Zwischen-ethnische Partnerschaften

Partnerschaften zwischen Migranten und Einheimischen deuten auf gelungene Integration hin

Zuwanderer, die einen deutschstämmigen Partner haben, verfügen zumeist über höhere Bildung und bessere Jobs als diejenigen, die in ethnisch einheitlichen Partnerschaften leben

Wie gut es Migrantinnen und Migranten gelingt, in der deutschen Gesellschaft Fuß zu fassen, hängt stark von den politischen Rahmenbedingungen ab. Aber es spielt auch eine Rolle, wie aufgeschlossen jemand ist und wie offen die Menschen im Umfeld sind. Wer über kommunikative und soziale Fähigkeiten verfügt und sich mit anderen Kulturen auskennt, hat es dabei leichter. Zuwanderer, die in zwischen-ethnischen Partnerschaften leben, zählen offenbar zu dieser Gruppe. Hinsichtlich ihrer Schulabschlüsse, ihrer Arbeitsmarktbeteiligung und ihrer Einkommen ähneln sie den Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft stärker als der Durchschnitt der Migranten. Das zeigt eine Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) auf Basis der Daten des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP). Als „Partnerschaft“ definiert die Studie das Zusammenleben zweier Personen unterschiedlichen Geschlechts als Paar in einem Haushalt.

Kulturelle Brückenbauer
In Deutschland lebten 2005 mehr als 15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Von ihnen war in der Altersgruppe der 20- bis 65-Jährigen knapp ein Drittel Single. Der Anteil derer, die mit jemandem zusammenlebten, der einen anderen kulturellen Hintergrund hat als sie selbst, betrug 15,4 Prozent bei den Männern und 17,8 bei den Frauen mit Migrationshintergrund.

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Wer lässt sich auf einen deutschen Partner ein?
Ein Ergebnis der Studie überrascht wenig: Je länger Migranten in Deutschland leben und je jünger sie sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit einer oder einem Deutschen zusammenleben. Dasselbe gilt, wenn die Herkunftsgruppe klein ist und entweder viel mehr Frauen als Männer oder viel mehr Männer als Frauen umfasst. Türkischstämmige, die die größte ausländische ethnische Gruppe in Deutschland stellen, gehen am seltesten eine Partnerschaft mit einem oder einer Deutschen ein: Nur 4,0 Prozent der Männer und 3,4 Prozent der Frauen mit türkischen Wurzeln führen eine Beziehung mit einem deutschen Partner oder einer deutschen Partnerin. Am häufigsten leben mit 21,0 Prozent italienische Männer sowie mit 11,9 Prozent Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien mit einem oder einer Deutschen zusammen. Zu ähnlichen Ergebnissen war die Studie Ungenutzte Potenziale des Berlin-Instituts gekommen.

In der zweiten Generation der Migranten sind Partnerschaften mit Alteingesessenen häufiger. Bei den Türkischstämmigen ist der Anteil solcher zwischen-ethnischer Partnerschaften hier sogar mehr als doppelt so groß wie in der ersten Generation. Betrachtet man nur jene Migranten, die in Partnerschaften leben, so wächst der Anteil zwischen-ethnischer Partnerschaften bei der zweiten Generation der Einwanderer aus Jugoslawien auf 30,7 Prozent bei den Männern gegenüber 17,5 Prozent in der ersten Generation und auf 42,7 Prozent bei den Frauen gegenüber 15,7 Prozent in der ersten Generation.

Was entscheidet bei der Partnerwahl?
Bei der Partnerwahl sind zum einen persönliche Vorlieben ausschlaggebend, die – wie Frank Kalter und Julia H. Schroedter in einer Untersuchung ausführen – unter anderem vom Bildungsstand, von der Länge des Aufenthalts im Aufnahmeland sowie von Übereinstimmungen in kultureller und religiöser Hinsicht abhängen. Zum anderen spielen die gesellschaftliche Gruppe, zu der der einzelne gehört, und die Beschaffenheit des „Beziehungsmarkts“, also die Möglichkeit, überhaupt Partner anderer Kulturen kennen zu lernen, eine Rolle.

Bildung öffnet das Blickfeld: Frauen und Männer mit Migrationshintergrund, die in zwischen-ethnischen Partnerschaften leben, haben häufiger einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss in der Tasche als jene in ethnisch einheitlichen Partnerschaften. Eine höhere Bildung kann die Mobilität fördern – und dabei helfen, sich an fremde Gewohnheiten anzupassen (Datengrundlage: SOEP 2005).

Erfolg auf dem Arbeitsmarkt
Migrantinnen und Migranten, die mit einem Deutschen oder einer Deutschen zusammenleben, sind häufiger erwerbstätig, haben häufig höhere Positionen und höhere Einkommen als Migrantinnen und Migranten in ethnisch einheitlichen Partnerschaften. Zudem schätzen sie sich den Daten des SOEP zufolge selbst als überdurchschnittlich kommunikativ, politisch interessiert und offen für Erfahrungen ein. Entsprechend können zwischen-ethnische Beziehungen als Belege für gelungene Integration betrachtet werden. Offen bleibt dabei allerdings, ob die Partnerschaft mit einer oder einem Einheimischen die Integration fördert oder ob allein die Persönlichkeitsmerkmale dafür verantwortlich sind, dass eine solche Partnerschaft überhaupt eingegangen wird.

Integration zahlt sich aus: Einwanderer, die eine zwischen-ethnische Beziehung führen, sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt besonders gut positioniert. Der Anteil der Migrantinnen, die mit deutschen Männern in Führungspositionen zusammenleben, ist mehr als doppelt so hoch wie der Migrantinnen in ethnisch einheitlichen Partnerschaften. Für die Migranten gilt – in nur geringfügig kleinerem Ausmaß – dasselbe (Datengrundlage: SOEP 2005).

Den Zusammenhang zwischen zwischen-ethnischer Partnerschaft und Arbeitsmarkterfolg bestätigt die DIW-Studie allerdings nur für Migrantinnen und Migranten, nicht für Einheimische. Deutsche in zwischen-ethnischen Beziehungen sind im Schnitt beruflich weniger erfolgreich als Deutsche in ethnisch einheitlichen Beziehungen. Außerdem schätzen sie sich auch selbst nicht als überdurchschnittlich offen, kommunikativ, politisch interessiert oder risikofreundlich ein.

Betrachtet man den Bildungsstand, so fallen Unterschiede zwischen den deutschen Männern und den deutschen Frauen auf, die einen Partner mit Migrationshintergrund haben: Wie bei den Migranten ist der Anteil der deutschen Frauen in zwischen-ethnischen Beziehungen, die über einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss verfügen, mit 25, 7 Prozent deutlich höher als in Partnerschaften mit Einheimischen – der liegt bei nur 16,7 Prozent.

Noch viel zu tun
Es braucht natürlich mehr als einige zufriedene Paare, um landesweit von gelungener Integration reden zu können. Dennoch bilden zwischen-ethnische Partnerschaften einen zwar weichen, aber dennoch aussagekräftigen Indikator dafür, in welcher Weise Migranten und Mehrheitsgesellschaft sich füreinander öffnen und sich gegenseitig anerkennen.

Literatur / Links
Kalter, Frank / Schoedter, Julia H. (2010): Transnationale Ehen von ehemaligen Arbeitsmigranten in Deutschland. In: Zeitschrift für Familienforschung, 22. Jg., 1/2010. S. 11-33.

Nottmeyer, Olga (2010): Inter-ethnische Partnerschaften: Was sie auszeichnet – und was sie über erfolgreiche Integration aussagen. In: Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 11, März 2010, S. 12-20.

Statistisches Bundesamt (2005): Bevölkerung nach detailliertem Migrationsstatus. Wiesbaden. www.destatis.de

Woellert, Franziska / Kröhnert, Steffen / Sippel, Lilli / Klingholz, Reiner (2009): Ungenutzte Potenziale. Zur Lage der Integration in Deutschland. Hgg. vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Berlin.