Israel - Palästina

„Die Wahrheit über die Westbank“

„Die Wahrheit über die Westbank.“ Das ist der Titel eines kürzlich vom israelischen Außenministerium veröffentlichten Videos. Man möchte darin ein möglichst breites YouTube-Publikum auf die falsche Geschichtsschreibung der Palästinenser aufmerksam machen und die Gebietsansprüche Israels verteidigen.

Mit dezenter Gestik erklärt Vize-Minister Danny Ayalon hierin dem Publikum die Sicht des Außenministeriums auf den legalen Status der Westbank, die international als ein von Israel besetztes Gebiet bezeichnet wird. Die Haltung des Außenministeriums wird dem Zuschauer anhand historischer Ereignisse, die die Entstehung und Entwicklung des 1948 als unabhängig erklärten israelischen Staates beeinflussten dargelegt. Seine Hauptbotschaft: Die palästinensischen Gebiete der Westbank sind nicht von Israel besetzt.

Ayalon ist Mitglied in der Knesset, dem israelischen Parlament und vertritt hier zusammen mit 14 weiteren Abgeordneten die Partei Yisrael Beiteinu. Charakteristisch für deren Parteiprogramm ist ein ausgeprägter israelischer Nationalismus, ein anti-arabischer Diskurs und die Unterstützung des international verurteilten israelischen Siedlungsbaus in den palästinensischen Gebieten bei gleichzeitiger Bereitschaft zur Anerkennung eines palästinensischen Staates. Dies jedoch unter der Bedingung, dass israelische Gebiete mit hohem israelisch-arabischen Bevölkerungsanteil in ihn integriert werden, und andererseits die jüdisch besiedelten Teile der Westbank an Israel fallen.

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„Einen Palästinenserstaat hat es nie gegeben”
Im Video wird dafür geworben, den Status der Palästinensergebiete –entgegen ihrer internationalen Denomination als „besetzte palästinensische Gebiete”- durch den Begriff „umstrittene Gebiete” ersetzen. Die Begründung hierfür macht Ayalon dem Zuschauer schnell plausibel. Schließlich hat er ja auch nur sechs Minuten dafür Zeit: Als Israel sein Staatsterritorium im Sechstagekrieg 1967 ausdehnte, geschah dies aus Motiven der Selbstverteidigung gegen die angreifenden arabischen Armeen, so Ayalon. Diese hatten schon zwanzig Jahre zuvor, unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung des jüdischen Staates erstmals einen Angriff großen Ausmaßes auf denselben gestartet. Als Ergebnis dieses Krieges konnte sich das seit Kurzem unabhängige Jordanien hinter der Waffenstillstandslinie als Besatzungsmacht in der Westbank installieren, Ägypten wurde die Verwaltung des Gazastreifens zuteil. Zu diesem Zeitpunkt hatte man den Arabern mit der UN-Resolution 181 schon eine Zweistaatenlösung vorgeschlagen, die sie jedoch nicht bereit waren anzunehmen. Sie sah die Gründung zweier separater Staaten auf dem damals britischen Mandatsgebiet vor: Einen jüdischen von der Mittelmeerküste bis zum Roten Meer und einen arabischen mit den Gebieten Westbank und Gaza und darüber hinaus. Jerusalem sollte internationaler Verwaltung unterstellt werden. Auch nach dem Waffenstillstand 1949 beharrten sie darauf, dass sie die neue Grenze entlang der Waffenstillstandslinie als politisch nicht gültig zu erachten.

Als sich Israel 1967 einem erneuten Angriff seiner arabischen Nachbarn zur Wehr setzen musste, und im Zuge dessen die Westbank eroberte, habe es folglich keinen palästinensischen Staat, sondern ein „illegal“ besetztes Gebiet erobert. Nun fährt er fort, die UN habe sich zwar in Folge für einen Abzug der israelischen Truppen aus dem Gebiet ausgesprochen, jedoch unter der Bedingung, dass die arabischen Staaten die israelischen Grenzen anerkennen und die Sicherheit der israelischen Grenze gewährleistet sei. Da die Waffenstillstandslinie nie eine international anerkannte Grenzlinie war, könne man nun nicht an dem Begriff der Besetzung festhalten.

Durch die Aufzählung internationaler Beschlüsse drängt sich dem Zuschauer die Schlussfolgerung auf, dass die Palästinenser nun selbst schuld seien, dass sie nicht im Besitz eines eigenen Staates sind.

Natürliche Angstreaktion oder Affront gegen den Frieden?
Das Video mit dem aufklärerischen Anspruch erscheint nicht zufällig ausgerechnet jetzt. Angesichts der palästinensischen Absicht, im kommenden September die UN um eine Anerkennung eines palästinensischen Nationalstaates auf dem Gebiet der Westbank und des Gazastreifens anzusuchen, fühlen sich viele Israelis bedroht. Auf der Homepage des Außenministeriums heißt es dazu “Eine unilaterale Unabhängigkeitserklärung beeinträchtigt wahren Frieden”.

Das palästinensische Unabhängigkeitsprojekt wohl vor allem deswegen als Gefahr wahrgenommen, weil die beiden rivalisierenden palästinensischen Parteien Fatah und Hamas im Frühjahr ein Einheitsdokument unterzeichnet haben. Nach jahrelangen gewaltsamen Auseinandersetzungen, die die gesamte palästinensische Gesellschaft tief gespaltet haben, haben sich Vertreter beider Seiten nun zum Ziel gesetzt, eine Übergangsregierung der Nationalen Einheit zu bilden, um im Folgejahr einen souveränen palästinensischen Staat zu errichten.

Vormals stellte die Fatah stets die dominierende Kraft innerhalb der PLO, der Palästinensischen Befreiungsorganisation und hatte sich über die letzten zwei Jahrzehnte unter Yassir Arafat von einem gewaltsamen Bekämpfer des jüdischen Staates zu einem aktiven Partner in Friedensverhandlungen mit der israelischen Regierung entwickelt, um die 1947 vorgeschlagene Zweistaatenlösung zu realisieren. In den Neunziger Jahren schien dieses Ziel in Reichweite zu sein, als sich Israel und die PLO im Beisein internationaler Zeugen gegenseitig anerkannten und einen Fahrplan in Richtung gradueller palästinensischer Selbstverwaltung ausarbeiteten, der unter der Bezeichnung „Oslo-Verträge“ bekannt wurde. Einige wichtige Streitpunkte wurden darin allerdings ausgeklammert, und somit der über Jahre initiierte Friedensprozess zum Scheitern verurteilt. Die Fatah verlor in den Folgejahren zunehmend ihren starken Rückhalt in der Bevölkerung.

Die Hamas jedoch, gegründet in den späten 80er Jahren als Ableger der ägyptischen Muslimbruderschaft erhielt mit der Zeit steigenden Zulauf. Bedeutende Teile der palästinensischen Gesellschaft versprachen sich von der radikalen Grundhaltung der Hamas gegenüber Israel und ihren militärischen Attacken mehr als von endlos fortgeführten Friedensgesprächen, die kein Ergebnis zu erzielen vermochten. Hamas wird von Israel und der westlichen Staatengemeinschaft als Terrororganisation klassifiziert, weil sie mit militärischen Mitteln und aggressiver Rhetorik gegen einen jüdischen Staat als Nachbarn ankämpft und sein Existenzrecht immer wieder infrage stellt.

Ob man vor diesem Hintergrund das YouTube-Video des Außenministeriums eher als Angstreaktion oder als absichtliche Torpedierung einer palästinensischen Staatsgründung erachten sollte, lässt sich diskutieren.

Auf palästinensischer Seite sind die Reaktionen auf das Video eindeutig: Saeb Erekat, Hauptverhandler der PLO in Sachen Friedensschluss mit Israel kommunizierte der palästinensischen Nachrichtenagentur Ma’an, dass er das Video als eindeutigen Affront gegen jegliche Friedensbemühungen bewertet. Das Video verfälsche historische Fakten und verdrehe internationale Rechtsbeschlüsse, so Erekat.

„Die Juden haben bereits schmerzliche Kompromisse akzeptiert”
Ein israelischer Wille zum Frieden mit den Palästinensern kommt in dem Video in der Tat nicht zum Ausdruck. Es erscheint eher als Rechtfertigung einer Anti-Friedens-Haltung, die sich an der Auseinandernahme historischer Details orientiert und im Endeffekt auf die Aussage hinausläuft, dass Israel, wenn es denn einer palästinensische Unabhängigkeit zustimme, eine enorme Toleranzleistung erbringen würde. Ayalon zufolge umfasst die jüdische Heimat Gebiete weit östlich des Jordan. Dem Zuschauer wird dies mithilfe einer Landkarte veranschaulicht, die das gesamte gegenwärtige Staatsgebiet als eigentlich den Juden zustehend abbildet. Ayalon scheint es nicht als überzogen zu empfinden, wenn er mit ernster Miene auf die Karte deutend erklärt, dass Israel innerhalb seiner gegenwärtigen Grenzen (mit Gaza und Westbank) lediglich 26 % seiner territorialen Ansprüche geltend mache, und auf 74 % bereits verzichtet habe. Niemand könne also sagen, dass die Juden damit nicht von Anfang an schmerzliche Kompromisse akzeptiert hätten. Durch Vertretung diese Ansicht weist sich das Außenministerium als Befürworter des sogenannten „revisionistischen Zionismus” aus. Mitglieder dieser zionistischen Strömung erkannten bis in die 70er Jahre hinein einen jordanischen Staat nicht an weil sie dessen Staatsgebiet als jüdische Heimat betrachteten.

Territoriale Ansprüche zwischen Fakten, Fiktion und Opportunismus
Ob die Schilderungen zur Historie der Gebietsansprüche des Ministeriums nun der Wahrheit entsprechen oder nicht: Fatah-Sprecher Erekan hat daraufhin keine präzise historische Darstellung von palästinensischer Seite geliefert. Sein Widerspruch beschränkt sich auf Anschuldigungen der Verfälschung historischer Fakten, ohne jedoch Gegenargumente zu liefern. Dies stelle die Reaktion eines verzogenen Kindes dar, das nicht mit Kritik umgehen könne, und nicht fähig sei, einen einzigen Fakt des Videos zu widerlegen, wird der Vize-Minister auf der Homepage seines Ministeriums zitiert. Jedoch ist Ayalons Argumentationsmethode auch bei fehlender Gegendarstellung von palästinensischer Seite bei näherer Betrachtung nur leidlich überzeugend.

Zunächst bezieht er nämlich die Legitimität der israelischen „Besatzung” aus der Aussage, dass das von Israel eroberte Gebiet zur Zeit der Landname keinen palästinensischen Nationalstaat darstelle. Das Modell des Nationalstaates jedoch, das für moderne Gesellschaften westlicher Prägung eine absolute Selbstverständlichkeit darstellt, tat und tut dies in arabischen Kulturkreisen deswegen noch lange nicht. Herr Ayalon sollte sich also mit dem Treffen solch einer Aussage die Frage stellen, ob es gerechtfertigt ist, Gesellschaften mit anderen gesellschaftlichen Organisationsprinzipien mit dem Hinweis auf ihre fehlende Nationalstaatlichkeit zu unterwerfen. Zu den Prinzipien eines als demokratisch deklarierten Nationalstaates westlicher Prägung sollte diese Einstellung sicherlich nicht zählen.

Mit einer zu Anfang des Videos gestellten Quizfrage scheint er außerdem zeigen zu wollen, dass man den Palästinensern kein Land wegnehmen kann, was ihnen nicht gehört. Ayalon wendet sich an das YouTube-Publikum: „Von wem eroberte Israel 1967 die Westbank? Von den Palästinensern?”, fragt er. Gleich darauf liefert er selbst die Antwort: „Nein. Im Jahre 1967 gab es keine arabische Nation oder Staat mit dem Namen Palästina.“ Dann fragt der Moderator mit hochgezogenen Augenbrauen in die Kamera: „Gab es den eigentlich jemals?” Die Antwort bleibt diesmal dem Zuschauer selbst überlassen.

Das Land wurde ihm zufolge den Palästinensern also nicht weggenommen, weil es den „Palästinenser“ per se gar nicht gab, da die dort ansässigen Menschen keinen palästinensischen Staat ihr Eigen nannten. Wenn die Bezeichnung „Palästinenser” nun aber nur auf eine Person anwendbar ist, die in einem palästinensischen Staat lebt, was sind dann die jetzigen Palästinenser? Israelis? Und was ist mit den Kurden und zahlreichen anderen Minderheiten? Sind die Kurden keine Kurden, weil sie nicht im Besitz eines souveränen Staates sind? Darf man einer Person, die einer nicht staatstragenden Minderheit innerhalb eines Nationalstaates lebt alles wegnehmen weil sie nichts besitzt? Wer dem Vize-Minister an dieser Stelle nicht mehr folgen kann, ist nicht alleine.

Wenn die israelische Besatzung ihre Legalität aus dem Faktum eines Nicht-Vorhandenseins eines palästinensischen Nationalstaates zieht, muss das im Gegenzug auch für Jordanien gelten. Die jordanische Besatzung jedoch wird von dem eloquenten Vize-Minister als illegal deklariert. An dieser Stelle entkräftigt er seine eigenen Argumente, die er als Rechtfertigung für die israelischen territorialen Ansprüche einsetzt. Er misst mit zweierlei Maß, verrät er dem Zuschauer jedoch nicht warum.

Wenn das Außenministerium sich in seiner Darstellung auf historische „Fakten” und Legalität von internationalen Beschlüssen in der Vergangenheit beruft, ist das nicht falsch. Verwunderlich ist nur, dass sich die Berufung auf internationale Entscheidungen und UN-Resolutionen als roter Faden durch das Video zieht, während die israelische Regierung gleichzeitig internationale Forderungen und Beschlüsse gegenwärtig soweit sie es vermag ignoriert. Als Beispiel seien Aufrufe der Vereinten Nationen zur Beendigung von Menschenrechtsverletzungen durch den israelischen Sicherheitsapparat oder das Stoppen des durch international Gerichtshöfe als illegal definierten israelischen Siedlungsbau im Gebiet der Westbank aufgeführt. Man erhält den Eindruck, dass die Beschlüsse der internationalen Staatengemeinschaft für opportunistisches Taktieren missbraucht werden.

Mit journalistischer Schludrigkeit unter demselben Vorzeichen wird sodann dem Zuschauer die Vorgeschichte zur israelischen Staatsgründung vorenthalten. Nur vage geht das Video auf den Zeitraum vor 1947 ein, zum Beispiel als es die wichtige Rolle des britischen Außenministers Lord Balfour für die Etablierung einer jüdischen Heimstätte im Nahen Osten hervorhebt.

Die Balfour-Erklärung von 1917 nimmt tatsächlich eine Schlüsselrolle bei der israelischen Staatsgründung ein. Sie legte den Grundstein für seine offizielle Anerkennung und fußt auf der Spekulation Großbritanniens und Frankreichs auf eine Niederlage des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg. In diesem Falle, stimmten sie heimlich überein, würden sie als Siegermächte die osmanischen Gebiete unter sich aufteilen. Gleichzeitig aber hatte Großbritannien noch während des Krieges der arabischen Bevölkerung ihre Unterstützung im Kampf gegen die Osmanen und zur Erlangung arabischer Unabhängigkeit zugesagt. Als das Osmanische Reich schließlich als Verlierer aus dem Ersten Weltkrieg hervorging, erhielten die Araber anstatt ihrer ersehnten Autonomie lediglich einen neuen Souverän, diesmal aus Europa, der seine Versprechen zu vergessen haben schien.

Vor diesem Hintergrund wird die Rolle des Lord Balfour in ein weniger positives Licht gerückt: Ein externer Akteur (Großbritannien) stellt einer Bevölkerung (Araber) ihre Befreiung und Unabhängigkeit in Aussicht, wenn sie an seiner Seite gegen eine gemeinsame feindliche Macht (Osmanen) kämpft. Der Gegner wird besiegt, der externe Akteur hält sich nicht an sein Versprechen und verhilft einer Drittpartei (Zionisten) zur Staatsgründung auf betreffendem Gebiet. Mit dieser Außenpolitik hat sich Lord Balfour nicht mit Ruhm bekleckert. Indem Ayalon nun die Wichtigkeit der Balfour Deklaration herausstellt, erleichtert er sich die ihm zugeteilte Aufgabe der außenpolitischen Beziehungspflege nicht. Lord Balfour macht die Rechtfertigung einer israelischen Staatsgründung im Palästina der Mandatszeit nicht moralisch besser, sondern eher bedenklicher.

Dennoch, alles in allem schafft es der Vize-Minister, wenn es zur Rechtfertigung der israelischen Besatzungspolitik kommt, die argumentativen Schwachstellen und das Anlegen unterschiedlicher Maßstäbe vor dem Zuschauer zu verstecken.

Schlechter Einfluss auf den Friedensprozess
Ungeachtet ob und inwiefern die Darstellungen des Außenministeriums korrekt sind, tragen sie nicht dazu bei, ein friedliches Zusammenleben von Palästinensern und Israelis zu realisieren. Anstatt angesichts der potenziellen palästinensischen Unabhängigkeit an einer praktischen Konfliktlösung zu arbeiten, wird über die Vergangenheit und ihre korrekte Erfassung gestritten. Dabei scheint es dem Ministerium ein besonderes Anliegen zu sein, das israelische Image in der Außenwelt zu polieren. Die Angst der Israelis vor einer nationalen Einheitsregierung der Palästinenser unter Beteiligung der Hamas scheint nachvollziehbar. Dass man sich in einer als prekär empfundenen Situationen nach Hilfe umsieht, ist ebenso verständlich.

Dies sollte allerdings nicht durch eine Rhetorik erfolgen, die durch einseitige und unvollständige historische Schilderung in propagandistisches Milieu abdriftet. Ob das Außenministerium mit einer vereinfachten Darstellung der israelisch-arabischen Konfliktgeschichte in einem sechsminütigen YouTube-Video und dessen globaler Verbreitung tatsächlich der Verteidigung israelischer Interessen dient, sei einmal dahingestellt. Der Homepage des Außenministeriums ist zu entnehmen, dass ihr Kurzfilm zukünftig in mehrere Sprachen übersetzt und weltweit in die Lehrpläne von Schulen und Bildungszentren aufgenommen werden soll.

Es sei dem israelischen Außenministerium nahe gelegt, es vor seiner globalen Verbreitung noch einmal gründlich zu überarbeiten, bevor es Geschichtslehrer in aller Welt erreicht. Dem durchschnittlichen YouTube-Konsumenten mag die schlechte journalistische Leistung der Filmcrew nicht sofort ins Auge springen, einer kritisch-akademischen Leseart wird das Video jedoch mitnichten standhalten können. Es ist bedauerlich, beobachten zu müssen, wie dem Land Israel in seiner prekären geografischen Lage Schaden aus den eigenen Reihen zugefügt wird. Als ein sich als demokratisch auffassender Rechtsstaat hat Israel die Pflicht, für die Freiheit und Sicherheit seiner Bürger zu sorgen. Das kann es am besten, indem es Bereitschaft für einen Frieden mit seinen palästinensischen Nachbarn zeigt, und nicht versucht, sie als Saboteure der Geschichte und trotzige Kinder in ausländischen Schulen darzustellen.

Welcher politische, diplomatische oder militärische Schritt wann und von wem letztendlich den Fakten der Realität entspricht, und welche Auswirkung er auf den legalen Status der heutigen Westbank hat, scheint dabei doch nebensächlich. Geschichte wird üblicherweise retrospektiv geschrieben und beruht zu großen Teilen auf subjektiven Interpretationen, die von Bezugsgruppe zu Bezugsgruppe, ja sogar von Individuum zu Individuum voneinander abweichen. Warum will man also von der palästinensischen Geschichtsschreibung eine Kompatibilität zur israelischen erwarten, wenn diese selbst zwischen Staaten wie Deutschland und Frankreich, die schon lange friedliche Beziehungen zueinander pflegen, nicht gegeben ist? Israel sollte grobe Schwerpunkte für sein zukünftiges Verhalten setzen, und Antworten suchen auf Fragen wie diese: Vergangenheit oder Zukunft? Theorie oder Praxis? Wahrheit oder Pflicht?