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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) © MiG

Seehofers Reform

Hardliner in Asyl- und Ausländerfragen wird neuer BAMF-Chef

Bundesinnenminister Seehofer will Hans-Eckhard Sommer zum BAMF-Präsidenten ernennen. Sommer gilt als Hardliner in Asyl- und Ausländerrechtsfragen. Derweil geht die BAMF-Debatte weiter. Im Innenausschuss wurde in einer Sondersitzung beraten.

Montag, 18.06.2018, 5:17 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 18.06.2018, 16:36 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Der künftige Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kommt aus dem Bayerischen Innenministerium. Nachfolger der vor wenigen Tagen entlassenen BAMF-Präsidentin Jutta Cordt soll Hans-Eckhard Sommer werden.

Sommer leitet in München bislang das Fachreferat für Ausländerrecht. Er tritt unter anderem dafür ein, Asylbewerber stärker als bisher auf terroristische Kontakte hin zu überprüfen und schneller auszuweisen. 2014 kritisierte er in einer Landtag- Anhörung die „Asylsozialpolitik“ der bayerischen Regierung. Die Taschengelder seien zu hoch. Zudem sprach er sich gegen die Lockerung der Residenzpflicht aus und monierte das stichtagsunbhängige gesetzliche Bleiberecht.

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Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte Cordt in der vergangenen Woche ihrer Aufgaben entbunden, nachdem er im Zusammenhang mit der Aufklärung der Vorgänge im Bundesamt mögliche personelle Konsequenzen angekündigt hatte. Gemeint ist die Affäre um die Bremer Außenstelle des Bundesamts, in der positive Asylbescheide ohne ausreichende Rechtsgrundlage erteilt worden sein sollen.

CDU und Grünen gegen Untersuchungsausschuss

In dieser Debatte lehnen Vertreter von CDU und Grünen einen Untersuchungsausschuss des Bundestags weiter ab. Am Freitag widmete sich der Innenausschuss in einer weiteren Sondersitzung der Affäre um die Bremer Außenstelle, wo rund 1.200 positive Asylbescheide rechtswidrig erteilt worden sein sollen. Befragt wurden die früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Hans-Peter Friedrich (CSU) sowie der damalige Flüchtlingskoordinator und heutige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Die Abgeordneten äußerten sich am Rande der Ausschuss-Sitzung zufrieden mit dem Aufklärungswillen und Antworten der zwischen 2012 und 2017 politisch Verantwortlichen. „Ich bin der Überzeugung, dass ein Untersuchungsausschuss exakt zum gleichen Ergebnis käme“, sagte der CDU-Politiker Armin Schuster. Der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz sagte, es sei wichtig, die Fragen jetzt zu klären, anstatt auf einen Untersuchungsausschuss zu warten.

Der Ausschuss geht der Frage nach, ob die Vorfälle in Bremen, wo seit April die Staatsanwaltschaft unter anderem wegen Betrugs ermittelt, auf systematische Mängel im Bundesamt zurückzuführen sind. Geklärt werden soll auch die Frage, ob es während der großen Fluchtbewegung ab 2015 versäumt wurde, das für Asylverfahren und -entscheidungen zuständige Bundesamt besser zu kontrollieren.

Da Maizière: Alle wollten schnelle Verfahren

De Maizière sagte vor der Sitzung, er sei mit den Vorgängen in Bremen persönlich nicht befasst gewesen. Selbstverständlich trage er aber für alle Vorgänge, „die während meiner Amtszeit in meinem Geschäftsbereich stattgefunden haben, die volle politische Verantwortung“. Zugleich rief der frühere Minister in Erinnerung, dass damals alle politisch Verantwortlichen auf schnelle Verfahren gedrungen hätten. „Dass das Probleme macht, das war auch damals allen klar. Das sollte heute nicht vergessen werden“, sagte er.

Friedrich wurde nach Worten der Ausschussvorsitzenden Andrea Lindholz (CSU) eingeladen, weil inzwischen auch der Vorwurf geäußert wurde, durch vorausschauenderes Handeln beim Personal in den Jahren 2012 und 2013 hätte die Krise im Bundesamt abgemildert werden können. Damals war Friedrich als Bundesinnenminister verantwortlich.

Friedrich drastisch

Der CSU-Politiker sagte, die Situation, die es 2015 gegeben habe, sei für ihn nicht absehbar gewesen. Vor dem Hintergrund des neu aufgeflammten Streits innerhalb der Union über Grundzüge der Asylpolitik wählte er drastische Worte. Er warf der damaligen Bundesregierung vor, deutsches und europäisches Recht außer Acht gelassen und das Land mit Hunderttausenden Flüchtlingen „geflutet“ zu haben. Er bezeichnete es als „politische Fehlleistung mit verheerenden politischen Auswirkungen“.

Von Notz lobte in einer Pause der Ausschusssitzung, die wegen einer aktuellen Stunde im Bundestag zur Flüchtlingspolitik unterbrochen wurde, de Maizière und Altmaier, der sich nicht selbst vor der Presse äußerte. Nicht überzeugt äußerte er sich über Friedrich. Gefragt nach seiner Reaktion auf Personalforderungen des Bundesamts wegen steigender Flüchtlingszahlen habe dieser geantwortet, er könne sich konkret nicht mehr daran erinnern.

Keine Vorgaben

Der CDU-Abgeordnete Mathias Middelberg berichtete, dass de Maizière und Altmaier versichert hätten, dass es keine Vorgaben für die Anzahl zu bearbeitender Verfahren gegeben hätte, auch wenn es den Wunsch nach schnelleren Verfahren gegeben habe. In einer Zielvereinbarung zwischen Bundesinnenministerium und Bundesamt habe es geheißen, die Verfahren sollten schnell, aber auch gründlich sein.

Schuster appellierte an alle 2015 politisch Verantwortlichen, zu den Entscheidungen zu stehen. „Es war ein gesamtgesellschaftlich überwältigender Konsens“, den Andrang von Flüchtlingen auf diese Weise zu bewältigen. Die Entscheidung für eine Überforderung sei bewusst gefallen. „Zu verhindern gewesen wären es nur, „wenn wir uns verhalten hätten wie Italien bei der ,Aquarius'“, sagte Schuster. Italien hatte in dieser Woche dem Schiff „Aquarius“ mit mehr als 600 geretteten Flüchtlingen an Bord das Anlegen an einem seiner Häfen verweigert. (epd/mig) Aktuell Politik

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