Nordrhein-Westfalen

Grünen fordern Abschaffung von Einbürgerungshindernissen

Die Grünen-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag macht Druck auf die Landesregierung, um über den Bundesrat die Einbürgerungshürden abzusenken. Begründet wird die Forderung mit sinkenden Einbürgerungszahlen. In Nordrhein-Westfalen sei die die Zahl der Einbürgerungen drastisch gesunken. Wurden im Jahr 2000 noch 65.743 Menschen eingebürgert, waren es 2008 nur noch 26.106.

„Die bundesweite Entwicklung ist ähnlich negativ. Ursache der sinkenden Zahlen sind immer höhere rechtliche Auflagen. Um mehr Einbürgerungen zu erreichen, genügen Informationskampagnen und Appelle nicht. Notwendig ist es, unnötige rechtliche Hürden bei der Einbürgerung abzubauen“, heißt es im Grünen-Antrag.

Daher fordern die Grünen die Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative zu starten, um den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland ohne Optionsmodell auszubauen und den Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit aufzuheben. Ferner soll die Anspruchseinbürgerung künftig nach 6 statt bisher 8 Jahren ermöglicht werden und die sprachlichen Anforderungen sollen auf die Überprüfung der mündlichen Verständigung reduziert werden. Schließlich sollen die Einbürgerungsgebühren gesenkt und der Einbürgerungstest durch verpflichtende kostenlose Staatsbürgerschaftsseminare ersetzt werden.

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Einbürgerung schafft Integration
In Nordrhein-Westfalen leben rund 1,8 Millionen Ausländerinnen und Ausländer. Ohne Einbürgerung bleibe dieser große Teil der Bevölkerung von staatsbürgerlichen Rechten wie dem Wahlrecht ausgeschlossen. Die Einbürgerung sei ein sichtbares Zeichen für die Identifikation mit der Bundesrepublik Deutschland. Sie sei ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Integration.

Die Grünen weiter: „Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts durch die rot-grüne Bundesregierung 1999 war ein riesiger gesellschaftspolitischer Fortschritt, mit dem das Recht an die elementaren Notwendigkeiten eines Einwanderungslandes angepasst wurde. Allerdings konnten die damaligen Reformpläne nicht vollständig umgesetzt werden, da seitens unionsregierter Bundesländer eine beispiellose national-konservative Kampagne gegen Erleichterungen bei den Einbürgerungen gestartet wurde. So konnte z.B. die regelmäßige Hinnahme von Mehrstaatigkeit (Doppelpass) nicht umgesetzt werden.“

Ohne jeden objektiven Grund werde daher nach wie vor von Einbürgerungswilligen verlangt, die Wurzeln zum Herkunftsland durch Rückgabe des Passes vollständig zu kappen. Statt der regelmäßigen Einbürgerung per Geburt sei ein so genannter Optionszwang eingeführt worden, „den es ansonsten in keinem Land der Erde gibt“. Er besage, dass sich Jugendliche mit der deutschen Staatsangehörigkeit per Geburt und einer weiteren über die ausländischen Eltern erworbenen Staatsangehörigkeit bei Erreichen der Volljährigkeit für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden müssen. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum junge Migranten diesem Entscheidungsdruck ausgesetzt werden. Er werde als negatives integrationspolitisches Signal wahrgenommen und solle abgeschafft werden.

Ebenso nicht nachvollziehbar und abschreckend seien die Einbürgerungsgebühren von 255 Euro pro Person, die gerade für Geringverdienende, junge Studierende, Auszubildende und Familien mit Kindern viel zu hoch seien.

Neue Einbürgerungshürden schrecken ab
„Seit 2005 hat die Große Koalition in Berlin mit Zustimmung der nordrhein-westfälischen Landesregierung im Bundesrat die Hürden für die Einbürgerung weiter erhöht. So wurde mit der Überarbeitung des Zuwanderungsgesetzes und den Anwendungshinweisen zum Staatsangehörigkeitsrecht der Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse erheblich verschärft. Besonders ältere Migrantinnen und Migranten, die schon seit 40 Jahren und mehr in Deutschland leben, aber nie die Möglichkeit und Unterstützung erhalten haben, die deutsche Sprache zu lernen, fühlen sich durch die vorausgesetzte Sprachbeherrschung abgeschreckt“, so die Grünen.

Die erste Zuwanderergeneration sollte aber nicht für die damals fehlenden Integrationsangebote der deutschen Gastarbeiterpolitik bestraft werden. Für die Einbürgerung müsse eine einfache Überprüfung der mündlichen Verständigungsfähigkeit ausreichen – wie vor der Verschärfung des Staatsangehörigkeitsrechtes.

Des Weiteren sei festzustellen, dass es zwar Sinn mache, dass Einbürgerungswillige in Integrationskursen Wissen über die deutsche Verfassung, das Land, ihre Geschichte und Kultur vermittelt bekommen. Gleichzeitig seien die dazugehörigen Wissenstests als Einbürgerungsvoraussetzung unnötig. Auch wenn die Tests in der Regel bestanden werden, sollte der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nicht vom Wissensstand abhängig gemacht werden.

Die sinkende Zahl der Einbürgerungen belege die abschreckende Wirkung solcher Maßnahmen. Durch immer mehr Einbürgerungshürden werde auch die Verfahrensdauer weiter verlängert. Hohe Kosten, lange zermürbende Verfahren und unzählige Tests und Überprüfungen seien alles andere als eine Einladung zur Einbürgerung. „So schafft man keine Willkommenskultur! Es ist dringend notwendig, wieder mehr Menschen für die Einbürgerung zu gewinnen. Dies schafft man nicht allein durch Informationskampagnen, vielmehr müssen unsinnige rechtliche Hürden bei der Einbürgerung beseitigt werden“, so die Grünen abschließend.