Grundsatzerklärung jüdischer Organisationen

Antisemitismus, Rassismus und Muslimfeindlichkeit nicht gleichsetzen

In einer Grundsatzerklärung fordern 30 jüdische Organisationen, Antisemitismus nicht mit anderen Formen von Hass gegen Gruppen gleichzusetzen – insbesondere nicht mit Muslimfeindlichkeit. Außerdem fordern sie einen bundesweiten Antisemitismus-Check.

Jüdische Organisationen haben von der Politik konkrete Maßnahmen gegen Antisemitismus gefordert. In einer am Montag in Berlin präsentierten Grundsatzerklärung des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) wird unter anderem von Polizei, Justiz, Schulen sowie der Jugend- und Flüchtlingsarbeit mehr Sensibilität gegenüber judenfeindlichen Äußerungen und Angriffen verlangt. In der Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus sollten künftig Erfahrungen der Betroffenen ernst genommen werden. Staatlich geförderte freie Träger müssten sich verbindlich gegen alle Formen des Antisemitismus aussprechen, einschließlich antisemitischer Boykott-Kampagnen, heißt es in der Erklärung.

In einem eindringlichen Appell forderte die JFDA-Vorsitzende Lala Süsskind, den Erklärungen von Bundestag, Landesparlamenten und -regierungen Taten folgen zu lassen. Antisemitismus müsse als Angriff auf das ganze freiheitlich-demokratische Gemeinwesen verstanden werden. „Wir wollen in diesem Land leben wie jeder andere Bürger auch“, sagte die ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

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Bundesweiter Antisemitismus-Check

Hauptadressat der Erklärung sei der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, hieß es. Anetta Kahane, Vorstandsvorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung und Mitunterzeichnerin der Erklärung, sprach sich dafür aus, bei der Bekämpfung des Antisemitismus verbindliche Kriterien und Standards festzulegen. Laut Grundsatzerklärung fallen unter den Begriff „Antisemitismus“ feindselige Haltungen bis hin zum Hass gegen Personen, Einrichtungen und Organisationen, die als jüdisch oder mit dem Judentum verbunden wahrgenommen werden. Zudem könne auch Feindseligkeit gegenüber dem Staat Israel „als jüdisches Kollektiv“ antisemitisch sein.

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, begrüßte die Forderung „nach einem bundesweiten Antisemitismus-Check“ für staatlich geförderte Projekte. Die vierseitige Grundsatzerklärung wird den Angaben zufolge von mehr als 30 Organisationen und Einzelpersonen unterstützt. Dazu gehören unter anderem zehn jüdische Gemeinden und zwei Landesverbände Jüdischer Gemeinden. Nicht dabei ist bislang unter anderem der Zentralrat der Juden.

„Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit nicht gleichsetzen“

Der Geschäftsführer des JFDA, Levi Salomon, betonte: „Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, vor dem kein politisches, religiöses oder soziales Milieu gefeit ist.“ Auch den Antisemitismus unter Muslimen müsse die Politik ernst nehmen, unterstrich Süsskind.

Laut Erklärung ist Antisemitismus anderen Formen von Hass gegen Gruppen „oft ähnlich, aber nicht gleich“. Bei der Prävention und Intervention gegen Antisemitismus müssten die Besonderheiten der über Jahrhunderte ausgeprägten Judenfeindschaft berücksichtigt werden. „Antisemitismus lässt sich nicht erfolgreich als bloße Unterkategorie von Rassismus bekämpfen“, heißt es in der Erklärung. Schon gar nicht ließen sich „Antisemitismus, Rassismus und Muslimfeindlichkeit einfach gleichsetzen“. (epd/mig)