Türkeireise

Merkel sagt ‚Ja‘ zu türkischen Schulen und ‚Nein‘ zur Assimilation

Nach einem Gespräch mit dem türkischen Premier Erdogan lenkt Angela Merkel ein und teilt mit, dass sie sich türkische Schulen in Deutschland vorstellen kann. Für Sevim Dagdelen ist Merkel an der Türkei nur als Absatzmarkt für die deutsche Rüstungsindustrie interessiert.

Gestern ist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einer Friedenstaube als Geschenk für den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan im Gepäck zu einer zweitägigen Türkeireise aufgebrochen. Nach der Ankunft in Ankara fuhr die Bundeskanzlerin Montagmittag zunächst zum Atatürk Mausoleum, wo sie einen Kranz niederlegte. Anschließend führte sie politische Gespräche mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dabei standen die bilateralen Beziehungen, europapolitische und wirtschaftliche Themen im Mittelpunkt.

Merkel doch für türkische Gymnasien
Aber auch über mögliche türkische Schulen in Deutschland wurde gesprochen. „Wenn Deutschland Auslandsschulen in anderen Ländern hat, zum Beispiel in der Türkei, (…), dann kann es natürlich auch die Türkei sein, die Schulen in Deutschland hat“, sagte Merkel in Ankara nach dem Treffen mit Erdogan. Dies dürfe laut Merkel aber nicht zu einer Ausrede für in Deutschland lebende Türken führen, nicht die deutsche Sprache zu lernen, fügte die CDU-Chefin hinzu. Außerdem gebe es bereits eine Vielzahl deutsch-türkischer Schulen in Deutschland und türkische Lehrer, die die türkische Sprache unterrichteten.

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Merkel gehe es darum, dass man ohne die deutsche Sprache zu können, nicht in Deutschland leben sollte. Beide Sprachen sollten erlernt werden. Dies sei die Voraussetzung für gute Integration. Auch gehe es der Bundeskanzlerin nicht um Assimilation. Jeder solle seine Wurzeln und seinen Glauben behalten. Zuvor hatte sich Merkel gegen die Forderung Erdogans ausgesprochen, türkische Gymnasien in Deutschland zu errichten.

Türkei als Absatzmarkt für die Rüstungsindustrie
Während des Treffens mit Erdogan kamen auch internationale Fragen zur Sprache, insbesondere die Lage in der Region. Diesbezüglich erntete die Bundeskanzlerin heftige Kritik von Sevim Dagdelen (Die Linke), die die Kanzlerin im Rahmen einer Abgeordnetendelegation bei ihrem zweitägigen Besuch in der Türkei begleitet. „Die Debatte um die Frage EU-Beitritt oder ‚privilegierte Partnerschaft‘ ist heuchlerisch. Die Frage des EU-Beitritts wird ganz offensichtlich als Faustpfand eingesetzt, um die Türkei zum Einschwenken auf den Konfrontationskurs der EU und USA gegen den Iran zu bewegen“, so die Linkspolitikerin.

Statt die Türkei in ihrem Anliegen eines atomwaffenfreien Nahen und Mittleren Osten zu unterstützen, wolle die Bundeskanzlerin die Türkei nur für ein härteres Vorgehen gegen den Iran gewinnen. „Der Bundesregierung geht es allein um eine Türkei als großen Absatzmarkt für deutsche Produkte. Und das ist vor allem bei Rüstungsgütern der Fall. Die Türkei ist mit 15 Prozent bereits jetzt schon Hauptabnehmer deutscher Rüstungsprodukte. Das soll offenbar noch gesteigert werden. Dafür spricht insbesondere die Tatsache, dass auch Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie die Kanzlerin auf ihrer Reise begleiten“, so Dagdelen.

Vor diesem Hintergrund sei es bezeichnend, dass im Programm der Kanzlerin keinerlei Gespräche mit Menschenrechtsorganisationen oder Gewerkschaften geplant seien.

Kulturelle Programme am zweiten Tag
Heute (30.03.2010) stehen in Instanbul mehrere kulturelle Programmpunkte an: unter anderem die berühmte Hagia Sophia und die Sultanahmet-Moschee. Im Goethe-Institut trifft die Kanzlerin Sprachlehrer. Dabei dürfte auch die Integration türkischstämmiger Menschen in Deutschland Thema werden.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Maria Böhmer, begleitet die Bundeskanzlerin auf ihrer Türkeireise. Ferner ist am Dienstag die Teilnahme an einem deutsch-türkischen Wirtschaftsforum vorgesehen. Eine zwölfköpfige Delegation deutscher Unternehmer begleitet die Bundeskanzlerin ebenfalls auf ihrer Türkei-Reise.