Deutsche Post: Bitte keine Russen!

Wie der ehemalige Staatsbetrieb Ausländer diskriminiert

Für viele der fast eine Million in Deutschland lebenden Russen gibt es bei weder Online-Konten noch ein De-Mail-Postfach. Die Deutsche Post erkennt ihre Identität nicht an – einen sachlichen Grund gibt es nicht.

Irina G.* kam vor 15 Jahren mit ihrem Mann, einem deutschen Spätaussiedler aus Sibirien nach Deutschland. Sie fühlt sich wohl hier, die Kinder haben angefangen zu studieren, und damit die deutsch-russische Familie ihr Häuschen schneller abzubezahlen, hat sie nun auch Arbeit gesucht und gefunden. Nun braucht sie auch ein eigenes Konto und wird im Internet bei einer Direktbank fündig wie Millionen von Deutschen. Sie lädt die Formulare herunter und geht damit zur Post. Dort muss sie für die Konto-Eröffnung ihre Identität nachweisen, das schreibt das Geldwäschegesetz vor.

Bislang hatte Irina G. damit keine Schwierigkeiten, aber nun sagt ihr der Mann am Schalter, er könne ihre Bankunterlagen nicht bearbeiten, weil er ihren russischen Pass nicht lesen kann, der sei ja „auf Russisch“. Der Postmann lässt sich auch auf keine Diskussion ein, er habe da seine Vorschriften, Irina G. kommt unverrichteter Dinge nach Hause, ein Konto kann sie mit ihrem russischen Pass nicht eröffnen.

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Dass der Mann am Schalter nicht die Russische Sprache, sondern die kyrillische Schrift meinte und dass nicht jeder Provinzangestellte des Weltkonzerns DHL diese in Europa neben der Lateinischen am weitesten verbreitete Schrift lesen kann, wollen wir mal nachsehen. Aber der Pass von Irina ist taufrisch und die Russen stellen seit vielen Jahren nur Pässe aus, die den von der Internationalen Organisation für Zivilluftfahrt (ICAO) entwickelt und von der internationalen Standardisierungsorganisation ISO beschlossen sind. Folglich sind alle wichtigen Angaben im Pass sowohl in kyrillischer als auch lateinischer Schrift ausgeführt und die Einträge sind auf Russisch und auf Englisch beschriftet.

Da viele der fast eine Million in Deutschland lebenden Russen – meist Familienangehörige von Spätaussiedlern – inzwischen solche Probleme mit der Post haben, die sie bisher nicht kannten, liegen der für die Aufsicht über den früheren Staatsmonopolisten zuständigen Bundesnetzagentur mehrere Beschwerden vor, die sie derzeit prüft. In einer Stellungnahme, die MiGAZIN vorliegt, heißt es von Seiten der Post wörtlich: „In dem russischen Ausweis sind zwar alle für das Postident-Verfahren benötigten Angaben enthalten, allerdings ist die Ausstellungsbehörde nur in kyrillischer Schrift vermerkt. Die Ausstellungsbehörde ist für die Mitarbeiter in den Filialen somit nicht lesbar. Aus diesen Gründen können wir den Ausweis im Rahmen des Postident-Verfahrens nicht akzeptieren. Hierfür bitten wir um Verständnis.

Obwohl man die ausstellende Behörde gar nicht wissen muss, will die Post die Pässe nicht anerkennen. Einen sachlichen Grund dafür nennt sie nicht, man muss ihr also Fremdenfeindlichkeit unterstellen. Da die Post bei derartigen Verfahren nach wie vor faktisch ein Monopol hat, gibt es künftig für in Deutschland lebende Russen weder Online-Konten noch ein De-Mail-Postfach. Das gilt für Irina G. wie für den Gastprofessor oder den angeworbenen Informatiker, für den die schwarz-gelbe Koalition wegen des Fachkräftemangels gerade die Aufenthaltsbedingungen erleichtern will. Macht das Beispiel Schule, dann heißt es womöglich auch für Bulgaren, Serben und Griechen bald, dass sie auf dem Papier nicht existieren, jedenfalls nicht für die Deutsche Post.

*die Person ist erfunden, ihre Geschichte beruht aber auf einem realen Fall.