Personalauswahl

Innenministerium soll christliche Bewerber bevorzugt haben

Das Bundesinnenministerium soll mehreren Medienberichten zufolge CDU und CSU-Bewerber bevorzugt haben. Wie jetzt bekannt wurde, sollen auch christliche Kandidaten bevorzugt worden sein. Das Ministerium bestreitet die Vorwürfe.

Laut Grundgesetzt und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz darf niemand wegen seiner Herkunft oder Religion benachteiligt werden. Dennoch wird ein „Yusuf“ vergleichsweise viel seltener zum Vorstellungsgespräch eingeladen als ein „Josef“. Vor allem Bewerber mit muslimisch klingenden Namen haben es schwer, wie zahlreiche Studien und Feldversuche belegen.

Bisher bezog sich die Kritik aber weitestgehend auf Arbeitgeber aus der privaten Marktwirtschaft. Wie die Wochenzeitung Die Zeit in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, scheint auch das Bundesinnenministerium (BMI) Bewerber mit einer bestimmten Religionszugehörigkeit systematisch bevorzugt zu haben.

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BMI-Verantwortlicher sieht Islam als Gefahr
Bereits Anfang Mai hatten Recherchen von Die Welt eine Art Parteibuchwirtschaft offengelegt. Danach soll das BMI Parteimitglieder von CDU und CSU, Stipendiaten der CDU nahen Konrad-Adenauer-Stiftung und Mitglieder von katholisch-konservativen Organisationen bevorzugt sowie behinderte Bewerber erheblich benachteiligt haben. Wie Die Zeit jetzt berichtet, soll das BMI zudem christliche Bewerber bevorzugt haben.

Verantwortlich für das Auswahlverfahren und Personalgewinnung im Hause von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) soll Johannes Paul Fietz (CDU) sein. BMI-Mitarbeiter bezeichnen ihn laut Die Zeit als „heimlichen starken Mann im Ministerium“. Er sei Autor in einer von Dominikanern herausgegebenen Zeitschrift und ist Mitherausgeber eines Anti-Abtreibungsbuches. Er warne vor der „Selbstsekularisierung der Kirche“ und sehe im Islam eine allgemeine Gefahr. Diese Einstellung wirke sich auch auf das Auswahlverfahren im BMI aus.

Eine neue Ordnung
„Schon seit geraumer Zeit baue Fietz ein konservativ-katholisches Juristennetzwerk im BMI auf und dränge Andersdenkende an den Rand“, zitiert Die Zeit Mitarbeiter des Innenministeriums. „Hier wird der Apparat von innen grundsätzlich verändert,“ ist zu lesen. Entsprechend titelt das Blatt: „Dahinter steckt der Versuch eines Kulturwandels.“ Und im Resümee heißt es: „Eine neue Ordnung, so scheint es, hat sich Fietz nun auch im Innenministerium geschaffen“.

Angestoßen wurde der Skandal von der Schwerbehindertenvertreterin des BMI, die gegen den Personalrat des eigenen Hauses geklagt hatte. Im Laufe des Verfahrens vor dem Berliner Arbeitsgericht im April 2013 kamen Details ans Licht, die eine Parteibuchwirtschaft nahelegten: Im Herbst 2012 hatte das Bundesverwaltungsamt im Auftrag des BMI 470 Bewerber anhand eines Katalogs bewertet. Damit sollten nach Eignung, Leistung und Befähigung 24 Volljuristenstellen besetzt werden. Berücksichtigt wurden unter anderem Abschlussnoten, Sprachkenntnisse, Zusatzqualifikationen, Ehrenämter oder Auslandserfahrungen. Mit Hilfe einer Matrix wurde eine Gesamtpunktzahl errechnet.

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Vitamin B?
Wie Die Welt später herausfand, lud das BMI aber nicht ersten 80 Bewerber mit den höchsten Punktzahlen ein, sondern zum größten Teil Bewerber mit einem CDU- und CSU-Parteibuch und Bewerber mit Verbindungen zur unionsnahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Wie es scheint, wurden im Hause von Bundesinnenminister Friedrich auch muslimische Bewerber aussortiert.

Mittlerweile ist dieser Skandal laut Die Welt auch Thema im Bundestag. In einer parlamentarischen Anfrage möchte die SPD unter anderem wissen, wieso Bewerber ohne Fremdsprachenkenntnisse nicht vom weiteren Verfahren ausgeschlossen wurden. Außerdem will die SPD-Fraktion wissen, wie es zu erklären sei, „dass mindestens die Hälfte aller erfolgreichen Bewerberinnen und Bewerber über eine oder mehrere der folgenden Eigenschaften verfügen: Mitgliedschaft bzw. Funktionärstätigkeit in der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands oder der Christlich-Sozialen Union in Bayern, Verwandtschaft mit Abgeordneten oder Berufstätigkeit für Abgeordnete dieser Parteien oder für die Konrad-Adenauer-Stiftung?“

BMI weist Vorwürfe zurück
Auf eine Frage des Grünen Abgeordneten Volker Beck wies der parlamentarische Staatssekretär beim BMI die Vorwürfe zurück. Mitte Mai erklärte er: „Die in der Presse und auch von der Opposition über das letzte Juristenauswahlverfahren des Bundesinnenministeriums getroffenen Behauptungen sind falsch.“ Mit dem Auswahlverfahren würden „seit Jahren hervorragende junge Juristen eingestellt, die erfolgreich im Bundesinnenministerium tätig sind“.

Demgegenüber berichtet Die Welt, dass das BMI bei der Änderung der Bewerberreihenfolge zugunsten von Unions-Sympathisanten oder -Mitgliedern sogar Ausschlusskriterien ignoriert haben soll, die sie zuvor selbst per Erlass festgelegt hatte. Stellt sich noch die Frage, wie viele „Yusufs“ dabei ausgeschlossen wurden. (eb)