Soysal Urteil

Keine Visumsfreiheit für Türken

Die Grünen hatten im Zuge des sog. Soysal Urteils des Europäischen Gerichtshofs gefordert, die visumfreie Einreise türkischer Staatsangehöriger für Kurzaufenthalte zu ermöglichen. Dieser Antrag wurde im Innenausschuss mit den Stimmen der Union und SPD abgelehnt.

Mittwoch, 15.07.2009, 7:09 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 09.09.2010, 9:37 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Grünen hatte in ihrem Antrag (Drucksache 16/12437) dargelegt, dass aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 19. Februar 2009 in der Rechtssache C-228/06 („Soysal“) klar geworden sei, dass von vielen türkischen Staatsangehörigen kein Visum für die Einreise nach Deutschland verlangt werden dürfe, weil dies gegen das Assoziationsrecht verstoße. Daher sollte die Bundesregierung aufgefordert werden, die deutschen Auslandsvertretungen und Grenzbehörden dahingehend zu instruieren, türkischen Staatsangehörigen, die in Deutschland die Dienstleistungsfreiheit in Anspruch nehmen wollten, die visumfreie Einreise zu erlauben.

Die Grünen untermauerten ihre Forderung damit, dass man lediglich von Kurzaufenthalten spreche. Das Auswärtige Amt habe bereits die Visumfreiheit für eine ganze Reihe von Berufsgruppen, nicht nur für Lkw-Fahrer, angekündigt. Da die aktuellen Vorschriften klar im Widerspruch zum europäischen Recht stünden und die Grenzbeamten daher wissentlich rechtswidrig handeln müssten, sei eine schnelle Anpassung unerlässlich.

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Union und SPD gegen Visumfreiheit für Türken
Die CDU/CSU stimmte gegen den Antrag mit der Befürchtung, dass das Soysal-Urteil des Europäischen Gerichtshofes als Hebel für eine ungesteuerte Zuwanderung nach Deutschland genutzt werden könnte. Daher müsse das Urteil im engsten möglichen Rahmen umgesetzt werden, möglichst beschränkt auf Lkw-Fahrer. Eine überzogene Visumfreiheit habe sehr negative Folgen. Gerade für Speditionen drohe hier weitere Billigkonkurrenz. Das Bundesministerium des Innern solle eng mit dem Auswärtigen Amt zusammenarbeiten, um die Visastellen über eine entsprechende restriktive Auslegung zu instruieren.

Die SPD sah hingegen Schwächen im Antrag der Grünen, da darin insgesamt nicht klar genug auf dienstleistungsbezogene Kurzaufenthalte abgestellt werde. Andererseits teile man aber auch nicht Befürchtungen, dass nunmehr türkische Staatsangehörige in größerem Umfang versuchen könnten, sich als Lkw-Fahrer auszugeben, um in den Genuss der Visumfreiheit zu kommen. Eine mit Augenmaß an der europäischen Rechtslage orientierte Praxis werde keine Probleme aufwerfen. Im Ergebnis lehnte die SPD den Antrag jedoch ab.

Unterstützung der Linken bei Stimmenthaltung der FDP
Unterstützt wurde der Antrag von der FDP, die die Zielrichtung des Antrags, das Urteil des Gerichtshofes schnellstmöglich umzusetzen unterstütze. Allerdings hege man ebenfalls die Befürchtung, dass damit zu weitgehende Folgen verbunden sein könnten. Eine Einbeziehung auch der passiven Dienstleistungsfreiheit – etwa von Touristen etc. – halte man nicht für richtig. Daher enthielt sich die FDP.

Einzig befürwortet wurde der Antrag der Grünen von der Linksfraktion, die ebenfalls auf schleunige Umsetzung des Soysal-Urteils drängte. Ohnehin bleibe die Einreise zu längerfristigen Aufenthalten visumpflichtig. Soweit die Bundesregierung die Visumfreiheit für türkische Staatsangehörige nach dem Urteil restriktiv handhaben wolle, handele sie klar im Widerspruch zur Mehrheitsmeinung in der juristischen Literatur.

Der mitberatende Auswärtige Ausschuss, der Ausschuss für Tourismus sowie der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union lehnten den Antrag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD ebenfalls ab. Politik

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  1. Umut sagt:

    Somit werden die Deutschen mit Migrationshintergund genau wissen, welche zwei Parteien se wählen werden. Entweder die Grünen oder die Linke ! So einfach ist es, die Unterstützung der Deutschen mit Migrationshintergrund zu bekommen !
    Ich gehe fest davon aus, dass die Stimmen der SPD noch mehr schrumpfen werden und hoffe,dass sie irgend wann mal hinter die Linkspartei und den Grünen ankommen werden,damit sie ernsthaft über ihre Fehler nachdenken, die sie unter der Regierung CDU/SPD gemacht haben ! Sozialdemokraten können einfach keine Koalition mit Rechts-Orientierten Politikern bilden. Diesen Fehler hat aber die SPD gemacht und verbüßt jetzt die Strafe vom deutschen Volk !

  2. municipal sagt:

    @ Umut

    Sie als (vermutlich) Migrant mögen das so sehen, da Sie nur eine Partei wählen(wenn Sie dürfen),die (vermeintlich) Ihre Interessen/Forderungen durchsetzt. Sie sollten aber dabei bedenken, das diese Parteien vielleicht nur bei Ihnen Stimmen aquirieren wollen, und die Mehrheitsgesellschaft die Parteien wählt, die zunächst die Interessen der deutschen Staatsbürger vertritt.

    Wie eigentlich in jedem Land, oder ?

    • Umut sagt:

      @municipal

      : Ich bin deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund ! Zunächst die Interessen der deutschen Staatsbürger ! Also auch meine Interessen !

      Wie eigentlich in jedem Land , oder ?

  3. D. E. sagt:

    […]

    ist wohl offensichtlich das türkische mitbürger/innen es vorziehen alles in sich hineinzuschlucken und kein muckser zu machen. wo sind die türkisch-stämmigen politiker/innen geblieben, die kritik gegen schäuble und co. machen sollten. menschrechte hierzulande gilt wohl nicht mehr. die türkischen organisationen und vereine usw. in deutschland schweigen ebenso, sind hilflos und machtlos. und wie immer die türkischen politiker/innen in ankara drehen däumchen, weil die eu-mitgliedschaft und sonstige vereinbarungen für sie nicht von belang sind.

    […]
    gruss an alle
    saygilarimla hepinize
    yours sinc.

  4. Kosmopolit sagt:

    Mir wird schlecht.
    Dürfen die Deutschen über ihre hoheitsrechtlichen Fragen nicht mehr selbst bestimmen,
    oder muss das neuerdings auf türkischen Basaren ausgehandelt werden.
    Mir scheint, die BRD verkommt zusehends zu einer türkischen Provinz,
    nachdem unzählige Vereine auf deutschen Boden sich breit machen.
    Frage: Wäre so etwas in der Türkei möglich?

    • Frage: Wäre so etwas in der Türkei möglich?

      Natürlich! Wenn die Türkei EU-Mitglied wäre und ein Vertrag mit einem Drittstaat unterschrieben hätte, müsste sie sich dann auch vom EuGH sagen lassen, dass es sich an die Verträge zu halten hat. Aber Ihre Frage war ja rhetorischer Natur, nicht wahr? :)

      • GuntherG sagt:

        Ach so,
        dies gilt ja dann auch für Zypern???
        Aber das ist ja sicherlich wieder eine inner Türkische angelegenheit, oder wie darf ich denn diese Antwort verstehen?
        Oder hält sich die Türkei nur an die Urteile die in ihren Kram passt, um eine Islamisierung Europas voran zu treiben??
        Ich denke sehr viele in Europa und in Deutschland sehen dies so.

      • municipal sagt:

        @ Ekrem Senol

        Ist sie nicht. Wird sie (in ihrer derzeitigen Verfassung) nicht. Und will sie (wenn man die Bevölkerung befragt) auch nicht.

        Das Erdogan den EU Beitritt befördert (tut er das wirklich?) liegt einzig und alleine daran, das er mit dem EU-Druck das Militär schwächen kann, um dann seine Islamisierung „rechtsstaatlich“ vorantreiben kann.

        Heute morgen ein Bericht eines Reporters des Belgischen Fernsehens.

        Unter anderem in Istanbul, wo die zunehmende „Verschleierung“ von Frauen in der Öffentlichkeit immer sichtbarer wird. Er spricht mit Menschen, die hinter dem Laizismus stehen (interessanterweise sprich Erdogan heute immer öfter nur von Säkularismus), und man bringt ihn zu einem Unternehmer, der „islamische Kleidung/Mode“ für Frauen herstellt. Auf die Frage es Reporters warum er den Koptuch,Hiab und lange Mäntel für Frauen propagiert, kommt die Antwort, das sei Pflicht im Islam, und seine Aufgabe sei es dafür zu arbeiten das ALLE Frauen (auch in anderen Ländern) dem Gebot der Verhüllung folgen müßten.

        Schönen Dank auch.

  5. Prinz Eugen sagt:

    >>Soweit die Bundesregierung die Visumfreiheit für türkische Staatsangehörige nach dem Urteil restriktiv handhaben wolle, handele sie klar im Widerspruch zur Mehrheitsmeinung in der juristischen Literatur.<<

    So, so, die restriktiv gehandhabte Visumsfreiheit für Türken widerspricht also der ›Mehrheitsmeinung der juristischen Literatur‹ …

    Demnach widerspricht wiederum die ›Mehrheitsmeinung der juristischen Literatur‹ der Mehrheitsmeinung der Bevölkerungsmehrheit.

    Keine Visumsfreiheit für Türken – danke für die gute Nachricht!

    • Demnach widerspricht wiederum die ›Mehrheitsmeinung der juristischen Literatur‹ der Mehrheitsmeinung der Bevölkerungsmehrheit.

      Deutschland ist nicht nur eine Demokratie, sondern auch ein Rechtsstaat ;)

      • Sugus sagt:

        Einen Staat, der immer wieder gegen die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung handelt (Euro, Lissabon-Vertrag, etc), kann man mit der Zeit nicht mehr als Rechtsstaat betrachten…

  6. Pingback: Keine Visumfreiheit für Türken « Politically Correct

  7. Krause sagt:

    „ist wohl offensichtlich das türkische mitbürger/innen es vorziehen alles in sich hineinzuschlucken und kein muckser zu machen. wo sind die türkisch-stämmigen politiker/innen geblieben, die kritik gegen schäuble und co. machen sollten. menschrechte hierzulande gilt wohl nicht mehr. die türkischen organisationen und vereine usw. in deutschland schweigen ebenso, sind hilflos und machtlos“

    Also da muß ich Herrn Kolat, den ich nicht schätze, aber in Schutz nehmen. Also die TGD beschwert sich und kritisiert alles möglich bei jeder Gelegenheit. Nur, kann dies in Berlin niemand mehr hören. Laut Faz meinte neulich sogar ein Grüner Vereinszweck der TGD sei das Jammern. Deutschland ist nun einmal eine Demokratie und sie können sicher sein, dass die BReg für ihre Politik die Mehrheit der Deutschen hinter sich weiß. Eine andere Frage ist jedoch inwieweit hier rechtswidrig gehandelt wird.

    • D. E. sagt:

      es ist schon lustig wie eine kleine elitere gruppierung von eingedeutschten diplomierten türkisch-stämmige sich überschätzt haben und doch sind sie längst von der harten realität eingeholt worden. beim böhmer u. co. haben sie bereits klein beigegeben, rest folgt demnächst. die tgd/att und deren vorstand haben in den türkischen medien in deutschland zuviele zusagen gemacht, die sie längst nicht mehr einhalten können. das die tdg/att mit kräftiger unterstützung der hürriyet-almanya als kostenlose werbeplattform für die spd benutzt wird, sollte mittlerweile jedem aufgefallen sein. die spd dankte prompt mit „Keine Visumfreiheit für Türken“ und ähnlichen usw.!

  8. emire sagt:

    Wozu sich mit Verträgen abgeben,es will sich keiner daran halten…

    Ich wünsche das sich dieser Staat eines tages an die Wand fährt,ein Stück werde ich bei der nächsten Wahl etwas dazu beitragen….

  9. gegenspiegel sagt:

    Nachdem das Asylrecht und der Familiennachzug insbesondere von Türken in hohem Maßpe mißbraucht wurde, kann ich die Entscheidung der CDU und SPD nicht nur gut verstehen, sondern finde sie zwingend.
    Wie würden die Kritiker hier denn denken, wenn all das, was in Deutschland an Mißbrauch – auch im sozialen System – in ihren Herkunftsländern passierte?

    • Non-EU-Alien sagt:

      Wieso kategorisieren Sie Familiennachzug als Missbrauch?

      Sie scheinen das Grundgesetz nicht zu kennen… Wahrscheinlich hätten Sie es auch nicht leicht bei einem Einbürgerungstest… ;)

      • Sugus sagt:

        Wo bitte steht im Grundgesetz etwas vom Familiennachzug???

        • delice sagt:

          Da steht zumindest nicht drin, dass Familen getrennt zu leben haben!

          Ein Jahr Trennung in derEhe bedeutet einen Scheidungsgrund, lt BGB!

          Oder wollen Sie gerne getrennt von Ihrer Frau und ihren Kindern leben?

      • gegenspiegel sagt:

        Mit Mißbrauch von Familiennachzug meine ich z.B. : Einer jungen Türkin, die 15 Jahre alt ist per „Vitamin B“ einen Ausweis ausstellen zu lassen, in dem ihr Alter 18 ist und sie per Heirat nach Deutschland zu holen. (s. auch „Die gekaufte Braut“ von […] Necla Kelek)

        Eine unerträgliche Einwanderung in unsere Sozialsysteme hat stattgefunden, und dass, obwohl diese Menschen zumeist das Land hier „Scheiße“ finden oder keine Meinung haben, sich auch nicht für unsere Kultur interessieren, nicht einmal deutsch lernen wollen/können. Das nennen Grüne und linke „kulturelle Bereicherung“ [..]

  10. Hans Schneter sagt:

    @gegenspiegel

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