Eklat im NSU-Ausschuss

Verfassungsschutz-Vize verweigert Antworten

Die Befragung von Klaus-Dieter Fritsche im NSU-Ausschuss musste abgebrochen werden, weil der frühere Verfassungsschutz-Vize sich geweigert hatte, Fragen von Abgeordneten zu beantworten.

Im NSU-Ausschuss des Bundestags kam es am Donnerstag zu einem Eklat. Der frühere Verfassungsschutz-Vizepräsident Klaus-Dieter Fritsche wies Kritik an der Arbeit der Sicherheitsbehörden mit scharfen Worten zurück und lehnte Zwischenfragen von Abgeordneten ab.

Daraufhin unterbrach der Ausschuss-Vorsitzende Sebastian Edathy (SPD) die Sitzung. „Es gibt Grenzen dessen, was man hier hinnehmen muss“, sagte er. Die Verhinderung einer neuen Mordserie sei wichtiger als der Schutz der Klarnamen von V-Leuten, betonte Edathy. Nach rund 20 Minuten Pause mit internen Beratungen im Ausschuss wurde die Sitzung mit Fritsche fortgesetzt.

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Hohn und Spott
Fritsche beklagte die Veröffentlichung geheimer Informationen in den Medien und kritisiert, dass die Untersuchungsarbeit „von einem Skandalisierungswettstreit überlagert“ werde. Er wehre sich ausdrücklich dagegen, dass „beißende Kritik, Hohn und Spott über einen ganzen Berufszweig von Polizisten und Verfassungsschützern niedergeht“.

Fritsche sagte, es könne geboten sein, dem Ausschuss vertrauliche Unterlagen gar nicht oder nur in geschwärzter Fassung vorzulegen. Dabei gehe es nicht um „mangelnde Kooperationsbereitschaft“ der Sicherheitsbehörden und der Regierungen, sondern darum, gesetzliche Bestimmungen einzuhalten. Auch der Vorwurf „aktiver Vertuschung“ gegen Sicherheitsbehörden sei „unhaltbar“. „Der Vorwurf, die Bundesregierung gebe nicht genug Informationen frei, sei ebenfalls „nicht nachvollziehbar“. Der Verfassungsschutz habe eine „Frühwarnfunktion für unsere Demokratie“ und V-Leute seien „unverzichtbar“. Deshalb müsse ihr Schutz dauerhaft gewährleistet sein.

Richtig und schnell reagiert?
Zuvor hatte der vom Bundesinnenministerium eingesetzte Sonderermittler Hans-Georg Engelke in seinem Bericht festgehalten, dass beim Verfassungsschutz insgesamt 284 Akten vernichtet wurden. Darunter waren nicht zuletzt solche zur Gewinnung von V-Leuten im Thüringer Heimatschutz, dem Vorläufer des NSU. Dafür machte Fritsche „individuelles Fehlverhalten eines Referatsleiters“ im Bundesamt für Verfassungsschutz verantwortlich.

Auf die Frage Edathys, warum denn das Bundesinnenministerium nicht gleich nach Bekanntwerden der NSU-Taten alle Sicherheitsbehörden angewiesen habe, keine Akten mehr zu vernichten, erwiderte Fritsche, man habe „richtig und schnell reagiert“. Die Weisung, keine Akten mehr zu vernichten, erfolgte ein dreiviertel Jahr nach dem Auffliegen der NSU. (bk)