Einige Leser hatten es bereits geahnt, zahlreiche Beamte in Ausländerbehörden nicht. Sie sind dem Aprilscherz des MiGAZIN auf den Leim gegangen. Besorgte Beamte griffen bis in den späten Nachmittag zum Telefon und fragten nach dem vermeintlichen geheimen BAMF-Dokument, wonach Mitarbeiter der Ausländerbehörden per Testverfahren nach ausländerfeindlichen Einstellungen befragt werden sollen.
Selbstverständlich gibt es weder ein Geheimdokument, noch hat das Bundesinnenministerium das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) damit beauftragt, ein Handlungskonzept aufzusetzen, um die persönliche und fachliche Eignung der Beamten auf den Prüfstand zu setzen. Am Nachmittag reagierte auch das BAMF auf seiner Internetseite auf den „Hoax“ und gab Entwarnung.
Was richtig ist
Das einzig Richtige an diesem Aprilscherz ist, dass das BAMF tatsächlich daran arbeitet, eine Willkommenskultur in der Praxis der Ausländerbehörden zu etablieren. So fördert das BAMF beispielsweise das auf zwei Jahre angesetzte Modellprojekt, „Ausländerbehörden – Willkommensbehörden“. Erste Ergebnisse des im Oktober 2013 gestarteten Projekts wurden erst jüngst (24. und 25 März) auf der Fachtagung in der Zentrale des Bundesamts in Nürnberg vorgestellt.
„Ausländerbehörden sind für Zuwanderer die erste Anlaufstelle – und prägen deshalb das Bild Deutschlands als Einwanderungsland maßgeblich mit. Sie sind damit zentrale Partner bei der Entwicklung einer Willkommenskultur vor Ort“, unterstrich BAMF-Präsident Manfred Schmidt die Bedeutung dieses Modellprojekts. Ziel dieses Projekts ist es, Ausländerbehörden dabei zu unterstützten, die Willkommenskultur ganz alltagspraktisch zu etablieren. Dabei werden insbesondere drei Kernbereiche ins Auge gefasst: Stärkung von Service- und Kundenorientierung, Stärkung der interkulturellen Kompetenzen der Mitarbeiter sowie Vernetzung und Zusammenarbeit mit weiteren für die Integration wichtigen Akteuren vor Ort.
Download: Weitere best practice Beispiele aus den teilnehmenden Ausländerbehörden hat das BAMF in Steckbriefform aufbereitet. Sie können hier heruntergeladen werden.
BAMF: Willkommenskultur in allen Bereichen
Auf eine Anfrage des MiGAZIN hatte das BAMF vergangene Woche mitgeteilt, wie sich diese Eckpunkte in der Praxis bemerkbar machen: Die Ausländerbehörde Weimar etwa bietet ihre Dienstleistung direkt an der Universität an, um ausländische Studierende, die sich im deutschen Behördensystem noch nicht auskennen, besser unterstützen zu können.
Wie ein BAMF-Sprecher dem MiGAZIN mitteilte, gibt es auch Einigkeit darüber, dass eine Willkommenskultur sich nicht nur auf Fachkräfte und Hochqualifizierte beschränken darf, „sondern ebenso in negativ konnotierten Bereichen ‚gelebt‘ werden muss“. Mit den sich aus diesem Spannungsfeld ergebenden Herausforderungen würden „sich die Ausländerbehörden in den kommenden Monaten intensiv befassen“.
Latent aggressiv-schikanöse Kommunikationsformen
Ob und inwieweit die Bemühungen des BAMF, die Ausländerbehörden zu Willkommensbehörden zu formen gelingen wird, wird die Zukunft zeigen. Dass dieses Vorhaben allerdings stark mit der persönlichen Einstellung der Beamten zusammenhängt, zeigen die Reaktionen in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter. Zahlreiche Leser zeigten sich enttäuscht über die BAMF-Mitteilung, dass es sich bei dem MiGAZIN-Artikel um einen Aprilscherz handelt. „Mist, hatte mich kurz gefreut“, schreibt eine Leserin, eine andere reagiert gar empört: „Wie? Die wollen ausländerfeindliche Beamte doch behalten?“ Zahlreiche weitere Leser schrieben das MiGAZIN an und berichteten von ihren negativen Erfahrungen in Ausländerbehörden und darüber, wie Beamte sogar offen ausländerfeindlich auftreten.
So auch A. aus Berlin. Sie schreibt, dass sie die Pläne richtig findet. Ausländerfeindliche Beamte sollten keinen Publikumskontakt haben. „Ich bin Rechtspflegerin und kann dazu sagen, dass diese Beamten oft keinen Kontakt zu Ausländern haben und dann aus Unsicherheit entsprechend reagieren. Ich selbst habe deshalb schon Probleme ausfechten müssen. Ich begrüße es, dass hier nach einer Lösung gesucht wird.“
Noch im August 2013 hatte ein Forscherteam an der Uni Bayreuth herausgefunden, wie unfreundlich Ausländerbehörden mit ausländischen Studierenden umgehen. Professor Müller-Jacquier hatte vor allem den Umgangston im Ausländeramt kritisiert. Dort würden „latent aggressiv-schikanöse Kommunikationsformen“ verwendet. Gegenüber dem MiGAZIN erklärte der Wissenschaftler – Aprilscherz hin oder her, die Einstellung der Mitarbeiter und des Leiters der Ausländerbehörde sei der wesentliche Faktor. (bk)