Die Unterschriftenaktion von Roland Koch (CDU) aus dem Jahre 1999 ist noch in guter Erinnerung. Der CDU-Politiker startete in Hessen eine Kampagne gegen den Doppelpass. „JA zur Integration. NEIN zur doppelten Staatsbürgerschaft“, hieß sein Wahlspruch, mit der er die von Rot-Grün anvisierte Gesetzesänderung zugunsten der doppelten Staatsbürgerschaft verhinderte. Seit dem deklarieren Unionsparteien die doppelte Staatsbürgerschaft als eine Ausnahme. Die Realität aber sieht anders aus – auch in Hessen.
Mehrstaatigkeit ist die Regel
Im vergangenen Jahr behielten in Hessen knapp 55 Prozent der Eingebürgerten neben der neu erworbenen deutschen ihre bisherige Staatsangehörigkeit bei. Das teilt der Hessische Landesamt für Statistik mit. Damit ist der Doppelpass die Regel und keine Ausnahme mehr.
Was geblieben ist, ist die unterschiedliche Behandlung der Einbürgerungsbewerber. Während Eingebürgerte aus den Ländern Eritrea, Marokko, Afghanistan, Irak oder Syrien zu 100 Prozent unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit eingebürgert wurden, lag diese Quote bei Indern, Chinesen deutlich unter zwei Prozent. Bei EU-Bürgern wurde der Doppelpass in knapp 97 Prozent der Fälle zugelassen, bei Türken betrug diese Quote knapp 37 Prozent und bei Ukrainern nur noch knapp zehn Prozent. Nach einer Logik sucht man vergeblich.
Von den Spitzenwerten weit entfernt
Was sich seit nicht ändert, sind die weiterhin niedrigen Einbürgerungszahlen. Diese dümpeln seit fünf Jahren unter 14 000-Grenze. Zwar ist die Zahl der Einbürgerungen im Jahr 2010 um knapp zehn Prozent oder gut 1 200 gestiegen, den einstigen Spitzenwerten aus dem Jahr 2000 mit weit über 20 000 Einbürgerungen hinkt man aber immer noch hinterher. 2010 ließen sich gerade einmal 13 839 Personen einbürgern.
Mit 3 748 Eingebürgerten stellten dabei die Personen mit türkischer Staatsangehörigkeit die mit Abstand größte Gruppe. Es folgten Personen aus Afghanistan (875), Marokko (738) und Pakistan (589). Aus Ländern der Europäischen Union stammten insgesamt 1 924 eingebürgerte Personen, darunter 457 aus Polen. Danach folgten Rumänen (282), Griechen (235) und Bulgaren (213).
Junges Einbürgerungsalter
Einbürgerungen werden vor allem von jüngeren Ausländern wahrgenommen. Zwei Drittel oder gut 9200 der Eingebürgerten waren jünger als 35 Jahre, knapp 21 Prozent befanden sich im Alter zwischen 35 und 45 Jahren. Demgegenüber lag der Anteil der 60-Jährigen und Älteren an allen Einbürgerungen bei lediglich gut vier Prozent.
Info: Eine detaillierte Aufstellung über zu den Einbürgerungszahlen bietet das Hessische Landesamt für Statistik in einer tabellarischen Auflistung.
Rund 68 Prozent der Eingebürgerten (9360) hielten sich seit acht bis unter 20 Jahren in Deutschland auf, knapp 17 Prozent (2327) lebten bereits 20 Jahre oder länger in Deutschland, und rund 16 Prozent erhielten die Einbürgerungsurkunde bereits bei einer Aufenthaltsdauer von weniger als acht Jahren.
Einbürgerungsvoraussetzungen
Nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz haben Personen, die mindestens acht Jahre in Deutschland leben, einen Anspruch auf Einbürgerung, wenn sie bestimmte, gesetzlich festgelegte Anforderungen erfüllen. Deren Ehegatte und minderjährigen Kinder können mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch keine acht Jahre im Inland aufhalten.
Grundvoraussetzung für eine Einbürgerung ist der rechtmäßige, auf Dauer angelegte Aufenthalt gemäß den einschlägigen ausländerrechtlichen Vorschriften und die selbstständige Sicherung des Lebensunterhalts. (bk)