Türkische Presse Europa

09.10.2009 – Sarrazin, Gesinnungstest, Interkulturelle Öffnung

Die Europaausgaben der türkischen Zeitungen berichten vornehmlich über die vielfältigen Rücktrittsforderungen an den Bundesvorstand Thilo Sarrazin, wegen seiner „eindeutig rassistischen Äußerungen“. Des Weiteren geht es um eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster, das den Gesinnungstest für Ausländer in NRW für verfassungswidrig erklärt. Weitere Themen sind die Interkulturelle Öffnung in den Kommunen, eine Studie des US-Instituts Pew über Religion und öffentliches Leben, Türkisch im Lehrplan u.v.m.

„Sarrazin hat sich eindeutig rassistisch geäußert“
Die türkischen Zeitungen berichten heute weiterhin über die abfälligen Äußerungen von Sarrazin über Türken und Araber und über die Rücktrittsforderungen. Die MILLIYET beschäftigt sich mit der Diskussion bei „Hart aber Fair“ auf ARD. Das Blatt kritisiert die Auswahl der Diskussionsteilnehmer und meint, dass die Diskussion nicht als fair bezeichnet werden könne. Matthias Matussek und Oswald Metzger hätten erklärt, dass in Deutschland diejenigen abgestraft werden, die die Wahrheit sagen. Auch Kristina Köhler von der CDU zähle zu den Unterstützern von Sarrazin und habe gemeint, dass die Vertreter von Migrantenverbänden aggressiv aufträten.

Die SABAH berichtet hingegen, dass die Zahl derjenigen, die seinen Rücktritt fordern, steigt; Sarrazin verweigere aber diesen Schritt. In der HÜRRIYET und MILLIYET sind unter anderem Stellungnahmen von Barbara John und Sevim Dagdelen zu lesen, die Sarrazin für nicht tragbar halten. Sarrazin habe sich eindeutig rassistische geäußert, so John. Der ZAMAN-Kolumnist Ayhan Kardas schreibt, dass Sarazzin die Ressentiments in der Gesellschaft bedient habe.

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Migranten sind Bürger zweiter Klasse
Die ZAMAN veröffentlicht ein Interview mit dem türkisch- und arabischstämmigen Strafrechtler Atalay Gümüsboga. Gümüsboga glaubt, dass Migranten in Deutschland Bürger zweiter Klasse sind. So würden etwa Migranten härter bestraft als Deutsche. Dieses Problem könne nur gelöst werden, so Gümüsboga, wenn Migranten in der Gesellschaft angesehene Berufe, wie Richter, Anwalt und Polizei ausüben.

Gericht stoppt Gesinnungstest für ausländische Studierende
Das Verwaltungsgericht Münster hat entschieden, dass der Gesinnungstest für Ausländer in Nordrhein-Westfalen rechtswidrig ist. Der Fragebogen, mit der ausländische Studenten und Wissenschaftler aus überwiegend muslimischen Ländern befragt wurden, muss vernichtet werden, berichten HÜRRIYET, MILLIYET und ZAMAN.

Interkulturelle Öffnung muss zur Chefsache gemacht werden
Bei der Suche nach neuen Mitarbeitern oder Auszubildenden werden Stadtverwaltung und kommunale Gesellschaften in Frankfurt künftig mehr auf Bewerber mit Zuwanderungshintergrund achten, berichtet die HÜRRIYET. Der Frankfurter Professor Stefan Gaitanides sagte am Mittwochabend in Offenbach, dass Interkulturelle Öffnung zur Chefsache gemacht werden muss. Die Migrantenkinder in der dritten Generation noch als Ausländer zu bezeichnen sei ferner antidemokratisch, so Gaitanides.

Jeder vierte Mensch ist Muslim
Einer Studie des US-Instituts Pew über Religion und öffentliches Leben zufolge ist jeder vierte Mensch Muslim; insgesamt 1,57 Milliarden Menschen gehörten dem Islam an, berichten ZAMAN und MILLIYET. In Deutschland, wo sich etwa vier Millionen Menschen zum Islam bekennen, leben fast so viele wie in ganz Nord- und Südamerika zusammen, berichtet die ZAMAN. Das Land mit der größten muslimischen Bevölkerung sei Indonesien, wo rund 203 Millionen Menschen muslimischen Glaubens leben. 98 Prozent der Bevölkerung in der Türkei sei muslimisch, so MILLIYET.

Türkisch als ordentliches Fach in Hamburg
In Hamburg ist Türkisch ab der vierten Klasse als ordentliches Fach in den Lehrplan aufgenommen worden, berichtet TÜRKIYE. Die Bürgerschaft beschloss am Mittwochabend mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen eine entsprechende Änderung des Schulgesetzes.

Herta Müller erhält den Literaturnobelpreis
Den Literaturnobelpreis des Jahres 2009 erhält die Berliner Autorin Herta Müller, berichtet die SABAH. Das Blatt ihren rumänischen Migrationshintergrund hervor und titelt: “Der Nobelpreis gehört der Migrantin Herta Müller.” Sie haben Rumänien verlassen, weil sie nicht für den Geheimdienst arbeiten wollte.