Erneut keine Mehrheit

AfD-Fraktion stellt auch weiterhin keinen Bundestags-Vizepräsidenten

Zum dritten Mal stellte sich die hessische AfD-Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel im Bundestag für das Amt des Vizepräsidenten zur Wahl. Sie scheiterte noch deutlicher als beim zweiten Mal. Ablehnung kam überwiegend aus der Linksfraktion, von der SPD und den Grünen.

Die AfD-Kandidatin Mariana Harder-Kühnel ist auch im dritten Anlauf bei der Wahl zur Vizepräsidentin des Bundestages durchgefallen. Sie erhielt am Donnerstag im Parlament in Berlin nur 199 von 665 abgegebenen Stimmen. 423 Abgeordnete stimmten mit Nein, 43 Parlamentarier enthielten sich der Stimme. Die AfD-Fraktion selbst hat 92 Abgeordnete.

Harder-Kühnel erhielt damit noch weniger Stimmen als im zweiten Wahlgang im Dezember vorigen Jahres. Damals hatten 241 Abgeordnete für sie gestimmt. Im dritten Wahlgang hätte sie nur die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen müssen. In den ersten beiden Wahlgängen muss hingegen die Mehrheit aller Abgeordneten des Bundestages zustimmen, damit der Kandidat oder die Kandidatin gewählt ist (355 Stimmen).

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Geheime Wahl

Für das Bundestagspräsidium wird in geheimer Wahl abgestimmt. Der AfD steht nach der Geschäftsordnung des Bundestages ein Stellvertreterposten zu. Ihre Kandidaten konnten die anderen Fraktionen aber bisher nicht überzeugen. Nach der gescheiterten Wahl beantragte die AfD-Fraktion eine Sitzungsunterbrechung für eine Fraktionssitzung. Diese wurde abgelehnt, woraufhin die Fraktion das Plenum geschlossen verließ. Der AfD-Abgeordnete Armin-Paulus Hampel erklärte zum Scheitern Harder-Kühnels, „dass die Antidemokraten im Bundestag die Mehrheit bilden, ist ein Zustand, den die AfD mit aller Konsequenz bekämpfen wird“.

Die 44-jährige Harder-Kühnel ist eine der Schriftführerinnen im Bundestag. Die erneute Kandidatur der Juristin war der insgesamt sechste Anlauf der AfD für das Präsidium des Bundestags. Harder-Kühnel fiel ein erstes Mal Ende November und zum zweiten Mal im Dezember 2018 bei der Wahl für das Präsidium durch. Zunächst war der hessische Abgeordnete Albrecht Glaser dreimal für das der AfD zustehende Amt des Vizepräsidenten angetreten, hatte jeweils aber nicht die erforderliche Mehrheit erhalten.

Mehrfach „grenzüberschreitendes Verhalten“

In dem Wahlverhalten der übrigen Fraktionen dürften sich auch die Erfahrungen mit der AfD im Parlamentsalltag widerspiegeln. Die niedersächsische SPD-Abgeordnete Daniela de Ridder nannte dem „Evangelischen Pressedienst“ nach dem erneuten Scheitern Harder-Kühnels mehrere Gründe, warum sie die AfD-Kandidatin nicht gewählt habe. Harder-Kühnel habe sich nicht von den frauenfeindlichen Positionen ihrer Partei distanziert, sagte de Ridder. Sie kritisierte zudem das Verhalten einzelner AfD-Abgeordneter im Umgang mit anderen politischen Meinungen. Sie selbst habe mehrfach „grenzüberschreitendes Verhalten“ erlebt, sagte de Ridder.

Auch vor dem Wahlgang hatten sich etliche Abgeordnete zu ihrer Stimmabgabe geäußert. Die Fraktionsvorsitzenden der Union, Ralph Brinkhaus (CDU), und der FDP, Christian Lindner, hatten erklärt, sie würden für Harder-Kühnel stimmen, ebenso wie der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor. Er erwarte im Gegenzug von der AfD, dass sie sich ihrerseits an demokratische Spielregeln halte, sagte Amthor.

Ablehnung überwiegend von Linke, SPD und Grünen

Ablehnung kam überwiegend aus der Linksfraktion, von der SPD und den Grünen. Die Parteivorsitzende der Linken, Katja Kipping, sagte, die Kandidatin einer Partei, die den Nationalsozialismus verharmlose, sei für die Linke nicht wählbar. Ähnlich hatte sich der Grüne Cem Özdemir auf Twitter geäußert. Der SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs sagte vor dem Wahlgang, er wähle „keine Rechtsradikalen“.

Dem Präsidium des Bundestags gehören sechs Mitglieder an. Bundestagspräsident ist Wolfgang Schäuble (CDU). Seine Stellvertreterinnen und Stellvertreter sind Hans-Peter Friedrich (CSU), Thomas Oppermann (SPD), Wolfgang Kubicki (FDP), Petra Pau (Linke) und Claudia Roth (Grüne). (epd/mig)