Schalke Hymne

Der Prophet hätte gelächelt

Der Gelsenkirchener Traditionsklub Schalke 04 gerät wegen seines Vereinsliedes „Blau und Weiß wie lieb ich dich“ in die Kritik. In den letzten Tagen habe der Fußball-Bundesligist hunderte Protestbriefe und E-Mails erhalten, nachdem die türkischen Medien über das 1924 entstandene Lied nüchtern berichteten. Das Vereinslied enthalte in seiner ersten Fassung aus dem Jahr 1924 noch nicht die beanstandete Passage. Erst 1959 habe der Musiker Hans J. König eine neue Version gedichtet.

In der dritten Strophe der Hymne, die auch heute vor jedem Heimspiel von den Fans begeistert gesungen wird, heißt es: „Mohammed war ein Prophet, der vom Fußballspielen nichts versteht. Doch aus all der schönen Farbenpracht hat er sich das Blau und Weiße ausgedacht.“

Nachdem das Thema im Internet in diversen Foren hochgekocht wurde, seien bei der Geschäftsstelle in Gelsenkirchen nun wüste Beschimpfungen eingegangen, berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Vereinsfunktionäre. In hunderten Mails werde die Streichung der angeblich islamfeindlichen Passagen aus dem Vereinslied gefordert. „Ihr verdammten Hurensöhne werdet euer beschissenes Lied sofort ändern! Was hat unser Prophet mit eurem ungläubigen Lied zu tun? Löscht diesen Teil oder ihr müsst die Konsequenzen tragen.“ So in etwa klingen die massiven Drohungen einer angeblich aufgebrachten Internet-Community. Fromme Menschen bringen ihren Unmut freilich anders zur Sprache!

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Ja, es mag vielleicht sein, dass der eine oder andere diesen Vers geschmacklos findet. Und tatsächlich bleibt der Zusammenhang zwischen dem Propheten Mohammed und einem Fußballverein verschlossen. Auch weiß man nicht, wieso der Prophet die Farben Weiß und Blau ausgewählt haben soll. Doch die Reaktion um eine Zeile, die durchaus auch als Lobrede für den Propheten verstanden werden kann, macht sprachlos. Die in Brandbriefen gipfelnden Proteste überbieten sich in Taktlosigkeit und stellen die Muslime generell ins falsche Licht. Was machen wir falsch, dass unsere Jugend derartig ausschweift?

Die Frage stelle ich mir aber auch, wenn ich etwa die Stellungnahme von Aiman Mazyek, dem Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, lese. Er habe Verständnis für die Sorgen der muslimischen Community, „gerade nach dem schrecklichen Mordfall von Dresden“, habe er vorgebracht. „Eine dickere Kanone gegen Schalker Singvögel ist kaum vorstellbar“, kommentiert Tobias Kaufmann zutreffend. Der islamfeindliche Mord an eine muslimische Frau hat nun wirklich nichts mit dem Vereinslied des Reviervereins zu tun. Dadurch relativiert Mazyek nicht zuletzt den Mord in Dresden und zieht die ganzen Bemühungen um die Bewusstseinsbildung für die Islamophobie ins lächerliche.

Ich habe einen Imam bei der nächsten Moscheegemeinde nach seiner Meinung gefragt, der bis dato nichts von der weltlichen Diskussion mitbekommen hatte. Als ich ihm die Thematik auftrug, lachte er, schaute mich an und sagte, es sei ja gut, dass ein Stadion voll Menschen aus einem Munde ‚Mohammed war ein Prophet‘ singen; und dass er keine Ahnung von Fußball hatte, stimme schließlich auch: „Er war ja kein Fußballer“. Der Prophet hätte gelächelt, ist er sich sicher. Nur bei der Farbenauswahl schaut er nachdenklich und meint, dass der Prophet sich für die Farben von Werder Bremen entschieden hat – grün und weiß.