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Islam-Unterricht ohne Religionsgemeinschaft

Hessens Kultusminister Lorz lässt die Zusammenarbeit mit der islamischen Religionsgemeinschaft Ditib prüfen. Mit oder ohne Ditib will er am Islam-Unterricht festhalten. Experten kritisieren das Vorhaben.

Von Gerhard Kneier Montag, 12.08.2019, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 13.08.2019, 17:44 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) will unabhängig von einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem türkischen Ditib-Verband auf jeden Fall weiter Islam-Unterricht an hessischen Schulen anbieten. Im Gespräch mit dem „Evangelischen Pressedienst“ sagte Lorz in Wiesbaden, er wolle „Schüler muslimischen Glaubens nicht ohne Angebot lassen“. Dass die Entscheidung über eine weitere Kooperation mit Ditib erst bis zum Jahresende fällt, begründete er mit der notwendigen sorgfältigen Prüfung um sicherzustellen, dass sie auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalte.

Es handele sich ja „um eine komplexe juristische Fragestellung“. Der bekenntnisorientierte Religionsunterricht mit Ditib als Partner werde schon seit dem Schuljahr 2013/14 angeboten. „Da braucht man schon gewichtige Gründe um zu sagen: Das beenden wir jetzt“, fügte Lorz hinzu. Das Land wolle in einem etwaigen Gerichtsverfahren nicht unterliegen. Deshalb müsse eine Entscheidung, gleich wie sie ausfällt, so gut wie möglich abgesichert sein. Das Kultusministerium hatte Zweifel an der erforderlichen Unabhängigkeit der Ditib vom türkischen Staat geäußert und weitere Unterlagen von der türkisch-islamischen Union angefordert.

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Gutachter eingeschaltet

Nach Angaben von Lorz hat Ditib inzwischen auch wie verlangt Mitgliederlisten vorgelegt. „Es war ein ganzes Paket an Unterlagen, das uns erreicht hat. Und das muss jetzt eben sorgsam geprüft werden“, fügte der Minister hinzu. Es gehe jetzt darum, ob die Voraussetzungen damit erfüllt seien oder weitere Unterlagen nachgefordert werden müssten. „Genau in dieser Prüfungsphase befinden wir uns jetzt“, betonte Lorz. Auch die vom Land eingeschalteten Gutachter sollten vor einer endgültigen Entscheidung noch einmal konsultiert werden.

Lorz erklärte, der im neuen Schuljahr für die siebten Klassen eingeführte Islamunterricht in rein staatlicher Regie ohne Ditib mit zunächst 144 Schülern könne gegebenenfalls relativ schnell auch auf die ersten bis sechsten Klassen übertragen werden. Dies sei dann aber kein bekenntnisorientierter Religionsunterricht mehr im Sinne des Grundgesetzes. Stattdessen nähere sich dieser Unterricht dem Islam aus einer anderen Perspektive, „nicht auf Grundlage des Glaubensbekenntnisses, sondern in einer wissenschaftlichen Betrachtung. Das ist eine fundamental andere Herangehensweise“, sagte Lorz.

Experten kritisieren Land

Wenn sich dieser Unterricht in den siebten Klassen als erfolgreich erweise und die Curricula sich bewährten, sei eine Übertragung auf die anderen Klassen nicht schwierig. Die vom Land und nicht von Ditib ausgebildeten und angestellten Lehrkräfte stünden ja zur Verfügung. Wenn sie sich auch zur Erteilung des nicht bekenntnisorientierten Unterrichts bereiterklärten, erhielten sie noch eine Zusatzqualifikation. Dann müsste dieser staatliche Unterricht nur noch vom derzeitigen Schulversuch der siebten Klassen in ein ordentliches Lehrfach überführt werden.

Das Vorhaben in Hessen steht auf verfassungsrechtlich dünnem Eis. Experten kritisieren, dass der Staat keinen Religionsunterricht anbieten darf. Hier werde der islamische Religionsunterricht lediglich umbenannt und mit den gleichen Lehrern fortgeführt. Das werde dem Anspruch muslimischer Kinder nach Religionsunterricht nicht gerecht. (epd/mig) Aktuell Panorama

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