Eigentor

Kicken verboten!

Die iranische Regierung erlaubt ihren Frauenfußballern zu kicken, nur wenn sie ein Ganzkörper Outfit und dazu ein Kopftuch tragen. Bei der FIFA ist dagegen der „Hidschab“ unerwünscht. Wie die iranische Frauen Fußballnationalmannschaft in Amman Opfer dieses „Kopftuch-Streits“ wurde.

Die Spieler der iranischen Frauen Fußballnationalmannschaft müssen die traurige Nachricht nur wenige Minuten vor dem Spielbeginn in den Katakomben des Stadions erfahren haben. Die Gesichter sprachen für sich, als sie das Spielfeld betraten. Der Ball stand, wie bei jedem Spielanfang in der Mitte. Dann folgten die Nationalhymnen. Die gegnerische Mannschaft aus Jordanien stand vor ihnen. Und bevor das angepfiffen wurde, pfiff der Schiedsrichter die Partie auch schon aus. Die Entscheidung 3:0 für Jordanien.

Was war passiert? FIFA schloss das iranische Team wegen ihrer islamischen Bekleidung von der Qualifizierung der Asiengruppe für die Olympiade 2012 in London aus. Das Spiel ist beendet, damit auch der Traum dieser Frauen. Fassungslosigkeit bei der iranischen Mannschaft. Alles umsonst, dachten sie in diesem Moment.

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Anschließend geht ein Foto durchs Netz. Man sieht die Frauenfußballer völlig am Boden zerstört. Sie halten die Hände vors Gesicht. Ihre Tränen aber lassen sich trotzdem nicht verstecken. Das Foto betitelten die meisten Medien hierzulande: „Die iranische Frauenmannschaft weigert sich das Kopftuch abzulegen“.

Als hätten diese Frauen in Wirklichkeit die Chance gehabt, sich Für oder Gegen das Kopftuch zu entscheiden. Fakt ist: Die iranische Nationalmannschaft ist wie Millionen andere Frauen im Iran auch gesetzlich verpflichtet, ein Kopftuch zu tragen. Sonst droht ihnen eine Haftstrafe.

Die FIFA weiß das und es ist nicht das erste Mal, dass sie sich mit dem iranischen Frauen Nationalfußball Verband darüber streitet. Wieso also entscheidet sich die FIFA nur wenige Minuten vor Spielbeginn, die Bekleidung diese Frauen nicht zu akzeptieren?

Die offiziellen iranischen Nachrichten Agenturen berichten, dass der iranische Nationalfußball Verband, der FIFA ein Muster des „islamischen Trikots“ zugeschickt und sich eine Art Sondergenehmigung eingeholt hätte.

Die FIFA hingegen behauptet, dass sie sich auf eine Kopfbedeckung in Form einer Kapuze geeinigt hätten. Dabei sei es der FIFA aus „Sicherheitsgründen“ wichtig gewesen, dass bei den Frauen die Ohren und der Hals frei bleiben.

Wie auch immer. Der Streit führte letzten Endes dazu, dass die FIFA diese Frauen kurz vor ihrem ersten Spiel aus dem Wettbewerb rausschmiss. Eine regelrechte Demütigung für diese Power Frauen vor laufenden Kameras. Selbst die jordanischen Fans zeigten Mitleid.

Da stellt sich die Frage, wo denn bei der FIFA die Chancengleichheit bleibt.

Diese Frauen sind Opfer ihrer Staatsmacht, die ihnen strikt vorweist, ihren Kopf zu bedecken, und zwar so wie Teheran das will und nicht wie FIFA es vorschreibt. Demzufolge soll hier klar und deutlich die iranische Regierung als Haupt verantwortlicher für das „Scheitern“ genannt werden.

Dennoch sollte die FIFA sein Verhalten überdenken. Nicht das iranische Regime wurde durch den „Rauswurf“ bestraft, sondern diese Frauen, die trotz massiver Hindernisse hart für das Turnier trainiert hatten. Es dürfte wohl kaum die richtige Entscheidung gewesen sein, das Talent dieser Frauen zu ersticken.

Dazu ein Zitat von einem der Fußballerinnen, die ich im Sommer 2006 in Teheran interviewte: „Es ist Gott weiß nicht bequem für uns, mit diesem Outfit zu spielen. Aber wir tun es. Aus Leidenschaft zum Fußball und aus unserem Recht heraus. Wir wollen damit den traditionellen Männern in diesem Land zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen. Mit oder ohne Kopftuch: Wir werden spielen und wir können es genauso gut.“

Dabei darf nicht vergessen werden, dass Frauenfußball nach der islamischen Revolution gänzlich verboten wurde. Diese Frauen haben es dennoch geschafft, eine Nationalmannschaft in einem Land aufzustellen, in der Frauen verboten ist, ein Fußballspiel der Herren im Fußballstadion anzuschauen.

Zunächst erlaubte das Mullah-Regime den Frauen nur in den Hallen zu kicken, um bloß keine große Aufmerksamkeit zu erwecken. Erst 2006 fand in Teheran das erste Fußballspiel der iranischen Fußballnationalmannschaft der Frauen in einem Stadion statt. Der Gegner war das Frauenteam des Berliner Vereins BSV Al-Dersimspor aus Kreuzberg.

Unter Berücksichtigung dieser Historie hat sich die FIFA durch diese Entscheidung auf die falsche Seite gestellt. Diese Frauen hätten nicht ausgegrenzt, sondern gefördert werden müssen. Sie hätten keinen Rausschmiss, sondern Respekt verdient!

Es bleibt zu hoffen, dass der Kampfgeist dieser Frauen ihnen auch in Zukunft die Kraft gibt, weiter zu kicken und noch viele Tore zu schießen.