Lößnitz in Sachsen

Glocke mit „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ läutet heute noch

In der sächsischen Stadt Lößnitz läuten offenbar bis heute Kirchenglocken mit Nazi-Symbolik. Die Stadt wisse um die Brisanz der Innschriften, mache es aber bewusst nicht öffentlich. In einem der Glücken stehe: „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“.

Auch an einer sächsischen Kirche läuten offenbar seit Jahrzehnten Glocken mit Nazi-Symbolik. Wie die mitteldeutsche Kirchenzeitung „Glaube + Heimat“ in ihrer aktuellen Ausgabe (21. April) berichtet, huldigen die Inschriften des Glockenspiels im Kirchturm von St. Johannis im erzgebirgischen Lößnitz der NS-Zeit. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens hatte der Zeitung zufolge darauf verwiesen, dass es nach ihrer Kenntnis keine Nazi-Glocken auf sächsischen Kirchtürmen gebe.

Ursprünglich war das Glockenspiel für den Rathausturm vorgesehen. Es wurde aber aus statischen Gründen im Turm der evangelischen Kirche St. Johannis montiert, heißt es auf der Internetseite der Stadt Lößnitz (Erzgebirgskreis). Eigentümerin der 23 Glocken ist die Stadt, gepflegt werden sie von einem Verein. Weder auf den Internetseiten der Kirchgemeinde, des Vereins Lößnitzer Bronzeglocken, noch der Stadt wird über die prekären Inschriften informiert.

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Der Sprecher der sächsischen Landeskirche, Matthias Oelke, sagte dem „Evangelischen Pressedienst“, es sei bekannt, dass das Glockenspiel 1939 im Kirchturm montiert wurde. „Welche Glocken welche Inschriften haben, wissen wir nicht“, sagte Oelke. Das Glockenspiel befinde sich im Eigentum der Stadt. Es liege räumlich getrennt in der Turmlaterne und sei schwer einsehbar.

„Ein Volk“, „Ein Reich“, „Ein Führer“

Der Wochenzeitung „Glaube + Heimat“ zufolge soll die Apoldaer Glockengießerei Schilling 1938/39 für ein Glockenspiel in Lößnitz insgesamt 23 Bronzeglocken geliefert haben. Diese Glocken enthalten den Angaben zufolge unter anderen folgende Inschriften wie „Ein Volk“, „Ein Reich“, „Ein Führer“. Zudem soll der Schriftzug „Im Jahr 1938, als unter Adolf Hitlers Führung Österreich die Ostmark Großdeutschlands wurde und Sudentenland heimkehrte ins Reich, gegossen von Franz Schilling Söhne, Apolda“ sowie ein Hitler-Zitat aufgebracht worden sein.

Die Kirchenzeitung zitiert den Lößnitzer Stadtarchivar Matthias Rockstroh mit der Aussage, dass die Inschriften der Stadt bekannt seien, das Thema aber bewusst nicht öffentlich gemacht werde. Das Glockenspiel sei für Besucher nicht sichtbar und bei Fotoaufnahmen werde darauf geachtet, dass die verfängliche Glockenzier nicht sichtbar sei, hieß es. Das Jubiläum des Pfingsten 1939 geweihten Glockenspiels wolle die Erzgebirgsstadt in diesem Jahr im September zum „Tag des offenen Denkmals“ begehen. (epd/mig)