Frage

Wer ist eigentlich der Eritreer, von dem alle schreiben?

Der Täter von Wächtersbach, Roland K, ist inzwischen bundesweit bekannt. Wir kennen seine Gesinnung, sein Hobby, ja sogar seine Stammkneipe. Menschen, die ihn kennen, werden interviewt, erzählen über ihn. Und wer ist der Eritreer, von dem alle schreiben?

Gleich passiert was! Ein mediales Feuerwerk aus Antifaschismus und Solidarität mit Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe zu Zielen rechter Gewalt werden. Man kann sich noch ein Brot machen, dann aber schnell zurück vor den Fernseher. Nebenbei twitter und Facebook. Gleich bäumt sich Deutschland in all seiner Vielfalt gegen rechte Gewalt auf. Ok., ne Cola noch schnell aus dem Kühlschrank. Aber flott. Gleich geht es los!

In Wächtersbach wurde aus einem fahrenden Auto auf einen Menschen geschossen. Von einem Rassisten, einem Sportschützen, der nach Polizeiangaben sechs Waffen besaß. Er prahlte mit seinem Vorhaben, jemanden zu erschießen in der Dorfkneipe. Nach der Tat kam er zurück in die Kneipe, um davon zu erzählen.

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Der Nachbar sagt der „Hessenschau“ später: „Im Schützenverein war er. Er hat Waffen daheim gehabt. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, dass es irgendwann einmal so kommt.“ Der Wirt berichtet, vor der Tat sei der Mann da gewesen und habe „ganz normal seine zwei, drei Bier getrunken“. Im WDR berichtet man vom Fund einer Gürtelschnalle mit Hakenkreuz bei dem Täter – offenbar ist noch Evidenz für seine Gesinnung notwendig, denn Mord aus rassistischen Motiven kam in Deutschland ja seit `45 nicht mehr vor.

Gleich kommen „Breaking News“, dann ein „Tagesthemen-Spezial“. Sie werden sicher sagen, dass Deutschland ein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus hat, kein individuelles. Man wird Gerüchte ausräumen, der Schütze sei Polizist gewesen, weil man anerkennt, dass das eine Plausibilität ist. Das weiß man doch inzwischen. Und man wird bei dem Opfer von einem Geflüchteten oder von einer Person sprechen, nicht von einem Flüchtling – um das Diminutiv zu vermeiden.

Etzad, wie wir Schwaben sagen, schaun `mer mal:

Das Boulevardblatt „Bild“ macht mit einer möglichen Verbindung der Tat mit den Verbrechen von Andres Breivik vom 22. Juli 2011 einen Aufschlag. Von Roland K., dem Schützen von Wächtersbach war wohl kein Foto verfügbar, dafür blickt Breivik nun aus düsteren Augen in die Gesichter der angstlustigen Leserschaft.

Die „Hessenschau“ titelt geschickt: „Mutmaßlicher Rassist stirbt nach Schüssen auf Eritreer“ und macht damit klar, wer in dieser Geschichte wirklich von Interesse ist. Dem „Focus“ wollen wir in Güte den Versuch unterstellen, die Banalität des Bösen herauszuarbeiten, wenn er schreibt: „Ein rechtsextremer Hintergrund des Täters könne dagegen nicht bestätigt werden. Der mutmaßliche Schütze habe offenbar gezielt nach einem Opfer gesucht. Der 26-Jährige sei offenbar ein Zufallsopfer gewesen.“

Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sagt ein Mann aus einem Nachbarort von Wächtersbach: „So was passiere doch täglich. Und überhaupt: Die Aufregung sei völlig übertrieben, der Eritreer lebe ja noch. Hier, in seiner Stammkneipe, soll der mutmaßliche Schütze die Tat angekündigt haben. Mit dem habe man ‚ganz normal reden können‘, sagt einer.“

Am 23.07. demonstrieren 400 tapfere Menschen am Ort gegen Rassismus. Manches Plakat behauptet, Rassismus habe dort keinen Platz – obwohl das Blut am Tatort noch sichtbar ist. Das ist vielleicht der Kern des Problems.

Wer der Eritreer war, von dem alle schreiben? Keine Ahnung! Er soll 26 Jahre alt sein – und schwarz!