alles was es widerlegen könnte, wird ignoriert. So funktioniert es nicht nur bei den Kommentatoren, sondern auch bei uns Zuschauern. Leider. Diese Freude am Arbeiten mit Stereotypen, gerade im Fußball, ist übrigens kein rein deutsches Phänomen, wie man feststellen kann, wenn man ausländische Presse und Kommentare liest, oder mit ausländischen Fans Fußball schaut.

  2. Thorschten sagt:

    Natürlich ist es ein Armutszeugnis, wenn sich ein ARD-Kommentator Vorurteilen bedient und eine Entschuldigung wäre angebracht. Doch sollte dieser eine Satz „Iraner sind Südländer und nicht immer ganz so gut organisiert“ wirklich alles an Vorurteilen gewesen sein, was in 90 Minuten Langeweile zur Sprache gekommen ist, dann ist eine übermäßige Skandalisierung übertrieben – zumindest meiner Meinung nach.

  3. H.P.Barkam sagt:

    Gestern Abend schickt ich meinem Sohn das Italien-Trikot-Video, nachdem wir ein wenig über die WM und den Deutschen Angstgegner Italien getrillert hatten.
    Anschließend meinte mein Sohn mit einem großen Schmunzeln, bei einer Fußballweltmeisterschaft würden antirassistische Normen nicht gelten.

    Irgendwie habe ich den Verdacht, dass dem wohl so ist. Immerhin hebelt die ach so tolerante FIFA in den WM-Gastgeberländern regelmäßig die einfachsten Menschenrechte aus.

    Vielleicht sollten wir das ein oder andere Mal nicht ganz so verbissen sein und nicht jedem unüberlegten Satz eines an sich Unbescholtenen in Sachen Rassismus gleich auf die Goldwaage legen.
    Auch wenn die Aussage zweifelsohne ziemlich dämlich war.

    In diesem Sinne

  4. SüloCan sagt:

    Ähnliche Kommentare zuhauf gab es in dem Spiel USA gegen Ghana, in der sich der Kommentator mehr als nur einmal parteisch für USA und insbesondere für Klinsmann geäußert hat, abfällige Äußerungen gegenüber Ghana wie „dämliche Spielweise“ inklusive.

  5. Kritika sagt:

    In diese Reihe gesellt sich der Kommentator Wolf-Dieter Poschmann, der sich in dem Spiel Chile gegen Australien (wenn ich mich recht entsinne) abfällig über manche Entscheidungen des afrikanischen Schiedsrichtes ablässt, indem er u.a. sagt: „Das scheint in Afrika aber anders zu sein“. Ich war erstaunt, daß der Kommentator wegen einer Fehlentscheidung (welche wir in dieser WM schon zuhauf auch von anderen Schiedsrichtern gesehen haben) nicht den Schiedsrichter selbst, nicht mal eine Nation, sondern mal so ganz nebenbei gleich einen ganzen Kontinent diffamiert. Überrascht mich allerdings nicht wirklich, daß immer wieder solche Sprüche fallen. Und auch wenn es noch so harmlos daher kommt, sollte man sich mal einige Gedanken machen, was das über manche Personen aussagt.

  6. Alexander sagt:

    Ich bin Halb-Grieche, mein Freund ist Iraner. Bei dieser Bemerkung des Kommentators haben wir uns einfach nur angesehen und gelacht. Ganz offensichtlich fehlt uns der notwendige Bildungshorizont, um die volksverhetzenden Eigenschaften derartiger Bemerkungen zu erkennen. Dazu muss man wohl Deutscher sein. Das verbale Gutmenschentum hierzulande nimmt Ausmaße an, die auf erschreckende menschliche Abgründe hinweisen. Vielleicht ist es aber auch einfach nur Humorlosigkeit oder Karrierismus.

  7. Mathis sagt:

    Die ARD ist noch nicht in der „Einwanderungsgesellschaft“ angekommen??
    Hat die iranische Mannschaft signalisiert, dass sie geschlossen in die BRD einwandern möchte??

  8. global player sagt:

    SüloCan, das hätte Sie aber vermutlich nicht gestört, wenn es nicht Ghana sondern Österreich gewesen wäre, habe ich recht? Im Falle, dass diese dabei gewesen wären, vorausgesetzt natürlich. Wissen Sie, auch das ist Rassismus: die Schwarzen sind immer die armen, die man auf gar keinen Fall verletzten darf und immer mit Samthandschuhen anfassen muss. Geht mir genauso, ist aber umgekehrter Rassismus. Fußball-WM ist sowieso mist, ich schau’s mir gar nicht an.

  9. Max sagt:

    @SüloCan
    Wenn ich finde, dass die türkische Nationalmannschaft (obwohl nicht bei der WM vertreten) eine dämliche Spielweise hat, stehe ich dann in einer Reihe mit dem NSU?

  10. Ich sagt:

    Die ARD genießt Vertrauen? Verdient hat sie das nicht, hatte sie nie. Da kann man auch der Bild vertrauien