NSU 2.0

Politologe fordert Aufklärung, Türkische Gemeinde fordert Konsequenzen

Politikwissenschaftler Hajo Funke fordert eine rasche Aufklärung des Frankfurter „NSU 2.0“-Polizeiskandals. Die Türkische Gemeinde fordert Konsequenzen. Das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden sei erschüttert.

Der Politikwissenschaftler Hajo Funke hat eine rasche Aufklärung des Frankfurter Polizeiskandals gefordert. „Das Vertrauen in die Polizei ist erschüttert“, sagte Funke am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Die einzige Chance, die wir haben, ist dass jetzt zügig und vollständig aufgeklärt wird.“ Andernfalls steige das Risiko für die Demokratie. In Frankfurt stehen vier Polizisten und eine Polizistin unter dem Verdacht, ein rechtsradikales Netzwerk gebildet zu haben.

Vor einer Woche war bekanntgeworden, dass gegen die fünf Mitarbeiter des 1. Frankfurter Polizeireviers wegen Volksverhetzung und Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen ermittelt wird. Sie sollen über einen Messenger-Dienst fremdenfeindliche und rechtsextreme Bilder, Videos und Texte ausgetauscht haben. Die Tatverdächtigen wurden vom Dienst suspendiert. Laut Medienberichten flog das Netzwerk offenbar durch ein Drohschreiben gegen die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız auf.

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Der Brief an Başay-Yıldız soll im August unter dem Stichwort „NSU 2.0“ anonym von einem Faxgerät im 1. Polizeirevier verschickt worden sein. In ihm sei die Anwältin als „Türkensau“ beleidigt und auch damit gedroht worden, ihre Tochter zu „schlachten“. Başay-Yıldız hatte im Münchner NSU-Prozess eine der Opfer-Familien vertreten.

Funke erklärte, die Anwältin habe bereits vor vier Monaten eine Anzeige erstattet und seitdem keine Antwort bekommen. „Da ist natürlich die Frage, was ist in diesem vier Monaten passiert“, sagte der Politologe. Von einem strukturellen Problem bei der Polizei wolle er nicht sprechen, es gebe aber „gehäuft Einzelfälle“ und einen Trend.

TGD fordert Konsequenzen

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Atila Karabörklü, bestätigt den Eindruck Funkes. Wenn mehrere Polizisten mit NSU 2.0 drohten, „wäre das eine weitere tiefe Erschütterung des Vertrauens der Menschen in den Rechtsstaat“. Jetzt müsse alles dafür getan werden, dieses Vertrauen zurückzugewinnen.

„Wie konnten diese Beamten bisher nicht als Rassisten erkannt werden?“, will Karabörklü wissen und fordert eine „ernstgemeinte Auseinandersetzung mit institutionellem Rassismus in den Sicherheitsbehörden“.TGD-Co-Vorsitzender Gökay Sofuoğlu fragt, was man aus der NSU gelernt habe. „Was hat sich in den Sicherheitsbehörden strukturell geändert?“

Sofuoğlu fordert personelle Konsequenzen und eine langfristige Strategie. „Es ist dramatisch, wenn ein Teil der Bevölkerung sich nicht mehr sicher fühlen kann, weil genau die Instanzen, die sie schützen sollten, Teil des Problems sind!“ (epd/mig)