Neuausrichtung

Islamkonferenz 2011 wird zur Sicherheitskonferenz

Heute tagt die Islamkonferenz erstmals unter der Leitung des neuen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich, der dem Islam abspricht, ein Teil Deutschlands zu sein. Schwerpunktthema: Muslime und Extremismus – eine Sicherheitspartnerschaft soll Abhilfe schaffen.

Dienstag, 29.03.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 03.04.2011, 23:40 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

„Dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt“, hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kurz nach seinem Amtsantritt Anfang März gesagt und eine Welle der Empörung ausgelöst. Heute – keinen Monat später – tagt die Deutsche Islamkonferenz (DIK) unter seiner Führung.

Sicherheitspartnerschaft
Darin geht es weniger um die Historie als vielmehr um die Zukunft des Islam. Wohin es gehen soll, zeigt die so genannte „Sicherheitspartnerschaft“, die Friedrich mit Muslimen eingehen möchte. Nach „Welt“-Informationen plant er einen gesonderten „Präventionsgipfel“ im Mai, zu dem islamische Religionsgemeinschaften, Imame und Einzelpersonen eingeladen werden sollen.

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Geplant sei eine bundesweite Anti-Extremismus-Kampagne mit Broschüren und Plakaten, die unter dem Motto „Gemeinsam gegen Extremismus – gemeinsam für Sicherheit“ stehen soll. Damit wolle Friedrich „Familien, Glaubensbrüder und Vereinskameraden“ sensibilisieren. Dieses Umfeld solle darauf achten, ob sich ein Muslim radikalisiert.

Verkappte Sicherheitskonferenz
Ob er damit Erfolg haben wird, darf aus mehreren Gründen bezweifelt werden. Muslime bemängeln bereits seit Längerem, bei der Islamkonferenz handele es sich im Grunde um eine „verkappte Sicherheitskonferenz“. So jedenfalls Aiman Mazyek, Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), in einem Interview mit DTN. Aus seiner Sicht macht die DIK „keinen Sinn“ mehr. Er kritisiert, dass auf der anderen Seite die steigende „Islamfeindlichkeit“ oder die Gleichstellung des Islam mit anderen Religionen kaum thematisiert werde.

Neben der ZMD, die aus Protest nicht teilnimmt, sitzt auch der Islamrat nicht mehr am Tisch. Damit sind bereits zwei der vier großen islamischen Religionsgemeinschaften nicht mehr dabei. Die DITIB und der Verband islamischer Kulturzentren (VIKZ) sind die verbleibenden zwei islamischen Religionsgemeinschaften. Mit dabei ist auch die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD), die sich als eine Interessenvertretung für Türken versteht. Ebenso die Alevitische Gemeinde Deutschlands (AABF), die eine Antwort auf die Frage sucht, ob sie sich überhaupt als Muslime verstehen.

Muslime Sicherheitsrisiko!?
Welche der teilnehmenden Verbände an einer „Sicherheitspartnerschaft“ interessiert sein wird, bleibt abzuwarten. Suggeriert die Aktion doch nichts anderes, als seien Muslime so lange ein Sicherheitsrisiko, bis deren Erziehung nicht abgeschlossen ist. Und die sollen laut den Plänen des Bundesinnenministeriums unter anderem die Imame übernehmen. Sie sollen „in ihren Predigten künftig stärker darauf hinweisen, dass der Islam nichts mit Terror zu tun hat“. Eine selbstverständliche Feststellung, die allenfalls irritiert und Kopfschütteln hervorrufen wird.

Das werden auch die Imame bemerken, die an deutschen Universitäten ausgebildet werden sollen, sofern sie eine Stelle in einem der Moscheen bekommen. Denn in einem Interview mit der TAZ teilt Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) mit, dass muslimische Verbände bei der Berufung von Professoren keine Entscheidungsmacht haben.

Sinnvoll gestalten
Ein weiteres Thema der Islamkonferenz ist die Einführung von Islamunterricht an Schulen. Hier dürfte es vor allem unverbindlich zugehen. Denn die Zuständigkeit liegt bei den Ländern. So stellt sich zunehmend die Frage, ob die DIK nicht sinnvoller gestaltet werden könnte. So fordert die Klaus Wowereit (SPD) „einen echten Dialog, der hilft, Vorurteile abzubauen und Aufklärungsarbeit zu leisten, um den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu gewährleisten.“

In diesem Zusammenhang wird auch über die Eignung Friedrichs als Hausherr der Islamkonferenz diskutiert. Denn von Anfang an war die „Geschäftsgrundlage“ der DIK, dass der Islam zu Deutschland gehört. Wolfgang Schäuble und Thomas de Maizière (beide CDU) waren hier unmissverständlich. Bei Friedrich bleibt das unklar. (eb)
Politik

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  1. Hakan sagt:

    Mir ist es neu, dass sich Aleviten selbst nicht als Muslime sehen???
    Hierzu würde ich daher liebend gerne eine Referenz sehen!

    Dass sie wegen ihrer Andersartigkeit und modernen Auslebung ihres Glaubens nicht für Muslime gehalten werden, ist dagegen ein altbekannter und zugleich diffamierender Vorwurf aus sunnitischen Kreisen!

  2. Yunus sagt:

    „Ebenso die Alevitische Gemeinde Deutschlands (AABF), die eine Antwort auf die Frage sucht, ob sie sich überhaupt als Muslime verstehen“

    Ich würde auch gerne vom Autor wissen auf welche Aussagen diese Behauptung stützt, denn ich denke das dies nicht dem Grundsatz des Aleviten entspricht…Dieses Missverständnis nicht Moslem zu sein wird, dennoch gerne benutzt um die Aleviten aus zu grenzen.
    Die Antwort was die Aleviten sind, wird von anderen muslimischen Gruppen gesucht nicht von den Aleviten…

  3. Reseller Berlin sagt:

    Also ich persönlich bin der Meinung , dass jeder Muslime ist der sich auch als Muslime sieht …

    Es gibt Herrschaften bei den Aleviten ( der Vorsitzende der Alevtischen Gemeinde in Deutschland Ali Ertan Toprak beispielsweise ) die behaupten , Aleviten sein keine liberalen Muslime sondern Aleviten …

    Er macht Sprüche wie :
    „Der überwiegende Teil der organisierten Aleviten vertritt die Position, dass das Alevitentum ein eigenständiger Glaube ist. Wir verstehen uns als eine Glaubensgemeinschaft, die im islamischen Kulturraum einen eigenständigen Glaubensinhalt entwickelt hat.“

    Toprak hat auch mal in einem Video-Interview gesagt , dass weder Kuran noch der Prophet Muhammed relevant für seine Version des Alevitentums sei …

    Die allermeisten Aleviten , die ich kenne ( und das sind viele ) sehen sich sehr wohl als Muslime als auch glauben sie an den Kuran und den Propheten . Hieran sieht man , dass die Sendungs-Bewussten nicht immer für die Mehrheiten sprechen .

    Es gibt eine uralte Diskussion ob die Aleviten Teil des Islam sind auf politikcity.de ( http://www.politikcity.de/forum/religion-din/22297-aleviten-teil-des-islams-sammelthread.html oder in Google folgendes eingeben „aleviten teil des islams“ mit Anführungsstriche und dann kommt es als erster Treffer ).

    Übrigens zu Innenminister Friedrich : ich bin der Meinung , dass spätestens nach dem 2. Weltkrieg die Nazis und Faschisten nicht mehr zu Deutschland gehören …

    Seine anti-Muslimischen Sprüche sind lächerlich denn die Deutschen Muslime gehören also nicht zu Deutschland ? Sobal man Muslime wird wird man dann also ausgeschlossen oder wie ?

  4. Katja S sagt:

    Der Islam ist genauso wenig oder viel ein Teil Deutschlands wie das Christentum.
    Das Christentum „etablierte“ sich erst am Ende des Hochmittelalters mit Folter und Zwang.
    Den Islam holte bereits Friedrich der Grosse ins Land.
    …Die ursprüngliche „Abendländische Religion“ sind die heidnischen Kulte, die die Christen unterdrückt haben.
    Da wir aber nicht mehr im „finstren Mittelalter“ leben, sollten wir ein friedliches Miteinander anstreben!

  5. Fikret sagt:

    Was versteht ein Weinachtsmann vom Islam? Jetzt haben wir Kreuzritter gegen die Muslime hierzulande? Er ist wahscheinlich nur beim Stiimenfang. Er irrt sich: ich bin ein Atheist. Er sei „christlich und sozial“. Na, und…
    Der Zusamenhang zu Extremismus ist konstruiert. Für künstliche Tagesordnungen haben wir keine Zeit.

  6. Boli sagt:

    Sie sollen „in ihren Predigten künftig stärker darauf hinweisen, dass der Islam nichts mit Terror zu tun hat“. Eine selbstverständliche Feststellung, die allenfalls irritiert und Kopfschütteln hervorrufen wird.

    http://eine-menschheit.de/index.php?page=ursprung-des-extremismus
    http://eine-menschheit.de/index.php?page=extremismus

    Entschuldigen Sie, wer auch immer den Artikel oben geschrieben hat scheint die Geschichte des Islams wohl nicht zu kennen oder aber er ignoriert Vergangenheit und Gegenwart vehement. Und wer weiss was die Schia ist kann mit Sicherheit auch hier Ursprünge des Terrors finden. Weil Terror ist die höchste Form der Intoleranz.
    Und das löst bei mir Kopfschütteln aus!!

  7. IMV sagt:

    Das ist mitnichten eine Neuausrichtung! Die Islamkonferenz hatte schon immer den Ruch vor allem eine „Sicherheitskonferenz“ zu sein, die sich das Mäntelchen der Integration umhängt. Nun ist dieses Mäntelchen gefallen, das ist alles. Obwohl man die Ansiedelung im Innenministerium schon früher hätte ernst nehmen können… tja, und die Verlautbarungen jenseits der Selbstdarstellung, wie z.B. hier: http://www.medienverantwortung.de/wp-content/uploads/2009/11/20090603_IMV-Schiffer-Kurzgutachten_DIK-Website.pdf

  8. Katja S sagt:

    siehe Wiki:

    Die Geschichte des Islams in Deutschland beginnt im 18. Jahrhundert mit der dauerhaften Etablierung erster islamischer Gemeinden. Kontakte zwischen der islamischen Welt und dem Reich begannen jedoch schon mit einem Besuch muslimischer Gesandter beim Frankenherrscher Karl in Aachen 788. Mit einzelnen islamischen Ländern, beginnend mit dem Osmanischen Reich, entwickelte Deutschland engere diplomatische Beziehungen, doch erst 1914 wurde die erste Moschee auf deutschem Boden errichtet
    Der erste „Türkische Friedhof“ enstand jedoch bereits 1798:
    http://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%BCrkischer_Friedhof_Berlin

  9. Manfred O. sagt:

    @Reseller Berlin

    Ach was. Jetzt haben sogar die hoch-nationalistischen Türken von POLITIKCITY hierher gefunden. Diese Seite ist allen zu empfehlen,die einem die „faschistisch-nationalistische Seite“ der Türkei kennen lernen wollen. Einfach mal versuchen, in dortigen Wortbeiträgen das Wort „Türken“ mit „Nazis“ auszuwechseln. Man wird erstaunt sein.

  10. Kehrhelm Kröger sagt:

    Die Islamkonferenz hat keine ausreichende Legitimation. Sie ist umgehend aufzulösen, ja, es hätte sie nie gegen dürfen. Laut Selbstverständnis ist die DIK ein Dialog zwischen dem „deutschen Staat und dem Islam“, um die Integration des Letzteren in den Ersteren zu ermöglichen. Was gibt’s bei der Integration von Moslems eigentlich zu verhandeln? Gibt’s hier etwa Unklarheiten? Warum gibt’s eigentlich keine Judaismuskonferenz, keine Buddhismus-Konferenz und keine Hindu-Konferenz mit dem deutschen Staat, aber eine Kungelei zwischen Islamvertretern und deutshcem Staat? Was hat der Staat mit der Religion am Hute? Oder schimmert hier etwa durch, dass es sich beim Islam eben um eine „etwas andere“ Religion handelt, nämlich eine mit einem knallharten politischen Anspruch? Dann wäre ja die der DIK zugrundeliegende Beziehung StaatReligion plausibel.