V-Mann Felten

Nichts dazu gelernt

Nachdem sich die Exekutive und die Politik bei der NSU – Mordserie bis auf die Knochen blamiert hat, versucht sich die Jurisdiktion daran, dies noch zu übertreffen.

Der Verhandlungsort München, im dem diese mörderischen Taten verhandeln werden, ist schon sehr unsensibel. „Die Stadt der Bewegung“ ist aufgrund ihrer Vergangenheit nur bedingt geeignet, dass in ihr eine rassistisch motivierte Mordserie verhandelt wird. Aber der Versuch, diesen Prozess als einen unter anderen herunter zu spielen, ist nicht nur im In – und Ausland peinlich, sondern zeigt allzu deutlich, dass Deutschlands Gerichtsbarkeit nicht dazu gelernt hat. Anstelle das Thema mit einer höchstmöglichen Sensibilität anzugehen, verschanzt sich die Münchener Juristerei hinter bürokratischen Regeln und Paragrafen bei der Ausführung des Prozesses.

Die Vergabe der Plätze im Saal an die Vertreter der Medien ist da nur die logische Konsequenz: Vertreter der türkischen Medien brauchen wir keine. Als es dann Kritik am Gericht hagelte, kam prompt die Antwort, die alles widerspiegelt im Denken der deutschen Behörden und großen Teilen der deutschen Bevölkerung. Die Türken hätten sich zu spät angemeldet, verlautbarte eine Sprecherin des Gerichts. So sind sie denn die Türken, nie pünktlich und mit einem laxen Umgang mit der Einhaltung von Terminen ausgestattet.

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Mal vorausgesetzt, Juristen sollen ja ein Studium absolviert haben, dass die Münchener Justiz natürlich begriffen hat, dass es sich bei dem Prozess um einen der wichtigsten Verhandlungen in der deutschen Nachkriegsgeschichte handelt, dann muss leider festgestellt werden, dass hier politisch gewollt eine große Sache klein gehalten werden soll. Es soll gezeigt werden, dass drei verwirrte Einzeltäter, Menschen ermordet haben. Da die Opfer, anders als einige Opfer der RAF, nicht prominent oder an prominenter Stelle in Staat und Wirtschaft standen, reicht es wohl voll kommen aus, diesen Prozess nicht zu exponieren, wie der Staat diesmal in Stammheim tat.

Eine sehr merkwürdige Einstellung der Behörden, nicht die Tat oder die Motive sind entscheidend, sondern die Herkunft und die Bedeutung der Opfer. Aber vor Gericht sind alle gleich: Opfer wie Täter. Hier führt ein Staat eine Verhandlung über Taten, in die Dienststellen desselben Staats direkt und indirekt involviert waren.

Der Staatsanwalt müsste sich eigentlich wegen Befangenheit selbst ablehnen.

Die Deutschen blicken nicht gern in ihre Geschichte zurück. Sie sollten mal nach Nürnberg schauen, da können sie lernen, wie rassistisch motivierte Taten damals verhandelt wurden.