Bremen

Verfassungsschutz loves Mohammed?

„I love my Prophet!“ Das ist der Titel einer Veranstaltung des Landesinstitut für Schule mit dem Ziel, pädagogische Fachkräfte über das muslimische Leben zu informieren. Denn Integration sei keine Einbahnstraße. Nur ein Haken hat die Fachtagung: Referieren tut der Verfassungsschutz und Muslime sind erst gar nicht eingeladen.

Mit großem Tamtam unterzeichnete Bremen noch im Januar 2013 einen Staatsvertrag mit Muslimen. Seit dem sind islamische Feiertage, die Besetzung öffentlich-rechtlicher Gremien, Bestattungsrituale oder der Bau von Moscheen vertraglich geregelt. Mit dem Staatsvertrag sollte signalisiert werden, dass der Islam zu Bremen gehört.

So passt es ins Bild, dass das Landesinstitut für Schule am heutigen Mittwoch einen Fachtag für pädagogische Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendarbeit und aus Schulen veranstaltet unter dem liebevollen Titel „I love my Prophet!“ Konkret geht es um muslimisches Leben von Kindern und Jugendlichen in Bremen und die Grundlagen des Islams.

___STEADY_PAYWALL___

Integration keine Einbahnstraße!?
Im Tagungsflyer heißt es – ebenfalls wohlwollend formuliert: „Integration ist keine Einbahnstraße! Erst eine positive Identifikation mit der Aufnahmekultur und Raum für eine positive Bindung zur Herkunftskultur ermöglichen Integration. Der Dialog zwischen den Kulturen setzt Kenntnis über muslimisches Leben voraus. Wir möchten dazu beitragen, diese Kenntnisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu vertiefen.“

Soweit, so Bremen, wäre da nicht Hazim Fouad, der sämtliche Vorträge des Tages hält. Dem Namen nach könnte Hazim Fouad ein Vertreter der islamischen Religionsgemeinschaften sein, mit denen Bremen den Staatsvertrag geschlossen hat. In Wirklichkeit ist Hazim Fouad aber ein Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz. Muslimische Vertreter? Fehlanzeige.

Ausgerechnet Verfassungsschutz
Kristina Vogt, Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Bremischen Bürgerschaft, kritisiert: „Ein Geheimdienst gehört weder ins Klassenzimmer noch in Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte. Nachdem gerade die geheimen Sicherheitsbehörden im NSU-Skandal die Demokratie mit Füßen getreten und mutmaßlich indirekt zum Tod von zehn Leuten beigetragen haben, suchen sie jetzt nach einer Daseinsberechtigung, die es nicht mehr gibt. Wir fordern die Bildungssenatorin auf, diese Form der Einflussnahme auf Lehrkräfte und SchülerInnen zu verhindern und die Veranstaltung abzusagen.“

Nach Ansicht von Rolf Gössner, parteiloser Vertreter der Linksfraktion, dürfen die Bemühungen des Bremer ‚Verfassungsschutzes’ um mehr Offenheit weder zu einer inakzeptablen Kompetenzüberschreitung führen noch zu einer ideologischen Beeinflussung zivilgesellschaftlicher Institutionen. Denn er sei und bleibe ein Geheimdienst mit klandestinen Strukturen und Methoden, der demokratisch nur schwer zu kontrollieren sei. Wenn nun die gleiche Behörde meinungsbildend in die pädagogische Weiterbildung einbezogen werde, schade man dem interkulturellen Dialog massiv und verspiele Vertrauen.

Verfassungsschutz hat keinen Bildungsauftrag
Nicht zuletzt habe der Geheimdienst keine gesetzliche Grundlage für Bildungsmaßnahmen jeglicher Art. „Ein Bildungsauftrag ist aus guten Gründen nirgends festgeschrieben. In der Geheimdienst-Perspektive des ‚Verfassungsschutzes‘ werden Islam und Muslime nach wie vor als Problemfall der ‚inneren Sicherheit‘ behandelt. Am Ende versorgt der Geheimdienst seine Kooperationspartner mit den gleichen Bedrohungsszenarien von ‚Extremismus‘ bis ‚Islamismus‘ und ‚Salafismus‘, mit der er sein Fortbestehen zu rechtfertigen sucht“, so Gössner, der jüngst mit dem Bremer Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon 2013 ausgezeichnet wurde und Stellvertretender Richter am Bremer Staatsgerichtshof ist.

Nun bleibe abzuwarten, wie Bildungssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) auf diese Kritik reagieren wird. In einer Kleinen Anfrage hat die Linksfraktion den Senat aufgefordert, über Art und Ausmaß der „Werbe-Tour eines Geheimdienstes durch zivilgesellschaftliche Institutionen in Bremen“ zu informieren. (bk)