Türkische Presse Europa

06.01.2010 – EU-Beitritt, Moschee, Ciftlik

Die Europaausgaben der türkischen Zeitungen befassen sich heute unter anderem mit dem EU-Beitritt der Türkei und dem Türkeibesuch des Bundesaußenministers. Des Weiteren finden sich diverse Artikel zu Integrationsthemen und Moscheegemeinden in Deutschland. So wird unter anderem die Bedeutung des Sports für die Integrationsarbeit in den Moscheen hervorgehoben.

Laschet: „Integrationspolitik hat hohe volkswirtschaftliche Bedeutung”
„Wir müssen jedem Kind, unabhängig von der Herkunft, den Aufstieg ermöglichen und dürfen kein Kind verloren geben”, forderte NRW-Integrationsminister Armin Laschet (CDU). Deutschland müsse deshalb verstärkt auf Integration und Förderung von Zuwandererkindern setzen. Frühkindliche Bildung und Integrationspolitik habe hohe volkswirtschaftliche Bedeutung”, so Laschet. Einem Bericht der SABAH zufolge werden dem Arbeitsmarkt bereits 2015 fast drei Millionen Arbeitskräfte fehlen. Das gehe aus einer Studie der Prognos AG hervor.

Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei
Der CSU-Landesgruppenchef Friedrich habe sich dafür ausgesprochen, die Verhandlungen mit der Türkei über den Beitritt zur Europäischen Union zu beenden, berichten die TÜRKIYE, MILLIYET und HÜRRIYET. Das Land sei „meilenweit von den notwendigen politischen und wirtschaftlichen Grundvoraussetzungen für einen Beitritt entfernt“, so Friedrich in einem Zeitungsinterview. Um den „quälenden Verhandlungen“ endlich ein Ende zu bereiten, solle der Türkei stattdessen eine privilegierte Partnerschaft angeboten werden, so der CSU-Politiker.

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Der hessische Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) habe auf die Forderung Friedrichs wütend reagiert, ist in der ZAMAN zu lesen. Der Landeschef der Liberalen sagte, dass die „CSU-Hardliner“ die „Zusammenarbeit der Vernünftigen“ erschweren. „Die gesamte Türkei-Politik wird durch solche Vorhaben erheblich erschwert und erleidet womöglich einen schweren Rückschlag“, so Hahn. Der FDP-Politiker empfahl der CSU die Lektüre des Berliner Koalitionsvertrages von Union und FDP. Darin heiße es nicht ohne Grund: „Deutschland hat ein besonderes Interesse an einer Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen zur Türkei und an einer Anbindung des Landes an die Europäische Union.“

Westerwelle reist in Türkei
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) reist zu Besuchen in die Türkei. Geplant sei unter anderem ein Gespräche mit dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu über die bilateralen Beziehungen sowie die Aufhebung der Visumspflicht. Davutoglu werde die Umsetzung der EuGH-Entscheidung fordern, wonach für die Einreise türkischer Staatsangehöriger in die EU kein Visum verlangt werden dürfe. (SABAH)

Integration durch Sport gilt auch für Moscheegemeinden
Der ZAMAN-Kolumnist Seyfi Alp findet die Jugendarbeit in den über 1500 Moscheen in Deutschland nicht ausreichend. Zunächst seien erst einmal Imame und Seelsorger nötig, die die Jugendlichen besser verstehen. Die Moscheegemeinden müssten zudem Projekte entwickeln, um die Moscheen für die Jugendlichen schmackhaft zu machen. Sport könne hierfür als Brücke dienen. Alp empfiehlt eine Kooperation zwischen Sportvereinen und Moscheegemeinden. Er ruft die islamischen Religionsgemeinschaften dazu auf, für die Jugendarbeit fähige Leute und Mittel bereitzustellen. Sport sei zudem für die Integration der Moscheen in die Gesellschaft wichtig, so Alp, weshalb die Förderung von Sport nicht vernachlässigt werden dürfe.

Moscheekontrollen in Niedersachsen
Am 13. Januar wird im Ausschuss für Inneres, Sport und Integration des niedersächsischen Landtags erneut über die Verhältnismäßigkeit von Kontrollen mit Identitätsfeststellung wie Massenkontrollen vor Moscheen debattieren. Die Landtagsabgeordnete Filiz Polat (Die Grünen) sagte der HÜRRIYET, dass die Landesregierung hier schnell eine Lösung herbeiführen müsse.

Anschlag auf eine Moschee in Arnheim
Ein Anschlag auf eine Moschee in Arnheim an der niederländischen Grenze zu Deutschland sei mit Molotow-Cocktails verübt worden. Feuerwehrkräfte hätten das Feuer in der Moschee gelöscht. Bei dem Anschlag sei niemand zu Schaden gekommen. Die Moschee sei jedoch stark beschädigt worden. Nach Angaben der Feuerwehr handle es sich um Brandstiftung. Die Polizei gab bislang keine Erklärung zu dem Molotow-Cocktail Anschlag ab. (TÜRKIYE, MILLIYET)

ZMD verurteilt Attentat auf dänischen Karikaturisten
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) hat das versuchte Attentat auf den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard verurteilt, berichten die ZAMAN und SABAH. „Für eine kriminelle Handlung darf es keine religiöse Entschuldigung geben“, sagte der ZMD-Vorsitzende Ayyub Axel Köhler. Problematisch sei, dass derartige Vorfälle in der Bevölkerung Ängste vor dem Islam anfachten. Die Politik sie gefordert, solche Ängste und eine wachsende Islamfeindlichkeit einzudämmen. „Sonst droht eine Spaltung der Gesellschaft“, mahnte Köhler. Deshalb müsse das Thema Islamfeindlichkeit auf die politische Tagesordnung. Leider machten Politiker sich die Befürchtungen der Menschen aber oft zunutze, etwa vor Wahlen.

Grüne und SPD fordern Abschaffung der Residenzpflicht
Die Grünen im Schleswig-Holsteinischen Landtag fordern die Abschaffung der Residenzpflicht für Flüchtlinge und Asylsuchende. Unterstützt wird die Initiative von der SPD und der SSW, berichten die TÜRKIYE, ZAMAN und SABAH. „In keinem anderen Land der Europäischen Union existiert eine Residenzpflicht. Bei dieser räumlichen Beschränkung handelt es sich um eine Form der Kontrolle des Aufenthaltsortes von Flüchtlingen und Asylsuchenden durch die zuständige Ausländerbehörde“, heißt es in der Antragsbegründung der Grünen im Schleswig-Holsteinischen Landtag zur Abschaffung der Residenzpflicht für Flüchtlinge und Asylsuchende. Die integrationspolitische Sprecherin der Sozialdemokraten im Landtag, Serpil Midyatli, begrüßte den Antrag der Grünen. Sie stellte den Nutzen der Residenzpflicht in Frage und betonte auch den diskriminierenden Charakter: „Die Betroffenen werden dadurch isoliert und in ihren Integrationsbemühungen nicht nur räumlich, sondern auch sozial eingeschränkt.“

Staatsanwalt klagt Ciftlik wegen Vermittlung einer Scheinehe an
Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat gegen den SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Bülent Ciftlik Anklage wegen Anstiftung einer Scheinehe erhoben, berichten MILLIYET, ZAMAN und SABAH. Ciftlik soll seine frühere Freundin zu einer Scheinehe überredet haben. Die Staatsanwaltschaft stützt ihre Anklage auf ein E-Mail-Verkehr zwischen der Freundin und Ciftlik. Der Abgeordnete bestreitet die Vorwürfe. “ Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft sei eine Diffamierung, sagte Ciftlik der ZAMAN.

„Brot für die Welt“ kritisiert Bundesentwicklungsminister
Die Direktorin von „Brot für die Welt“, Cornelia Füllkrug-Weitzel, habe Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) scharf kritisiert, berichtet die ZAMAN. Füllkrug-Weitzel kritisierte unter anderem, dass der Minister 14 Millionen Euro aus dem Entwicklungsetat für den Ankauf deutscher Impfdosen zur Bekämpfung der Schweinegrippe in Afrika zur Verfügung stelle. „Da wird etwas als Entwicklungshilfe ausgegeben, was im Grunde eine Hilfe für die deutsche Pharmaindustrie ist, die mit Armutsbekämpfung nichts zu tun hat“, sagte die Direktorin.