Flüchtlingspolitik

Italien will Häfen auch für EU-Schiffe sperren

Seit einigen Wochen verwehrt Italien privaten Rettungsschiffen mit Flüchtlingen die Einfahrt. Jetzt will Rom auch keine Migranten mehr aufnehmen, die von der EU-Mission „Sophia“ gerettet wurden. Merkel fordert eine europäische Lösung.

Italien will künftig offenbar auch keine Flüchtlinge mehr aufnehmen, die von Schiffen der EU-Marinemission „Sophia“ aus dem Mittelmeer gerettet werden. Das geht laut der Tageszeitung „Die Welt“ aus einem Schreiben von Außenminister Enzo Moavero Milanesi an die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hervor. Auf Botschafterebene in Brüssel werde seit Mittwoch über alternative Lösungen beraten, ein Konsens sei dabei nicht gefunden worden, hieß es in dem Bericht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte in Berlin eine europäische Lösung zur Seenotrettung von Flüchtlingen an.

Der EU-geführte Einsatz Eunavfor Med Operation Sophia hat die Aufgabe, Menschenschmugglern und Schleppern das Handwerk zu legen, ist aber auch an der Seenotrettung beteiligt. Die Schiffe kreuzen im zentralen Mittelmeer, wo ein Großteil der Migranten versucht, nach Italien und damit in die EU zu gelangen. An der Mission ist auch die Bundeswehr beteiligt.

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„Wir fordern umgehend eine Revision des Operationsplanes für die Regeln zur Ausschiffung, um sie in vollen Einklang zu bringen mit dem Prinzip einer fairen Aufgabenteilung“, zitiert die „Welt“ aus dem Schreiben von Außenminister Milanesi. Italien sei „nicht mehr in der Position“, sich den Einsatzplänen von Eunavfor Med entsprechend zu verhalten. Diese orientierten sich an der nicht mehr existenten Frontex-Mission „Triton“. „Im Rahmen dieser Mission wurden alle geretteten Migranten ausschließlich in italienische Häfen gebracht – ohne anschließend zwischen den Mitgliedstaaten aufgeteilt zu werden.“

Brok: „Tiefpunkt der Menschlichkeit“

Dieser Darstellung widersprach EU-Außenpolitiker Elmar Brok (CDU). Der italienische Innenminister Salvini übe sich in rechtspopulistischer Rhetorik. Salvini tue so, als würden die Flüchtlinge alle in Italien bleiben, aber das stimme nicht. „Italien trägt keineswegs allein die Last“, betonte der CDU-Politiker. Dass Italien nicht einmal mehr die Schiffe der EU-Marinemission „Sophia“ einlaufen lassen will, wenn sie Flüchtlinge an Bord haben, sei „der Tiefpunkt der Menschlichkeit“, sagte Brok den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Es sei ausdrücklich Bestandteil des Auftrags der EU-Mission, auch Menschenleben zu retten. „Italien schafft eine unerträgliche Situation“, kritisierte Brok. In den vergangenen Wochen hatte Italien bereits mehreren Rettungsschiffen mit Flüchtlingen, vor allem von privaten Organisationen, die Einfahrt verwehrt.

Merkel setzt auf EU-Lösung

Merkel sagte in ihrer Sommer-Pressekonferenz, die italienische Regierung habe in den EU-Gremien eine Diskussion darüber angestoßen, wie Solidarität Europas auch bei diesem Thema durchgesetzt werden könne. Das Land wolle nicht allein zuständig für alle ankommenden Geretteten sein. Es gehe also um eine Gesamtlösung, die es europäisch geben müsse.

Zu den Einsätzen ziviler Seenotretter sagte die Kanzlerin, sie schätze deren Arbeit. Sie hätten in der Vergangenheit vielen Menschen das Leben gerettet. Die Seenotrettung sei erst einmal eine internationale Aufgabe, „aus der man sich sowieso nicht herausziehen kann“, sagte die Regierungschefin. Gleichzeitig betonte Merkel, es sei wichtig, „dass Nichtregierungsorganisationen, die sich an Rettungen beteiligen, die Territorialgewässer Libyens respektieren“.

Libyen weist Kritik zurück

Libyens Regierungschef Fajis al-Sarradsch verteidigte derweil die Küstenwache seines Landes gegen Kritik. Zu Berichten, wonach Flüchtlinge in Seenot im Meer zurückgelassen wurden, sagte al-Sarradsch dem Boulevardblatt „Bild“: „Das sind ungeheure Vorwürfe, die nicht stimmen.“ Jeden Tag würden Hunderte Menschen vor der Küste Libyens gerettet. „Ununterbrochen sind unsere Schiffe unterwegs.“ Gleichwohl betonte er, dass seine Regierung für die Seenotrettung mehr technische und finanzielle Unterstützung benötige.

Die spanische Hilfsorganisation Proactiva Open Arms hatte der libyschen Küstenwache vorgeworfen, zwei Frauen und ein Kind in einem sinkenden Schlauchboot zurückgelassen haben. Das dreijährige Kind und eine der Frauen seien ertrunken. (epd/mig)