Toleranz und Freiheit

Schweizer Minarett-Entscheidung im Hessischen Landtag

Hessen. Die CDU/FDP-Fraktion weist darauf hin, dass es in Teilen der Bevölkerung Ängste im Umgang Muslimen und ihren Traditionen gibt. SPD und Grüne warnen vor einer Instrumentalisierung und weisen darauf hin, dass Grundrechte nicht verhandelbar sind.

Auf Initiative der CDU und FDP-Fraktion (pdf) wurde vergangene Woche im Hessischen Landtag über den Schweizer Volksentscheid zum Minarett-Verbot debattiert. Der Schweizer Volksentscheid belege, so die CDU/FDP, „dass es auch im Jahr 2009 in europäischen Ländern trotz zahlreicher nationaler, europäischer und internationaler rechtlicher Regelungen nach wie vor in Teilen der Bevölkerung große Ängste im Umgang mit Migranten insbesondere muslimischer Religionszugehörigkeit und ihren Traditionen gibt.“ Diese Ängste müssten ernst genommen und im Rahmen einer nachhaltigen Integrationspolitik berücksichtigt werden.

Ängste ernst nehmen
Aus „der demokratischen Schweizer Entscheidung“ müssten „die richtigen Schlüsse gezogen“ werden, sagte der integrationspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, Hans-Christian Mick, in seiner Rede. Dabei müssten „die Ängste der Bevölkerung … ernst genommen werden.“

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Minarettverbot in der Schweiz
[youtube width=“250″ height=“165″]http://www.youtube.com/view_play_list?p=B33E387D2903B839[/youtube]Aktuelle Stunde: Die Fraktionen im Hessischen Landtag debattierten in der Aktuellen Stunde am 10. Dezember über Minarettverbot und Integrationspolitik.

Ähnlich wie sein Fraktionskollege, wies auch der innenpolitische Sprecher der CDU, Rolf Müller, darauf hin, dass das Ergebnis der Volksabstimmung in der Schweiz zeige, „dass viele Menschen offensichtlich viele Bedenken, Vorbehalte, sogar Ängste haben, wenn verschiedene Kulturen und Religionen aufeinander treffen. Diese Gefühle müssen wir ernst nehmen. Die Diskussion über das Verhältnis zum Islam in Europa muss deshalb offener werden“, so Müller.

Diese Ängste fänden beispielsweise in den Moscheen und den Minaretten ihre Symbole. Viele Menschen empfänden Minarette als Ausdruck von Bedrohung. Dabei gehe es „um die politische Seite des Islam“. Außerdem dürfe man, so Müller weiter, nicht vergessen, dass es „Anlässe für Gefühle von Bedrohung“ gebe. „Ist doch unbestritten, dass die Terroristen des 11. September 2001 aus einem islamistischen Umfeld gekommen sind“.

Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) sagte, dass man diesen Ängsten nur begegnen könne, wenn man offen und frei von Vorurteilen darüber reden könne. „Ist es klug, von einem schändlichen Ergebnis zu sprechen?“, fragte Hahn und verneinte zugleich: „Wir lösen doch Angst nicht damit, dass wir deren Ursachen tabuisieren“. Man müsse mit den Menschen reden. Das könne man nur, wenn man eine „vorurteilsfreie Debatte führt“. Und diese Debatte müsse ergebnisoffen geführt werden.

Glaubensfreiheit ist nicht verhandelbar
Der integrationspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Gerhard Merz, hingegen machte deutlich, dass der Versuch unzulässig sei, die Schweizer Volksabstimmung zu instrumentalisieren: „Die Frage der Konsequenzen aus dem Schweizer Volksentscheid mit einer Debatte über islamischen Terrorismus zu verbinden, ist einer konstruktiven Auseinandersetzung nicht förderlich.“

Ebenso unzulässig sei es, eine ‚ergebnisoffene‘ Diskussion zu fordern, wie dies Minister Hahn in der Debatte getan habe. „In der Frage der Aufhebung von Grundrechten durch Volksentscheid kann es keine ‚ergebnisoffene‘ Diskussion geben. Hier sind klare Worte dazu gefragt, welche Schranken für Mehrheitsentscheidungen es in einer rechtsstaatlichen Demokratie gibt“, so Merz.

An die die Feierlichkeiten zum 60 jährigen Grundgesetz erinnerte Mürvet Öztürk, die integrationspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion. Gemeinsam habe man immer wieder betont, wie umsichtig und weitsichtig die Väter und Mütter des Grundgesetzes waren, „dass sie das Grundgesetz geschaffen haben, wie sie es geschaffen haben.“ Das Grundgesetz gelte ohne Wenn und Aber und für alle in diesem Land lebende Menschen.

Dass Moscheen in Deutschland gebaut werden dürfen, sei also unbestritten. Man könne höchstens um die Frage des Wie und Wo streiten. Öztürk weiter: „Wir haben Verständnis dafür, wenn von der muslimischen Bevölkerung Hessens der Standort von Moscheen in Hinterhöfen, Industrie- oder Gewerbegebieten als unwürdig empfunden wird und sie repräsentative Moscheen in den Stadtzentren bauen wollen. Möchte man die Fragen des Wie erörtern, dann sind Fragen wie. z.B. nach dem städtebaulichen Einklang mit der Nachbarschaft, der Größe der Moschee und der Architektur durchaus legitim. Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen darf und soll stattfinden, doch Ziel sollte es sein, zu einer einvernehmlichen Lösung aller Beteiligten zu kommen.“

Desinteresse der CDU
Barbara Cardenas (Die Linke) hingegen bemängelte ein Desinteresse Seitens der Politiker. So würden CDU-Politiker beispielsweise wenig Interesse an den Heitmeyer-Studien zeigen, aus der hervorgehe, dass es eine „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in der deutschen Gesellschaft gibt“.

„Was ist zu tun?“, so Cardenas weiter. Die Politik müsse Ängste abbauen. Doch führte sie auf, wie beispielsweise der Hessische Ministerpräsident Roland Koch immer wieder Minderheiten für politische Zwecke instrumentalisiere. Auch habe Angela Merkel, „sieben Wochen“ gebraucht, „um Ihr Bedauern über den Tod von Marwa El-Sherbini auszudrücken“.