Erdoğan in Düsseldorf

Ihr seid und bleibt nicht alleine!

Ob mit oder ohne türkischen Pass, Türken bleiben türkische Staatsbürger. Daher möchte der türkische Ministerpräsident Erdoğan seinen Landsleuten den Schritt zum Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft mit einer Lightversion der doppelten Staatsbürgerschaft erleichtern.

Rund 10 000 Landsleute des türkischen Premierministers Recep Tayyip Erdoğan haben sich am Sonntagabend im ISS Dome in Düsseldorf zusammengefunden. Die Halle ist voll, die Stimmung gut. Die Menschen wedeln mal mit der türkischen, mal mit der deutschen Fahne.

Integration ja, Assimilation nein!
Als Erdoğan erstmals die Halle betritt, wird er euphorisch gefeiert. Kurz darauf ertönen die Nationalhymnen. Bei der Türkischen stimmt die ganze Halle mit. Während die deutsche Hymne gespielt wird, muss man genauer hinhören: „Einigkeit und Recht und Freiheit …“.

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Dann kommt Erdoğans Auftritt. „Wir sind stolz auf dich“, jubelt ihm die Menge zu. „Wir sind stolz auf euch“ entgegnet der türkische Premier. Wie vor drei Jahren in der Köln-Arena spricht er sich gegen die Assimilation aus. „Keiner hat das Recht uns von unserer Kultur und Identität zu trennen.“ Applaus. Gleichzeitig ruft er seine Landsleute auf, sich zu integrieren. „Ja, integriert euch in die deutsche Gesellschaft. Ich will, dass ihr Deutsch lernt, dass eure Kinder Deutsch lernen, sie sollen studieren, ihren Master machen. Ich will, dass ihr Ärzte, Professoren und Politiker in Deutschland werdet.“ Applaus.

Die Türkei ist für euch da!
Zuvor macht der türkische Premier aber klar, dass die Staatsbürgerschaft irrelevant ist. „Man nennt euch Gastarbeiter, Ausländer oder Deutsch-Türken. Wie auch immer ihr bezeichnet werdet: Ihr seid meine Staatsbürger, ihr seid meine Freunde, ihr seid meine Geschwister! Ihr gehört zu Deutschland, aber ihr gehört auch zu der großen Türkei.“ Die Halle tobt. Sie seien nicht alleine. Wann immer sie Hilfe bräuchten, werde die Türkei die helfende Hand ausstrecken. Denn sie stünden nicht nur unter dem Schutz Deutschlands, sondern auch der Türkei.

Er wisse um die steigende Ausländerfeindlichkeit und Islamophobie in Europa und in Deutschland. Medien wie Politiker würden ihren Beitrag dazu leisten. „Das ist der falsche Weg“. Wer Ausländerfeindlichkeit für innenpolitische Zwecke missbrauche, handele kurzsichtig mit langfristig fatalen Folgen. Dabei sei es selbstverständlich, dass Demokratien vielfältig seien. Inzwischen lebten Zehntausende deutsche Staatsbürger in der Türkei und hätten Grund und Boden erworben. „Wenn auch nur einem die Nase blutet, tut es mir gleichermaßen weh.“

Doppelpass light
Erdoğan wisse um die Sorgen und Probleme der in Deutschland lebenden Türken und habe eine frohe Botschaft zu verkünden. „Wer die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen möchte, muss die Türkische abgeben.“ Die in diesen Fällen bisher ausgehändigte „Mavi Kart“ habe sich nicht als praxistauglich erwiesen und werde aufgewertet. Künftig würden ehemalige türkische Staatsbürger eine Art Identitätskarte ausgehändigt bekommen, die ähnlich ausgestattet sein werde, wie der türkische Personalausweis (wir berichteten).

Außerdem sollen türkische Staatsbürger in Zukunft die Möglichkeit erhalten, bei den türkischen Auslandsvertretungen zu wählen. Die entsprechenden Gesetzesänderungen seien bereits unter Dach und Fach. Allerdings sei die Zustimmung des jeweiligen Staates erforderlich. Auf das „Ja“ Deutschlands warte man noch.

Mit dieser Ankündigung verabschiedet sich Erdoğan. Konfettis und Jubel folgen. (bk)