Leitkultur-Paragraph

Kritik an geplanten Verschärfungen im Staatsangehörigkeitsrecht

In Zukunft soll nur noch eingebürgert werden, wer sich in deutsche Lebensverhältnisse eingeordnet hat. Was damit konkret gemeint ist, ist unklar. Das und weitere geplante Verschärfungen im Staatsangehörigkeitsrecht stoßen bei Verbänden und Experten auf Kritik.

Die Pläne der Bundesregierung, das Staatsangehörigkeitsrecht zu verschärfen, stößt beim Verband binationaler Familien und Partnerschaften auf Kritik. Der Verband fordert die Parlamentarier auf, der Verschärfung nicht zuzustimmen. Über das Gesetz wird am Mittwoch im Bundestag abgestimmt.

„Der Zugang zur Staatsangehörigkeit ist ein Rechtsanspruch, der nach langen Auseinandersetzungen eingeführt wurde und nun ohne Not aus fadenscheinigen sicherheits- und migrationspolitischen Erwägungen eingeschränkt werden soll“, kritisiert Hiltrud Stöcker-Zafari, Geschäftsführerin des Verbandes.

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Zu den bisherigen Anforderungen an eine Einbürgerung soll eine weitere hinzukommen: „die Einordnung in deutsche Lebensverhältnisse“. Außerdem soll der Entzug der Staatsangehörigkeit vereinfacht werden. Zudem wird die „Einbürgerung auf Bewährung“ von 5 auf 10 Jahre verlängert.

Willkür-Paragraph

„Diese „deutschen Lebensverhältnisse“ können nicht konkretisiert werden und öffnen Willkür Tür und Tor“, führt Stöcker-Zafari weiter aus.

Ähnlich sieht es ein Bündnis aus Wissenschaftlern, Wohlfahrtsverbänden und Migrantenorganisationen. In einem öffentlichen Aufruf kritisiert das Bündnis die Schwammigkeit dieser Passage. „Durch diesen willkürlichen Leitkultur-Paragraphen wird den Behörden ein Spielraum bei der Einbürgerung eingeräumt, der das Staatsangehörigkeitsrecht in die achtziger Jahre zurückkatapultiert“, heißt es in dem Aufruf. So würden bestimmte Gruppen von Deutschen zu Staatsangehörigen zweiter Klasse und zu Staatsbürger auf Widerruf.

Falsches Signal

Die erneute Verschärfung ist nach Überzeugung von Stöcker-Zafari das falsche Signal an alle, die sich einbürgern und sich hier mit ihren Familien in Deutschland zugehörig fühlen wollen. „Dieses Zugehörigkeitsverhältnis ist der Kern der Staatsangehörigkeit und gilt für alle Deutschen gleichermaßen. In einem Einwanderungsland müsse Staatsangehörigkeit eine Möglichkeit der Integration sein und nicht eine der Ausgrenzung. Deutschland sollte um neue Bürger und ihre Familien werben. Eine Einladung, Deutsche zu werden sähe jedenfalls anders aus.

„Auch wenn im Herbst Landtagswahlen bevorstehen, die Angst vor Stimmverlusten sollte nicht zu solch populistischen Maßnahmen führen“, so Stöcker-Zafari abschließend. (mig)