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Die Europäische Flagge © fdecomite auf flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

EU-Asylsystem

Österreich will Deutschland bei Asylrecht überzeugen

Lange Monate hatte sich Horst Seehofer in Brüssel als Innenminister nicht blicken lassen, kurz vor Weihnachten wollte er aber beim Treffen mit seinen Kollegen dabei sein: "Ich komme immer dann, wenn Wichtiges ansteht", sagte er zur Begründung. Von Phillipp Saure

Von Phillipp Saure Freitag, 07.12.2018, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 11.12.2018, 23:26 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

In Brüssel haben die EU-Innenminister auf der letzten Sitzung unter Österreichs Vorsitz um die Reform des europäischen Asylsystems gerungen. Der Wiener Ressortchef Herbert Kickl (FPÖ) kündigte am Donnerstag an, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) von seinem Ansatz in der Frage der Flüchtlings-Verteilung überzeugen zu wollen. Unterdessen erklärte sich Seehofer zu einer Öffnung des Reformpakets bereit, wodurch die Verteilungsfrage vorerst beiseite geschoben werden könnte.

Österreich hat noch bis Jahresende den EU-Ratsvorsitz inne. In dieser Rolle werden von dem Land Initiativen und Führung verlangt. In der Asylpolitik hat sich Wien, wo die konservative ÖVP unter Kanzler Sebastian Kurz mit der rechten FPÖ regiert, einen „Paradigmenwechsel“ auf die Fahnen geschrieben. Demnach sollte das Hauptaugenmerk auf der Verringerung der Migration bis an Europas Grenzen liegen. Dadurch würde der große Streit um Verteilung von Menschen innerhalb Europas – also der Streit um das Dublin-System – entschärft, so die Idee.

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Vor diesem Hintergrund kündigte Kickl nun einen neuen Kompromissvorschlag an. Dieser ziele auf „maßgeschneiderte Lösungen“, da es zum Beispiel in Spanien anders aussehe als in Italien oder auf dem Balkan. Die Lösungen sollten jeweils eine interne, eine externe und eine Grenzschutz-Komponenten haben, erklärte der österreichische Innenminister.

Streit um Solidarität

Kickl verlangte im selben Atemzug, den „Solidaritätsbegriff“ auszuweiten. Solidarität heißt in der EU-Diskussion, dass alle Mitgliedstaaten sich an den Lasten der Flüchtlingssituation beteiligen. Streitig dabei ist, ob jedes Land Menschen aufnehmen soll, also zum Beispiel Ungarn den Italienern Flüchtlinge abnehmen müsste. Eine Ausweitung des Solidaritätsbegriffs meint, dass sich einzelne Länder durch andere Leistungen wie Geld oder Grenzschützer davon freikaufen könnten.

Auf dem EU-Gipfel im Oktober erteilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einer solchen Ausweitung noch eine Absage. Mit Blick auf Innenminister Seehofer sagte Kickl am Donnerstag: „Ich werde ihn versuchen davon zu überzeugen, dass unser Ansatz derjenige ist, der der nachhaltige ist, der der ganzheitliche ist“, und der daher auch Brücken zwischen verschiedenen Lagern und Positionen in Europa bauen könne.

Seehofer für europäische Asylpolitik

Seehofer selbst sagte, man könne „die Solidarität auch mit unterschiedlichen Maßnahmen einbringen – war immer meine Meinung“. Gleichzeitig signalisierte er Bereitschaft, besonders strittige Punkte der Asylrechtsreform – wie es die Verteilung ist – von den übrigen Punkten abzutrennen. Es wäre zwar die beste Lösung, wenn „es insgesamt zu einer gemeinsamen europäischen Asylpolitik kommen würde“. Sei dies aber unmöglich, „dann muss man in der Tat darüber reden, ob man das Asylpaket öffnen kann“.

Die 2016 auf den Weg gebrachte Reform besteht aus sieben Gesetzesvorschlägen. Darin geht es zum Beispiel um die Unterbringungsbedingungen für Flüchtlinge, eine Fingerabdruckdatei und die Asylbehörde EASO. Bei der Mehrzahl der Gesetze gibt es Aussicht auf einen Abschluss.

Grenzschutzagentur Frontex Thema in Brüssel

Neben der Reform des Asylsystems ist auch die Stärkung der Grenzschutzagentur Frontex Thema in Brüssel. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, bis 2020 ein stehendes Korps von 10.000 Bediensteten aufzubauen. Er halte die Anzahl für nötig, sagte Seehofer. Allerdings müsse diskutiert werden, wie viele Stellen bis 2020 realistisch seien. Dagegen urteilte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos, ein Aufbau von 10.000 Grenzschützern bis 2020 hänge vom politischen Willen ab.

Auch der UN-Migrationspakt kam zur Sprache. Avramopoulos wiederholte seine Haltung, wer den Pakt nicht unterstütze, habe ihn wohl nicht gelesen, die EU müsse mit einer Stimme sprechen. Seehofer sagte, der Migrationspakt sei im deutschen Interesse, alle 23 Ziele seien auch Gegenstand seines nationalen Masterplans für Migration. Kickl bekräftigte Österreichs Ablehnung – er als Innenminister werde keinen Schritt unternehmen, der die Sicherheit in seinem Land gefährde. (epd/mig) Aktuell Ausland

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