Bericht

Die meisten Waffenexporte aus Deutschland gehen in Drittländer

Die Bundesregierung will die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien überprüfen. Das Land, in dessen Istanbuler Konsulat der Journalist Khashoggi getötet wurde, steht noch immer ganz oben auf der Liste der Drittländer, die deutsche Waffen erhalten.

Die Bundesregierung hat auch im ersten Halbjahr 2018 erneut mehr Rüstungsexporte an Drittländer als an Nato-Verbündete und in die EU genehmigt. Wie das Bundeswirtschaftsministerium in seinem Halbjahresbericht am Mittwoch in Berlin mitteilte, wurden von Januar bis Ende Juni Genehmigungen für Ausfuhren an Drittstaaten im Wert 1,54 Milliarden Euro erteilt. Im selben Zeitraum genehmigte Deutschland Exporte an die Bündnispartner und Nato-gleichgestellte Länder im Wert von 1,03 Milliarden Euro.

Saudi-Arabien steht nach Algerien auf Platz 2 der belieferten Länder. In den vergangenen Tagen hatten die Genehmigungen an Saudi-Arabien vor dem Hintergrund des Mordes an dem Journalisten Jamal Khashoggi für Kritik gesorgt. Die Bundesregierung hat erklärt, vorerst keine Genehmigungen mehr erteilen zu wollen. Ob bereits genehmigte Lieferungen noch stattfinden, wird gegenwärtig geprüft. Wann ein Ergebnis zu erwarten ist, blieb auch am Mittwoch weiter offen.

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Saudi-Arabien gehört zu den wichtigsten Exportländern für deutsche Rüstungsgüter. Im vergangenen Jahr wurden laut Rüstungsexportbericht insgesamt 129 Genehmigungen für Lieferungen in das Königreich erteilt: unter anderem für Patrouillenboote und Teile gepanzerter Fahrzeuge. Insbesondere die Patrouillenboote stießen angesichts der Seeblockade des Jemen durch eine von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition auf massive Kritik.

Fünf Genehmigungen für Saudi-Arabien

Der vom Bundeskabinett nunmehr behandelte Halbjahresbericht weist für Saudi-Arabien insgesamt fünf Genehmigungen im Wert von rund 162 Millionen Euro aus. Das Wirtschaftsministerium bestätigte, dass sich der Wert der Ausfuhrgenehmigungen bis Ende September auf 416 Millionen Euro erhöht hat.

Der Gesamtwert der Genehmigungen (2,57 Milliarden Euro) ist den Angaben zufolge im Vergleich zum ersten Halbjahr 2017 um rund eine Milliarde Euro gesunken. Die Bundesregierung verwies auf den Grundsatz einer restriktiven Genehmigungspraxis. Die Genehmigungen für den Export von Kleinwaffen – Gewehre, Maschinenpistolen und -gewehre sowie Munition – gingen im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr zurück. Der Gesamtwert belief sich laut Bericht auf rund 14,8 Millionen Euro und habe sich damit gegenüber dem Vorjahr etwa halbiert. Die Lieferungen gingen fast ausschließlich in die EU sowie an Nato-Mitglieder und Nato-gleichgestellte Länder.

Kritik von Linke und Grünen

Die Grünen und die Linke kritisierten, erneut seien die meisten Rüstungsexporte an Drittstaaten und Entwicklungsländer gegangen. Die Sprecherin der Grünen für Abrüstungspolitik, Katja Keul, erklärte, die Ankündigungen, nach dem Mord an Khashoggi Rüstungsexporte an Saudi Arabien stoppen zu wollen, seien unglaubwürdig. Seit Jahren seien die Menschenrechtsverletzungen für die Bundesregierung kein Hindernis, Kriegswaffenexporte zu genehmigen. Die Vize-Vorsitzende der Linksfraktion, Sevim Dagdelen, sagte, die dramatische Steigerung der Waffenexporte an die „Kopf-ab-Diktatur Saudi-Arabien, die im Jemen eine brutalen Krieg führt und die Bevölkerung aushungert“, seien „absolut unverantwortlich“.

Die Mehrheit der Deutschen sieht jede Art von Geschäften mit Saudi-Arabiens Regierung kritisch. 65 Prozent denken, dass deutsche Unternehmen grundsätzlich keine Geschäfte mit der Regierung Saudi-Arabiens machen sollten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die in Berlin erscheinende Zeitung „Die Welt“ (Donnerstag) in Auftrag gegeben hat. Nur 22 Prozent sehen darin kein Problem. Die Ablehnung von Geschäften mit Saudi-Arabiens Regierung zeigt sich bei allen Parteianhängern. Am deutlichsten ist sie aber bei Anhängern der Grünen mit 77 Prozent und der Linken mit 83 Prozent ausgeprägt. (epd/mig)