Die SPD und Grünen geführten Länder setzten sich in einem am Freitag beschlossenen Gesetzentwurf für die Zulassung der Mehrstaatigkeit ein. Mit der Vorlage wollen sie den geltenden Grundsatz aufheben, nach dem Einbürgerungswillige im Fall des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben müssen. Damit entfiele zudem die Legitimation für die sogenannte Optionsregelung im Staatsangehörigkeitsrecht.
Danach erhalten in Deutschland geborene Kinder von Ausländern sowohl die deutsche Staatsangehörigkeit als auch die des Herkunftslandes ihrer Eltern. Bis zu ihrem 23. Lebensjahr müssen sie sich aber für eine Option entscheiden. Betroffen sind vor allem junge Türken. Lediglich Menschen aus der EU oder Ländern wie Brasilien und Marokko, die ihre Bürger nicht aus ihrer Staatsangehörigkeit entlassen, haben bislang Anspruch auf einen Doppelpass.
„An die Stelle des geltenden restriktiven Grundsatzes will der Bundesrat eine Regelung setzen, die den Anforderungen einer Einwanderungsgesellschaft besser entspricht“, heißt es in einer Erklärung der Länderkammer. In einer begleitenden Entschließung stellten die Länder zudem fest, dass das Staatsangehörigkeitsgesetz „aus seiner Sicht allgemein dringend reformbedürftig ist“. Es seien über die im Gesetzentwurf genannten Änderungen weitere Reformschritte erforderlich, um ein modernes, praktikables und einbürgerungsfreundliches Staatsangehörigkeitsrecht zu gewährleisten.
Optionsregelung nicht nachvollziehbar
„Es ist nicht nachvollziehbar, warum junge Menschen, die hier aufgewachsen sind, sich mit Erreichen der Volljährigkeit zwischen der deutschen und der Staatsbürgerschaft ihrer Eltern entscheiden müssen. Stattdessen sollten sie die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft bekommen“, hatte die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) bereits im Vorfeld der Abstimmung im Bundesrat erklärt und eine umfassende Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes gefordert.
Sachsen Ausländerbeauftragter Martin Gillo sieht es ähnlich. Nach der Entscheidung des Bundesrats sagte er der Freien Presse, es sei „totaler Unsinn, dass sich etwa junge Türken bis 23 zwischen zwei Optionen entscheiden müssen“. Zudem sei es „peinlich“, dass es durch das bisherige Optionsmodell bereits zu ersten Ausbürgerungen in anderen Bundesländern gekommen sei.
Hoffen auf die Bundestagwahl
Damit das Staatsangehörigkeitsgesetz geändert werden kann, muss der Gesetzesentwurf aber noch den Bundestag passieren. Aussicht auf Erfolg hat die Bundesratsoffensive aber nicht. Schon zuvor waren mehrere Oppositionsanträge an der schwarz-gelben Mehrheit gescheitert. Insofern hoffen die Initiatoren auf die bevorstehende Bundestagswahl.
„Ein neu gewählter Bundestag kann nun sofort ein Gesetz beschließen, das die doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht“, Jutta Velte, migrationspolitische Sprecherin der Grünenfraktion im NRW- Landtag. Auch die baden-württembergische Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) ist optimistisch: Der nächste Bundestag werde „sicher etwas anders aussehen“. (bk)