Schwarzarbeit

Migrantinnen als Plfegerinnen in Privathaushalten

Im Bereich der Pflege von Angehörigen, ihre Betreuung und Unterstützung sei ein neuer „irregulärer“ Arbeitssektor entstanden. In zunehmendem Maße würden solche Dienste derzeit von Migrantinnen in Privathaushalten in NRW und in Deutschland insgesamt geleistet. Diese Problematik trägt die Landtagsabgeordnete Barbara Steffens (Die Grünen) in einer Kleinen Anfrage vor und möchte von der nordrhein-westfälischen Landesregierung wissen, wie sie damit umgeht.

„Insbesondere die Pflege von Angehörigen, ihre Betreuung und Unterstützung kann vielfach nur noch durch ausländische, in aller Regel weibliche Arbeitskräfte, gesichert werden. Die Frauen stammen überwiegend aus Osteuropa und leisten als sogenannte „Live-Ins“ rund um die Uhr personen- und haushaltsnahe Dienstleistungen in Privathaushalten. In den überwiegenden Fällen verfügen die migrantischen Arbeitskräfte nicht über eine Arbeitserlaubnis. Sie haben damit keinen Arbeitsschutz und sind ebenso wenig sozialversichert“, so Steffens.

Begründet werde die steigende Nachfrage nach Migrantinnen in Haushalten mit Pflegebedürftigen meist mit der steigenden Erwerbsbeteiligung von Frauen und den damit verbundenen Rückgang an Pflegepersonen für die häusliche Pflege. Zudem sei für die meisten Pflegebedürftigen eine professionell durch einen Pflegedienst erbrachte „rund-um-die-Uhr“ Pflege und Begleitung kaum finanzierbar. Deshalb werde vielfach in der Einstellung einer osteuropäischen Haushaltshilfe die einzige Möglichkeit gesehen, auch weiterhin in der eigenen Wohnung leben und den Umzug in ein Pflegeheim vermeiden zu können. Kaum thematisiert werde dabei die gesellschaftliche Unterbewertung sowie Unterbezahlung dieser Arbeiten.

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Steffens weiter: „Exakte Zahlen darüber, wie viele Migrantinnen in deutschen Haushalten mit Pflegebedürftigen arbeiten, fehlen. Schätzungen schwanken zwischen 2,4 und 4 Millionen. Obgleich dieser „Markt“ in Deutschland weitgehend unreguliert ist, hat er sich doch mit zahlreichen Facetten und über multiple Netzwerke etabliert. Die Vermittlung erfolgt über Freundeskreise, die Nachbarschaft, Verwandte oder über das Internet.“

Mit Ausnahme des Programms der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit, das die Vermittlung von osteuropäischen Haushaltshilfen in Haushalte mit Pflegebedürftigen zulässt und mit dem eine dreijährige sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung in Deutschland ermöglicht wird, liege für den überwiegenden Teil der Arbeitsverhältnisse im Privathaushalt keine Arbeitserlaubnis vor. Diese Arbeitsverhältnisse seien in der Regel nicht vertraglich geregelt und sozial versichert. Viele der betroffenen Arbeitnehmerinnen würden auch nicht über ein Aufenthaltsrecht verfügen oder hätten dieses im Laufe der Zeit verloren.

Infobox: Viele pflegedürftige Menschen möchten in ihrer gewohnten Umgebung bleiben und nicht in ein Heim umziehen. Wenn die Versorgung rund um die Uhr nicht von Angehörigen gewährleistet werden kann, muss nach Alternativen gesucht werden. In Zeitungsanzeigen und im Internet bieten deutsche Agenturen die kostenpflichtige Vermittlung osteuropäischer Pflegekräfte in deutsche Haushalte an. Die Rechtslage für den Einsatz osteuropäischer Pflegekräfte in Deutschland ist sehr unübersichtlich. In der Praxis besteht immer die Gefahr, dass es zu Problemen mit den Zollbehörden oder dem Finanzamt kommt. Will man eine osteuropäische Pflegekraft beschäftigen, sollte man sich zunächst über die rechtlichen Grundlagen für eine Tätigkeit osteuropäischer Pflegekräfte in Deutschland informieren.

Die Broschüre „Hilfe rund um die Uhr – (l)egal durch wen?“ informiert über die wichtigsten Punkte bei der Beschäftigung von Pflegekräften aus Osteuropa: Meldepflicht, entsandte Pflegekräfte, Scheinselbständigkeit, Kosten und Finanzierung. Zudem werden das Vermittlungsverfahren und die Vermittlungsbedingungen bei osteuropäischen Haushaltshilfen ausführlich erläutert. Beispielsweise ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bürger aus osteuropäischen EU-Beitrittsstaaten zurzeit ausgesetzt. Diese benötigen daher stets eine Arbeitserlaubnis für die Aufnahme einer Beschäftigung in Deutschland. Anderenfalls liegt eine illegale Beschäftigung vor.

„Die betroffenen Migrantinnen sind also im doppelten Sinne illegalisiert. Die Frauen bewegen sich oft in einem isolierten und stark individualisierten Arbeitsalltag, der potenziell jederzeit zusammenbrechen kann. Dieser Arbeitsmarkt entzieht sich vollständig der der öffentlichen Kontrolle“, so die Grünen-Abgeordnete.

Vor diesem Hintergrund möchte sie von der Landesregierung unter anderem wissen, ob Informationen und Zahlen zur Problematik vorliegen, wie die Landesregierung die Lage bewertet und welche Maßnahmen sie bisher auf den Weg gebracht bzw. geplant hat.