Törens liberale Kolumne

Deutschland ist kein Magnet

Nennen wir das Kind doch mal beim Namen. Deutschland ist kein Magnet für qualifizierte ausländische Arbeitnehmer und ihre Familien. Wir haben ein Imageproblem. Selbst für viele Deutsche mit Migrationshintergrund überwiegen vielfach die Gründe, das Land zu verlassen und ihr Glück im Ausland zu suchen.

Dabei gibt es derzeit einen real existierenden Fachkräftemangel in vielen Branchen, etwa im Bereich der Informationstechnologie, Medizin oder auch der Pflege. Dieser Mangel wird sich auf Grund des demographischen Wandels noch weiter verschärfen. Das sind keine wagen Prophezeiungen, sondern klare Zahlen. Nach aktuellen Studien werde bis zum Jahr 2025 bis zu 6,5 Millionen Arbeitskräfte, darunter rund 2,4 Millionen Akademiker fehlen.

Selbstverständlich lässt sich das Problem nicht durch Zuwanderung allein lösen. Wir müssen mehr junge Menschen besser qualifizieren, wir müssen es schaffen, Frauen und Mütter besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren und dort zu halten und wir müssen auch älteren Menschen die Möglichkeit geben, länger im Erwerbsleben zu verbleiben. Kurzum: wir müssen uns auch auf das inländische Potenzial konzentrieren.

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Dennoch bleibt die Zuwanderung eine wichtige Säule, wenn es darum geht, Deutschlands wirtschaftlichen und auch kulturellen Wohlstand zu sichern. Das Konzept zur Fachkräftesicherung der Bundesregierung geht mir da nicht weit genug. Als konkrete Maßnahme sieht es lediglich vor, die Vorrangprüfung für drei Branchen auszusetzen. Das ist löblich, ist aber leider nur Flickwerk.

Für uns Liberale ist klar: die Einkommensgrenze für Hochqualifizierte gehört abgesenkt. Über die bisher geltende Schwelle von 66.000 Euro sind beispielsweise 2009 nur 169 Fachkräfte nach Deutschland gekommen. Das ist alles andere, als ein massenhafter Zustrom.

Das deutsche Zuwanderungsgesetz enthält aber noch viel mehr bürokratische Hemmnisse, die auch anderen Fachkräften und ihren Familien den Weg nach Deutschland erschweren oder gar unmöglich machen. Deshalb wollen wir ein System, das endlich Zuwanderung nach dem aktuellen Bedarf auf dem Arbeitsmarkt und den Qualifikationen der Bewerber steuert. Und zwar nach klaren und nachvollziehbaren Kriterien für alle Betroffenen. Die Bundesregierung darf die Chancen für eine modernes und schlüssiges Gesamtkonzept zur Zuwanderungs-steuerung jetzt nicht verpassen. Das Fachkräftekonzept gehört schnellstmöglich überarbeitet.

Doch selbst wenn dieser Schritt geschafft sein wird, bleibt eine wesentliche Herausforderung. Und zwar das Werben für Deutschland als ein offenes und modernes Land. Es ist eine Illusion zu glauben, dass alle gut ausgebildeten Fachkräfte nur darauf warten, in Deutschland leben und arbeiten zu können. Der Begriff „Willkommenskultur“ darf kein leeres Schlagwort der Integrations- und Migrationsrhetorik bleiben, sondern muss von allen Kräften der Gesellschaft mit Leben gefüllt werden. Erst dann werden wir im Wettbewerb um Fachkräfte wirklich erfolgreich sein.