Europäischer Gerichtshof

Gebühren für Aufenthaltstitel türkischer Staatsbürger sind rechtswidrig

Der EuGH hat auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei aus dem Jahre 1980 entschieden, dass die Niederlande von Türken seit vielen Jahren zu hohe Gebühren bei der Verlängerung und Erteilung von Aufenthaltstiteln erhoben hat. Die Vereinbarung gilt auch für Deutschland.

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 17. September 2009 entschieden, dass die niederländischen Gebühren für die Erteilung eines Aufenthaltstitels an türkische Staatsbürger gegen eine Vereinbarung aus dem Jahr 1980 verstößt. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft hatte mit der Türkei ein sog. Verschlechterungsverbot vereinbart, wonach eine Regelung zu Lasten von türkischen Staatsbürgern nachträglich nicht mehr verändert werden darf.

Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass 1980 für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis keine Gebühr zu entrichten war. Seit 2002 müssen Betroffene aber 169 Euro zahlen. Das verstößt, so der Europäische Gerichtshof, klar gegen die Abmachung.

___STEADY_PAYWALL___

Ähnliches Bild auch in Deutschland
Übertragen auf Deutschland ergibt sich ein ähnliches Bild, da das sog. Verschlechterungsverbot auch für Deutschland gilt. Nach der Ausländergebührenverordnung aus dem Jahre 1977 betrugen die Gebühren für die Erteilung und Verlängerung eines Aufenthaltstitels zwischen 30 DM (= 15,34 Euro) und 50 DM (= 25,56 Euro). Zudem gab es Ausnahmevorschriften, wonach eine Ermäßigung erfolgen konnte, wenn Bedürftigkeit vorlag.

Seit den 90ern erhebt aber auch Deutschland höhere Gebühren als zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verschlechterungsverbots. Heute sind für die Erteilung und Verlängerung eines Aufenthaltstitels 30 Euro bis zu 200 Euro vorgesehen.

Für den Hamburger Rechtsanwalt und Experten im Ausländerrecht Ünal Zeran ist die Rechtslage klar: „Überträgt man das Verschlechterungsverbot auf die aktuelle Gebührenpraxis in Deutschland, so werden seit Jahrzehnten europarechtswidrig zu hohe Gebühren von türkischen Staatsangehörigen entrichtet.“

Parlamentarische Anfrage an die Bundesregierung
Die Linke im Bundestag haben diese Praxis zum Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage [pdf] gemacht. Sie wollen von der Bundesregierung unter anderem wissen, ob „künftig von den betroffenen türkischen Staatsangehörigen die Gebührensätze erhoben“ werden, „die zum maßgeblichen Zeitpunkt 1977 vorgesehen waren“. Auf mögliche Forderungen von Betroffenen wegen zu viel gezahlter Gebühren wird derzeit noch nicht eingegangen.

„Aus der Vergangenheit weiß man, dass die Bundesregierung die Übertragbarkeit der EuGH Urteile immer nur im restriktivsten Sinne verstanden haben wollte“, meint Rechtsanwalt Zeran im Gespräch mit MiGAZIN und prognostiziert, „wenn die Entscheidung einen anderen Mitgliedstaat betraf, wird reflexartig die Übertragbarkeit der Entscheidung auf Deutschland verneint. Sie wird daher versuchen zu erklären, dass die erfolgten Gebührenerhöhungen keine Verschlechterung darstellen.“