Inakzeptabel

Rechtswidrige Privatisierung des Visumverfahrens zu Lasten der Reisenden

Die Bundesregierung verstößt mit der systematischen Teil-Privatisierung des Visumverfahrens und der gleichzeitigen Missachtung vorgegebener Fristen zur Bearbeitung von Visumanträgen gegen EU-Recht. Statt die Auslandsvertretungen ausreichend personell auszustatten und die Visaerteilung zu vereinfachen, bürdet die Bundesregierung den Reisenden die Mehrkosten der Privatisierung auf. Das ist inakzeptabel.

Laut einem Bericht der EU-Kommission vom November 2012 könnten Visaerleichterungen bis zum Jahr 2015 EU-weit Mehreinnahmen von bis zu 60 Milliarden Euro und bis zu 500.000 Arbeitsplätze erbringen; allein in der Tourismusbranche. Dem steht gegenüber die derzeitige strenge Anwendung der EU-Visaregeln insbesondere durch Deutschland. Dadurch wird ganz wesentlich der touristische und wirtschaftliche Austausch erschwert, ja geradezu behindert.

Mindestens genau so problematisch ist, dass auch und besonders familiäre und persönliche Kontakte massiv behindert werden. Doch weder ökonomische noch humanitäre Aspekte interessieren die Bundesregierung in dieser Frage. Statt die Visavergabe zu erleichtern und ausreichendes Personal in den Auslandsvertretungen einzusetzen, setzt die Bundesregierung als vermeintliches Allheilmittel vor allem auf den Einsatz privater Dienstleister im Visumverfahren. Wie so häufig geht diese Form der Privatisierung staatlicher Aufgaben zu Lasten der Betroffenen. Dieses steht aber auch im Widerspruch zu Vorgaben des bei kurzfristigen Schengen-Visa verbindlichen und vorrangig zu beachtenden EU-Rechts. Art. 38 Abs. 1 des EU-Visakodex verpflichtet dabei die EU-Mitgliedstaaten, für die Visaprüfung „geeignete Kräfte in ausreichender Zahl ein[zusetzen], so dass eine angemessene und harmonisierte Dienstleistungsqualität für die Öffentlichkeit sichergestellt werden kann“. Die Mitgliedstaaten sollen – mit anderen Worten – zügige und kundenfreundliche Visaverfahren gewährleisten. So genannte externe Dienstleister dürfen nach Art. 40 Abs. 3 des Visakodex hingegen nur „aufgrund besonderer Umstände oder der Gegebenheiten vor Ort“ und nur „als letztes Mittel“ zum Einsatz kommen.

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Ein Grund ist, dass hierdurch den Betroffenen Mehrkosten in Höhe von bis zu 30 Euro entstehen und die Visagebühren im Regelfall ohnehin schon hohe 60 Euro betragen, was für viele Menschen außerhalb der EU sehr viel Geld ist. Externe Dienstleister treffen keine inhaltlichen Entscheidungen, sie können aber zum Beispiel Visaanträge und Gebühren entgegennehmen, auf Vollständigkeit prüfen und an die Botschaften weiterleiten. Solche Angebote privater Dienstleister könnten in großen Flächenstaaten grundsätzlich sinnvoll sein, wenn hierdurch zusätzliche Antragstellen in bislang noch nicht von den deutschen Auslandsvertretungen abgedeckten Gebieten entstehen würden, so dass die dort lebenden Menschen nicht mehr zu aufwändigen und kostenintensiven Reisen in entfernte Städte gezwungen wären. Doch die Bundesregierung setzt auf den systematischen Einsatz privater Dienstleister, um Kosten zu sparen und die selbst verschuldete personelle Unterausstattung der Visastellen im Ausland auszugleichen. Dies belegt eine Weisung von Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle vom 25. Juni 2012, in der die „Auslagerung der Antragsannahme an private Dienstleister“ als eine von mehreren Maßnahmen gegen den „Arbeitsanstieg an den Auslandsvertretungen“ bezeichnet wird. In neun der 15 wichtigsten Herkunftsländer wird die Auslagerung von Teilen des Visumverfahrens vollzogen, so zum Beispiel in den drei wichtigsten Herkunftsstaaten Russland, China und der Türkei. Dadurch sollen auch die überlagen Wartezeiten für einen Termin zur Visabeantragung in vielen Regionen der Welt verringert werden, die nach Art. 9 Abs. 2 des Visakodex im Regelfall – auch in Hauptreisezeiten! – längstens zwei Wochen betragen darf.

Aufgrund parlamentarischer Anfragen der Fraktion DIE LINKE war im letzten Jahr bekannt geworden, dass diese EU-Vorgabe einer maximal zweiwöchigen Wartezeit durch Deutschland massiv verletzt wurde. In den wichtigen Auslandsvertretungen in Moskau, Nowosibirsk, Peking, Shanghai, Chengdu, Teheran und Kairo betrug die Wartezeit Ende Juli 2012 sogar über fünf Wochen – mehr als das Doppelte der zulässigen Zeit (vgl. Bundestagsdrucksache 17/12476). In einem internen Drahtbericht des Auswärtigen Amtes wurde dies als „nicht hinnehmbar“ bezeichnet. Gegenüber der Fraktion DIE LINKE sprach man lieber von einer „Momentaufnahme“ und einer „bedauerlicherweise vorübergehenden“ Überschreitung der Regelwartezeit, die „ausnahmsweise“ zulässig sei.

Nachdem ich die EU-Kommission über diese skandalösen Wartezeiten unterrichtet hatte, leitete diese Ende 2012 ein entsprechendes Prüfverfahren gegen Deutschland ein, dem ein formelles EU-Vertragsverletzungsverfahren folgen könnte. Die Bundesregierung erklärte daraufhin im Februar diesen Jahres, dass sie zur „Verminderung von Wartezeiten personalwirtschaftliche, rechtliche sowie organisatorische Maßnahmen“ einsetze – was auch immer das konkret bedeuten mag. Ob sie die EU-Kommission auch darüber informierte, dass sie die Wartezeiten mithilfe externer Dienstleister verringern will, ist nicht bekannt.

Die EU-Kommission hat in ihrem eingangs genannten Bericht zur Weiterentwicklung der EU-Visumpolitik sehr viele Vorschläge zur Verbesserung und Modernisierung des Visumverfahrens gemacht. Der Einsatz externer Dienstleister gehörte jedoch nicht dazu, was angesichts der Vorgabe im Visakodex als „letztes Mittel“ auch nicht verwundert. Stattdessen schlug die Kommission z.B. den verstärkten Einsatz vertrauenswürdiger Reisebüros („Reisebüroverfahren“), die vermehrte Erteilung von Mehrjahresvisa mit langer Gültigkeit (bis zu fünf Jahre), eine verkürzte Liste vorzulegender Unterlagen und schließlich auch eine „stärkere konsularische Präsenz“ in den jeweiligen Ländern vor. Als bewährte Praktiken nannte die EU-Kommission das Beispiel Italiens, das mit einem Ausbau der konsularischen Vertretungen im Jahr 2011 die Verfahren vereinfachen und verkürzen konnte: Die Zahl der durch italienische Auslandsvertretungen beispielsweise in China erteilten Visa stieg gegenüber dem Vorjahr um 100 Prozent! Auch die USA stockten die personellen Kapazitäten in China um 50 Prozent und in Brasilien um mehr als 100 Prozent auf. Wartezeiten konnten dadurch auf unter 10 Tage gesenkt werden.

Ganz anders die Bundesrepublik Deutschland. Zwar sollen nach Angaben der Bundesregierung personelle Verstärkungen in den Konsularbereichen der Botschaften erfolgen (29 entsandte Beamte und 20 Ortskräfte weltweit bis Sommer 2013) – womöglich auch zur Abwendung des drohenden Vertragsverletzungsverfahrens. Doch in den Jahren 2009 bis 2011 wurde weltweit trotz steigender Visazahlen noch am Personal gespart. In Russland hält diese Entwicklung sogar noch an. Hier stieg in den letzten drei Jahren die Zahl der Visaanträge um 18 Prozent. Das wäre mit einer entsprechenden Personalplanung, vereinfachten Verfahren oder verstärkt erteilten Mehrjahresvisa locker auszugleichen gewesen. Doch stattdessen sanken die eingesetzten Mitarbeiterkapazitäten im selben Zeitraum um 15 Prozent. Ergebnis: Während ein/e Mitarbeiter/in in einer Visastelle in Russland im Jahr 2009 für 2.681 Visaanträge im Jahr zuständig war, waren es 2012 bereits 3.700 zu prüfende Fälle, was eine Steigerung um 38 Prozent ausmacht. Gröblicher kann man die Vorgaben des EU-Rechts nach einer angemessenen Personalausstattung gar nicht missachten.

Vor allem Mehrjahresvisa wären ein wirksames und einfaches Mittel zur Entlastung der Auslandsvertretungen. Das sieht neben der EU-Kommission auch das Auswärtige Amt so und hat deswegen die Visastellen zu einer großzügigen Erteilung von Mehrjahresvisa im Rahmen des Rechts angehalten. Doch nach internen Einschätzungen des Auswärtigen Amtes werden insbesondere Visa mit einer Gültigkeit von mehr als einem Jahr „nur in geringem Umfang vergeben“. Angaben der Bundesregierung auf Anfrage der Fraktion DIE LINKE. bestätigen dies: Nur gut ein Drittel der etwa 326.000 im Jahr 2012 erteilten Mehrjahresvisa (das waren 18 Prozent der insgesamt knapp 2 Mio. erteilten Schengen-Visa) waren länger als ein Jahr gültig, und gerade einmal zwei Prozent der erteilten Mehrjahresvisa schöpften die Maximaldauer von fünf Jahren aus. Die Forderung von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), „alle Spielräume“ für eine liberale Visavergabe zu nutzen (Handelsblatt vom 10.1.2013), Wartezeiten zu verkürzen und „vermehrt Ein- und Mehrjahresvisa“ auszustellen, ist also völlig berechtigt. Unklar bleibt nur, warum er seine Forderung an Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und nicht an den zuständigen „Kollegen“ Guido Westerwelle (FDP) richtete.

Die Zeitersparnis für Reisende durch den Einsatz kostenpflichtiger privater Dienstleister ist übrigens durchaus fraglich. Denn auch nach einer Auskunft des Auswärtigen Amtes an den EU-Ausschuss des Bundestages ist die „Bearbeitungsdauer durch die Visastellen … nach der Auslagerung der Visaantragsannahme an externe Dienstleister nicht kürzer geworden“. Lediglich die Wartezeit bis zur Vorsprache sei kürzer; doch die soll nach dem Visakodex ja eigentlich ohnehin maximal zwei Wochen dauern. Weiter heißt es: „In Stoßzeiten kann sich nun jedoch die Bearbeitungszeit in den Visastellen verlängern, da diese Antragsspitzen nicht mehr wie früher durch die Terminvergabe steuerbar sind“. Welch ein Schildbürgerstreich! Statt auf einen Termin zur Vorsprache, müssen die Menschen in Hauptreisezeiten künftig also auf die Bearbeitung des Visums warten. Und dafür sollen sie auch noch zahlen. Nur wer in der Privatisierung staatlicher Aufgaben einen Selbstzweck sieht, kann hierin einen Fortschritt sehen. Für mich ist das eine hanebüchene Täuschung der Reisenden, der Öffentlichkeit und der EU-Kommission.

Kostenpflichtige private Dienstleister dürfen laut Visakodex nicht nur als letztes Mittel zum Einsatz kommen, sie dürfen auch nur ein zusätzliches Angebot sein. Nach Art. 17 Abs. 5 des Visakodex muss jeder Mitgliedstaat selbst beim Einsatz externer Dienstleister „die Möglichkeit für sämtliche Antragsteller aufrecht“ erhalten, „die Anträge unmittelbar bei seinen Konsulaten einzureichen“. Die kostenlose Beantragung eines Visums in der Auslandsvertretung ist also der Regelfall, der kostenpflichtige Umweg über externe Dienstleister soll hingegen die Ausnahme unter besonderen Umständen bleiben (natürlich kostet dann die Bearbeitung des Visums selbst, und zwar unabhängig vom Ausgang des Verfahrens). Aber in jedem Fall müssen die verbindlichen Fristen für Wartezeiten bis zur Vorsprache (zwei Wochen) bzw. für die Bearbeitung der Anträge (15 Tage) eingehalten werden. Doch auf keiner der von mir besuchten Informationsseiten der deutschen Auslandsvertretungen im Internet wird diese Sach- und Rechtslage korrekt dargestellt (siehe im Detail weiter unten). Entsprechende Informationen erfolgen nur unvollständig und zum Teil versteckt. Systematisch wird so auf eine Inanspruchnahme privater Dienstleister hingewirkt, auch wenn dieser Weg für die Betroffenen bei rechtzeitiger Beantragung in Städten mit Visastellen keinerlei reale Vorteile und nur Kosten mit sich bringt. Nicht nachvollziehbar und erklärungsbedürftig ist auch, warum bei einer Antragstellung über private Dienstleister die Betroffenen nicht mehr persönlich erscheinen müssen und sich durch Dritte vertreten lassen können – was selbstverständlich begrüßenswert ist –, während die persönliche Vorsprache bei Anträgen in den Visastellen aber weiterhin verlangt wird.

Was hindert die Bundesregierung eigentlich daran, eine gute Serviceleistung in ihren Visastellen anzubieten, kundenfreundlich zu agieren, das Visumverfahren zu vereinfachen und Handlungsspielräume entsprechend der Empfehlungen der EU-Kommission zu nutzen? Und warum wird nicht ausreichend geschultes Personal in den Visastellen eingesetzt, wozu die Bundesregierung nach EU-Recht verpflichtet ist? Während CDU/CSU-Innenpolitiker in Verkennung der Realität den Einsatz externer Dienstleister groteskerweise als eine Bedrohung der Inneren Sicherheit darzustellen versuchen, meint das FDP-geführte Außenministerium in ideologischer Verblendung offenbar, dass mit der Privatisierung staatlicher Aufgaben sich naturgemäß schon alles zum Besseren wenden werde. Was aber im Interesse der Menschen tatsächlich wichtig und wünschenswert wäre, das spielt mal wieder keine Rolle. Ich fordere die Bundesregierung auf, die Visapraxis endlich wirksam zu liberalisieren und die Überwindung der Grenzen zu erleichtern. Dass Vorgaben des EU-Rechts bei der Visavergabe einzuhalten sind, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit – die gegenwärtige Praxis entspricht dem jedoch nicht. Aber wie heißt es so schön in dem Bericht der EU-Kommission? „Die wirksamste Visaerleichterung ist natürlich die Befreiung von der Visumpflicht für Staatsangehörige eines Drittlandes“. Das stand für DIE LINKE. schon immer fest.

Fallbeispiele systematischer Desinformation
Abschließend möchte ich noch konkret schildern, wie durch eine zweifelhafte (Des-) Informationspolitik Visaantragstellende dazu gebracht werden sollen, externe Dienstleister in Anspruch zu nehmen.

Beispiel Türkei:
Auf der Internetseite des Generalkonsulats Istanbul wird der Eindruck erweckt, Visa könnten nur noch über den privaten Dienstleister beantragt werden: „Neues Antragsverfahren für Visa. Seit 3. September [2012] hat das Generalkonsulat ein neues Antragsverfahren für Schengenvisa eingeführt. Die Anträge werden jetzt bei der Firma IDATA eingereicht.“ Werbend heißt es weiter: „Eine Voranmeldung dort und auch die persönliche Vorsprache sind grundsätzlich nicht mehr nötig. Für Antragsteller ist damit der Prozess der Antragsannahme deutlich einfacher geworden.“ Ein Link auf derselben Seite führt zum privaten Dienstleister.

Nur wer den Link „allgemeine Hinweise zur Visabeantragung“ anklickt, hat die Chance zu erfahren, dass auch weiterhin kostenlose Termine zur Beantragung eines Schengen-Visums in der Visastelle selbst vergeben werden. Allerdings heißt es auch in dem verlinkten Merkblatt zunächst, dass ab dem 3.9.2012 Schengenvisa „grundsätzlich“ über den privaten Dienstleister beantragt werden müssen. Erst auf Seite 2 folgt der Hinweis auf die Antragsmöglichkeit in der Visastelle; jedoch versehen mit der Bemerkung, dass Termine hierfür nur nach telefonischer Voranmeldung und nur „nach Verfügbarkeit“ vergeben werden. Dass auch in diesen Fällen die maximal zweiwöchige Wartefrist des Visakodex einzuhalten ist, wird nicht erwähnt. Und offenbar ist in den Visastellen auch weiterhin eine persönliche Vorsprache erforderlich – im Gegensatz zum privaten Dienstleister. Warum eigentlich?

Die deutsche Botschaft in Ankara gibt ehrlicherweise übrigens folgenden Ratschlag: „Aufgrund der Auslagerung der Visaannahme empfehlen wir, Visaanträge frühzeitig zu stellen“. Erfolg der Privatisierung!?

Beispiel China:
Auch die deutsche Auslandsvertretung in Peking informiert auf seiner Internetseite an hervorgehobener Stelle und in Rot-Schrift über ein „neues Antragsverfahren für Schengen-Visa“. Das Verfahren über den externen Dienstleister gelte ab Mitte Oktober 2012, der Dienstleister wird verlinkt.

Nur wer unter der Überschrift „Terminvereinbarung“ nachsieht, findet den impliziten Hinweis darauf, dass ein Schengen-Visum auch in der Auslandsvertretung beantragt werden kann. Ein paar Klicks weiter heißt es zwar korrekt, dass die Inanspruchnahme des Dienstleisters freiwillig ist. Doch folgender Hinweis wirkt angesichts der online angebotenen Termine faktisch wie eine Rücknahme des bloß theoretischen Angebots einer Antragstellung in der Visastelle: „Sollten keine freien Termine erscheinen, sind die Kapazitäten erschöpft. Bitte haben Sie Verständnis, dass keine früheren Termine als der mitgeteilte (auch nicht per Mail, Telefax oder Telefon) vereinbart werden können“. Denn mit Abruf am 27. März 2013 vermeldete das online-System den 13. Mai 2013 als nächsten freien Termin – d.h. fast sieben Wochen später! Diese mehrfache Überschreitung der im Visakodex vorgegebenen 2-Wochen-Wartefrist ist eine Zumutung und Unverschämtheit!

Auf der Internetseite des deutschen Generalkonsulats Chengdu sah es bei der Terminvergabe nicht wesentlich besser aus. Und die Auslandsvertretung in Kanton wartet zusätzlich mit der nicht besonders einladenden Bemerkung auf: „Terminbuchungen für die Beantragung von Schengen-Visa direkt bei der Visastelle sind nur im begrenzten Rahmen möglich. Bitte beachten Sie, dass bei Buchung eines direkten Termins in der Visastelle des Generalkonsulats die persönliche Vorsprache bei Antragstellung grundsätzlich erforderlich ist“. Die Visastelle in Shanghai bietet ohnehin nur Termine mit vierwöchigem Vorlauf an, wovon Ende März 2013 jedoch kein einziger verfügbar war!

Am 12. März 2013 hatte die Bundesregierung auf Anfrage der Linksfraktion übrigens nur in Bezug auf Shanghai erklärt, dass die Wartezeit zur Visabeantragung in der Visastelle „über zwei Wochen“ betrage. Von Peking und Chengdu war da noch keine Rede. Entweder muss sich hier in nicht einmal zwei Wochen ein Antragsstau von sieben Wochen aufgebaut haben, oder aber die Auskunft der Bundesregierung war schlicht falsch.

Beispiel Russland:
Auch auf der Internetseite des Generalkonsulats Nowosibirsk wird über eine „wichtige Änderung im Visumverfahren“ informiert: „Ab 1. März 2013 wurde ein Antragsannahmezentrum eröffnet, das Anträge auf Schengenvisa … entgegennimmt“. Der private Dienstleister wird auf der Folgeseite mit dem Hinweis empfohlen: „Eine persönliche Vorsprache des Antragstellers ist nicht mehr erforderlich“. Abschreckend klingt hingegen, was kurz darauf folgt: „Bei Antragstellung direkt im Generalkonsulat ist die persönliche Vorsprache dagegen meistens erforderlich“.

Ähnlich wirkt auch der Verweis auf der Internetseite der Botschaft in Moskau: „Sie können Ihren Antrag auch direkt in der Visastelle der Botschaft einreichen, allerdings nur mit Termin und, dadurch bedingt, etwas längerer Vorlaufzeit.“ Beim privaten Dienstleister hingegen sei dies „ohne Termin“ möglich.