Türkische Presse Europa

14.10.2009 – Sarrazin, Bertrams, Integrationsministerium

Die Europaausgaben der türkischen Zeitungen berichten unter anderem, dass der Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin mit einem blauen Auge davongekommen ist. Sarrazin hatte in einem Interview Türken, Araber und sozial Schwache mit herabwürdigenden und zum Teil rassistischen Formulierungen bedacht. Weitgehender scheinen nun die islamfeindlichen Äußerungen des Verfassungsrichters Michael Bertrams zu sein. Er vergleicht den Islam mit dem Nationalsozialismus und fordet die Protestanten auf, eine klare Position gegen dem „Vormarsch des Islams“ zu beziehen. Weitere Themen sind die Koalitionsverhandlungen, Diskussionen um ein Integrationsministerium, EU-Beitritt der Türkei u.v.m.

„Betreibt die FAZ Hetze?“
Auf diese Weise titelt die heutige ZAMAN und kritisiert einen Bericht der FAZ, in der die Sauerland-Terroristen mit einer DITIB-Moschee in Verbindung gebracht werden. Darin heiße es, dass sich die Terroristen in einem Ortsverein der Gemeinschaft, die eng mit der staatlichen türkischen Religionsbehörde verbunden ist, kennengelernt hätten. Der Vorsitzende der hessischen DITIB, Fuat Kurt, sehe darin eine eindeutige Hetze und eine Instrumentalisierung der Sache für eigene Zwecke. Es entspreche nicht der Wahrheit.

Kolat fordert schulfreien Feiertag für das Ramadan- und Opferfest
Die TÜRKIYE, SABAH, HÜRRIYET und ZAMAN berichten über die Forderung des Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde Deutschland Kenan Kolat nach einem flächendeckenden schulfreien Feiertag am muslimischen Ramadan- und Opferfest. Dies sei ein Zeichen für Akzeptanz. Der Vorschlag werde allerdings vom Zentralrat der Muslime mit der Begründung, solch ein Feiertag sei nicht notwendig, abgelehnt.

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Weitere Kritik an Sarrazin
Der Stuttgarter SPD-Politiker Ergun Can habe einen Bericht der TÜRKIYE zufolge Thilo Sarrazin für seine volksverhetzenden Aussagen kritisiert. Sie zeugten davon, dass er keinen Respekt gegenüber anderen Volksgruppen habe. Er sei traurig darüber, dass dieser in seiner Partei sei, wünsche sich aber, dass er von der SPD wie auch von der Bundesbank, deren Ruf er auch befleckt habe, ausgeschlossen werde.

Grünen-Abgeordneter Mehmet Kilic habe ebenfalls Kritik an Sarrazin für seine türkenfeindlichen Aussagen geübt. Dass Berlin unter den Bundesländern die meisten Schulden hat, sei auf die Amtszeit Sarrazins als zuständiger Senator für Finanzen zurückzuführen. Er solle am besten sein Amt niederlegen und als Obst- und Gemüsehändler arbeiten.

Keine ausreichende Strafe für Sarrazin
Nach den rassistischen Äußerungen Thilo Sarrazins sei die Strafe der Bundesbank zu Milde ausgegangen, berichten HÜRRIYET und SABAH. Man habe ihm lediglich seine Zuständigkeit für den Bargeldverkehr entzogen. Die Erwartungen seien noch viel höher gewesen.

Vorsitzender des Verfassungsgerichts NRW vergleicht Islam mit Nationalsozialismus
Der Vorsitzende des Verfassungsgerichts in Nordrhein-Westfalen, Michael Bertrams, habe laut MILLIYET alle Protestanten in Deutschland dazu aufgerufen, sich der Öffnung gegenüber dem Islam in Deutschland genauso zu widersetzen, wie sich einige von ihnen vor 75 Jahren den Nazis und der Staatsgläubigkeit der „Deutschen Christen“ widersetzt hatten. Die Grundzüge dieser Religion seien nicht mit der deutschen Verfassung vereinbar. Ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen sei deshalb nicht ausreichend. Auch müsse jede muslimische Lehrerin und jeder muslimische Lehrer daran gehindert werden als Lehrperson zu arbeiten.

Deligöz: Zu wenig türkischstämmige Migranten in den Parlamenten
Grünen-Abgeordnete Ekin Deligöz habe gesagt, dass sowohl in den Landesparlamenten als auch in den Stadträten zu wenige türkischstämmige Migranten vertreten sind. Die Zeit sei schon längst gekommen, dass diejenigen, die seit 50 Jahren teilweise mehr für das Land getan haben als die eigenen Bürger und es mehr als manch anderer verinnerlichen und lieben, nun auch gleichberechtigt in den jeweiligen Parlamenten vertreten werden. (SABAH)

Bosbach (CDU) fordert schärfere Konsequenzen für Sprachweigerer
Vizevorsitzender der CDU-Fraktion Wolfgang Bosbach habe erklärt, dass Personen, die die Deutsche Sprache nicht beherrschen und sich weigern Sprachkurse zu besuchen, nicht ewig zu Lasten der Steuerzahler leben könnten. Wenn sie nicht jegliche Mühe aufwenden, um einen Arbeitsplatz zu finden, müsse man über härtere Konsequenzen und ggf. auch Strafen nachdenken. Diese könnten beispielsweise die Streichung der Sozialhilfen sein, heißt es in der MILLIYET, TÜRKIYE, SABAH und HÜRRIYET.

Tören (FDP): Ausländische Kriminelle sollen ausgewiesen werden
Der türkischstämmige FDP-Politiker und Anwalt Serkan Tören habe gesagt, dass Deutschland nichts mit kriminellen Ausländern anfangen kann und diese nicht benötige. Man solle sie am besten des Landes verweisen. Leider nehme die schwere Kriminalität unter ausländischen Jugendlichen immens zu.

Weiter habe Tören in seinen Aussagen die Einführung eines Islamunterrichts an deutschen Schulen begrüßt und sich für die Aufhebung des Kopftuchverbots an den Schulen ausgesprochen. Als Partei lege man sehr viel Wert auf die Bildung. Daher sei es auch wichtig, dass Migrantenkinder zweisprachig aufwachsen und man an erster Stelle die Muttersprache fördert, da dies den Zugang zu weiteren Sprachen erleichtere. Dank der FDP könne man sich sicher sein, dass Integrationsthemen in Deutschland nun an Bedeutung gewinnen werden, berichten MILLIYET, HÜRRIYET, SABAH und TÜRKIYE.

CSU sagt „Nein“ zum EU-Beitritt der Türkei
Berichten der SABAH, HÜRRIYET und TÜRKIYE zufolge hat der EU-Beitritt der Türkei bei den Koalitionsverhandlungen der CDU, CSU und FDP für Meinungsunterschiede gesorgt. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer beharre auf einen ausdrücklichen Hinweis im Regierungsvertrag auf die Ablehnung der Türkei in den Beitrittsverhandlungen in die Europäische Union. FDP-Chef Guido Westerwelle hingegen lehne eine solche klare Verneinung ab.

CDU stellt sich gegen die Einrichtung eines Ministeriums für Integration
Nach den Forderungen der FDP wie beispielsweise der Umstrukturierung des Hartz IV in Bürgergeld stoße auch der nächste Ansatz der Liberalen beim Koalitionspartner CDU/CSU auf Ablehnung. So seien die Christdemokraten dagegen, ein eigenständiges Ministerium für die Integration einzurichten. Grund dafür sei, dass die zuständigen Einrichtungen momentan ausreichend seien und man kein eigenständiges Ministerium benötige.

Die FDP sei der Meinung, dass man durch diesen Schritt die Bedeutung der Integrationsthemen nochmals hervorheben könne. Integration werde in dieser Legislaturperiode eine weitaus wichtigere Rolle spielen, der man sich intensiver zuwenden möchte. (ZAMAN)