TV-Tipps des Tages

20.06.2011 – Islam, Migrationspolitik, Kriminalität, Kultur, Paris,Ausländer

Die TV-Tipps des Tages sind: Bauen und Leben mit Lehm; VOR ORT- Berlin: „Afrika ante portas? Diskussion zu den Herausforderungen und Perspektiven von Entwicklungs- und Migrationspolitik“; Bilderbuch; Kultur oder Kommerz? Der Kampf um die Stadt

Bauen und Leben mit Lehm
Dokumentation – Jahrtausenden bauen die Menschen Häuser aus Lehm, und noch heute sind es 30 Prozent der Weltbevölkerung, die sich dieses natürlichen Baumaterials bedienen und damit eine bedeutende Bautechnik wahren, aber auch wiederbeleben.

Der über 4.000 Kilometer lange Niger entspringt in den Bergen Guineas und fließt in einem großen Bogen durch Mali und den südlichen Teil der Sahara, Benin, Niger und Nigeria, bevor er in den Golf von Guinea mündet. Entlang dieses Flusses entstanden viele Königreiche und Städte, die eine bis heute einzigartige Lehmarchitektur hervorbrachten.

___STEADY_PAYWALL___

So auch Timbuktu in Mali. Die frühere Handelsstadt liegt am südlichen Rand der Sahara. Während ihrer Glanzzeit erbaute der berühmte andalusische Architekt Abu Ishap Es-Saheli Altouwaidjin dort die Djingareyber-Moschee – sein einziges Baumaterial: Lehm! Dieser außergewöhnliche Moscheestil aus dem 14. Jahrhundert verbreitete sich von dort aus später in ganz Westafrika, wo diese Lehmarchitektur die islamische Baukunst und Kultur verkörpert.

Oder das befestigte Dorf Aït-Ben-Haddou in Marokko, das aus ineinander verschachtelten Kasbahs besteht und eine große Wohnburg bildet. Die erdfarbene Siedlung leuchtet im Sonnenlicht in den herrlichsten Farbschattierungen. Es heißt, Aït-Ben-Haddou sei von einem Mann namens Aïssa errichtet worden, für dessen Nachfahren sich die Dorfbewohner halten. Sie leben noch immer dort mit ihren Familien und bewahren das Erbe ihrer Vorfahren. Aït-Ben-Haddou wurde als Wiege der Lehmarchitektur in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. (09:15-10:05 • arte)

VOR ORT
Moderation: Hans-Ulrich Stelter – Berlin: „Afrika ante portas? Diskussion zu den Herausforderungen und Perspektiven von Entwicklungs- und Migrationspolitik“. (12:00-13:00 • PHOENIX)

Bilderbuch
Am nördlichsten Zipfel von Nordrhein-Westfalen, kurz vor der niedersächsischen Grenze, liegt einer der wohl ungewöhnlichsten Orte der Republik: Espelkamp an der Mühlenstraße.

Unter den Bewohnern liebevoll „Espelsibirsk“ genannt, denn die Auswanderer aus der einstigen Sowjetunion sind in der 25.000 Seelenstadt in der Mehrheit. Und sie haben ihre Bräuche und Gepflogenheiten, ihre oft strenge Religiosität in die einstige Munitionsanstalt mitgebracht, die erst in den 1950er-Jahren zur richtigen Stadt wurde. Russische Heimat auf ostwestfälischem Grund. Für nicht wenige der Russland-Deutschen hat sich der Aufbruch in die Fremde gelohnt.

Es gibt florierende Unternehmen am Ort. Stattliche Autos zeugen von Wohlstand. Für viele aber ist die Hoffnung auf ein besseres Leben im Westen schon bald dramatisch zerbrochen. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Kriminalitätsrate auch. So erzählt dieses „Bilderbuch“ nicht zuletzt von erfüllten und zerplatzten Träumen. (14:15-15:00 • NDR Hamburg, NDR Mecklenburg-Vorpommern, NDR Niedersachsen, NDR Schleswig-Holstein)

Kultur oder Kommerz? Der Kampf um die Stadt
Dokumentation – Ob in Berlin, Paris oder London – überall in Europa werden ganze Stadtviertel von Investoren umgepflügt. „Gentrification“ nennen Soziologen diese Aufwertung.

Viele Menschen fühlen sich davon bedroht, denn steigende, oft unbezahlbare Mieten sind die Folge, und ein Stück originärer, lebendiger Stadtteilkultur geht verloren. Die Dokumentation „Kunst oder Kommerz? Der Kampf um die Stadt“ zeigt, wie sich Künstler gegen diese Prozesse wehren. Denn sie sind die Pioniere, die Viertel mit günstigen Mieten entdecken und ihnen ein besonderes Flair geben – bis die ersten Investoren kommen.

Im Londoner Viertel „Hackney Wick“ waren die Mieten früher bezahlbar, deshalb verschlug es über die Jahre Tausende von Künstlern hierher – bis London den Zuschlag für die Olympischen Spiele 2012 erhielt. Jetzt fallen die Investoren ein und bauen riesige Anlagen für Olympia. Aus Protest hat Simon mit Hunderten von anderen Künstlern ein Festival organisiert. Trotzdem bleibt ihm nur die Hoffnung, dass er nicht zu denen gehört, die vertrieben werden.

In Hamburg war der Protest gegen geldgesteuerte Planungskultur erfolgreich. Im Sommer 2009 gründeten Künstler unter der Schirmherrschaft des Malers Daniel Richter die Bewegung „Recht auf Stadt“ und besetzten das historische „Gängeviertel“, um gegen den Verkauf an einen holländischen Investor zu protestieren. Der Hamburger Senat musste sich dem übermächtigen Druck beugen und das Gängeviertel vom Investor zurückkaufen.

In Paris, im ehemals jüdischen Viertel „Le Marais“ hat „Jeudi Noir“, eine Gruppe aus Künstlern und Studenten, ein leerstehendes Schloss besetzt. Mit spektakulären Aktionen kämpfen sie gegen Leerstand, überteuerte Mieten und gegen die herrschende Wohnungsnot. Seit den 60er Jahren boomt hier die Spekulation. Heute gehört das Viertel zu den teuersten Wohngegenden von Paris – mit Luxusboutiquen und großen Caféhausketten, die nichts mehr vom jüdischen Charme spüren lassen.

Innenstadtnahe Ateliers in Paris oder London sind kaum noch bezahlbar, deshalb zieht es viele Künstler nach Berlin. Für sie ist Berlin angesagt, denn das Leben hier ist günstig. Jedenfalls in Neukölln, einem sozialen Brennpunkt der Hauptstadt, in dem vor allem Migranten leben. Hier wirbt die Stadt sogar dafür, dass Künstler leerstehende Läden beziehen und das Viertel beleben. Müssen auch hier bald die Künstler weichen? Und wird Neukölln in zehn Jahren ähnlich yuppisiert sein wie Berlin Mitte? Die Dokumentation „Kultur oder Kommerz“ zeigt Perspektiven, um die Stadt von morgen sozial gerechter zu gestalten. (22:45-23:40 • arte)