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Studenten an der Uni-Leipzig demonstrieren gegen Professor Rauscher wegen seinen rassistischen Tweets © twitter/@boehm_alexander

Rassistische Tweets

Studenten demonstrieren gegen Leipziger Uni-Professor

Proteste von Studenten, scharfe Kritik vom Hochschulrat: Für den Leipziger Juraprofessor Thomas Rauscher wird die Luft dünner. Er steht wegen rassistischen Äußerungen auf Twitter vor dem Rauswurf. AfD gibt ihm Rückendeckung.

Mittwoch, 22.11.2017, 6:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 27.11.2017, 16:58 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

An der Universität Leipzig verschärft sich der Protest gegen den Juraprofessor Thomas Rauscher, dem rassistische Äußerungen auf Twitter vorgeworfen werden. Hunderte Studenten demonstrierten am Dienstag gegen Rauscher, zudem äußerte der Hochschulsenat deutliche Kritik. Das Gremium missbillige Rauschers Twitter-Botschaften auf Schärfste, hieß es in einer Stellungnahme.

Rauscher hatte vor rund einer Woche über sein privates Twitter-Konto einen Zeitungsbericht über Rechtsextremismus in Polen geteilt und dazu geschrieben: „Polen: ‚Ein weißes Europa brüderlicher Nationen.‘ Für mich ist das ein wunderbares Ziel!“. In einer weiteren Nachricht äußerte er sich abfällig über „Afrikaner und Araber“, denen „wir“ nichts schuldig seien. „Sie haben ihre Kontinente durch Korruption, Schlendrian, ungehemmte Vermehrung und Stammes- und Religionskriege zerstört und nehmen uns nun weg, was wir mit Fleiß aufgebaut haben“, heißt es weiter.

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Im Januar 2016 twitterte er: „Es gibt keinen friedlichen Islam. Dschihad ist der Auftrag dieser Leute. Deutschland wir sich mit dem wohlmeinenden Irrtum selbst zerstören.“

Hunderte Studenten demonstrieren gegen Professor

Der Hochschulsenat teilte mit, er begrüße die „von der Universität eingeleitete Prüfung der dienstrechtlichen Schritte“ gegen den Professor. „Das durch diese Äußerungen gezeichnete menschenfeindliche Weltbild widerspricht dem Leitbild und dem Selbstverständnis der Universität als weltoffenem und tolerantem Ort der Wissenschaft.“ Es sei nicht auszuschließen, dass diese Einstellungen auch in der Forschung und Lehre Rauschers Ausdruck fänden, hieß es weiter. Der Senat hat rund 50 Mitglieder, darunter Hochschullehrer, akademische Mitarbeiter und Studenten.

Am Mittag protestierten auf dem Campus mehrere hundert Studenten gegen Rauscher. Unter dem Motto „Rauscher, rausch ab!“ forderten sie die Entlassung des Hochschullehrers, wie ein Sprecher des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes Leipzig (SDS) dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Zugleich wurde eine Online-Petition gegen Rauscher auf den Weg gebracht. Zu der Kundgebung hatte ein Bündnis aus mehreren Hochschulgruppen und externen linken Aktivisten eingeladen. Laut SDS kamen mehr als 1.000 Demonstranten. Die Universität sprach von rund 400.

Sturm der Entrüstung

Nach der Veröffentlichung der Tweets in der vergangenen Woche war in dem sozialen Netzwerk ein Sturm der Entrüstung losgebrochen. Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) schrieb, „die ausländerfeindliche Meinung von #Rauscher kritisiere ich scharf“. Daraufhin deaktivierte Rauscher seinen Twitter-Account und schrieb, es stehe „schrecklich um die Meinungsfreiheit in diesem Land“.

Ministerium und Hochschule prüfen dienstrechtliche Konsequenzen für den Professor. Einer Universitätssprecherin zufolge soll ein externes Gutachten erstellt werden. „Die durch das Grundgesetz garantierte Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung oder dem beamtenrechtlichen Mäßigungsgebot“, sagte sie dem epd zur Begründung. Die Untersuchung könne mehrere Wochen dauern.

AfD unterstützt Rauscher

Die AfD Leipzig erklärte, Rauscher habe sich „in keiner Weise jemals in seinem privaten Twitter-Account rassistisch geäußert“. Seine Äußerungen seien durch das grundgesetzliche Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Ein Aufruf zum Boykott der Vorlesungen des Juristen erinnere „an die dunkelsten Zeiten in der deutschen Geschichte“.

Rauscher ist seit 1993 an der Juristischen Fakultät der Uni Leipzig und Professor für ausländisches und europäisches Privat- und Verfahrensrecht. Als Erasmus-Beauftragter ist Rauscher außerdem für die ausländischen Studenten an der Hochschule zuständig. 2016 war er schon einmal mit ähnlichen Äußerungen aufgefallen. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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  1. holger rohrbach sagt:

    Habe gerade einen Kommentar zu einem früher verfaßten Kommentar auf change.org geschrieben. Hier reizt es mich, auf eine Äußerung der AFD einzugehen: Der Aufruf der Studenten erinnere an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte“, heißt es in ihrer Erklärung. Wenn damit die Zeit vor 1933 gemeint ist, so werden von der AFD die Motive zum Boykott völlig verdreht: Damals ging der Boykott von nationalistischen Studentenverbindungen aus und richtete sich gegen demokratisch gesinnte und jüdische Mitbürger. Jene Aufrufe damals trugen zur Zerstörung der Weimarer Republik bei. Heute wollen die jungen Studenten – übrigens ähnlich wie wir in den 60er-Jahren – verhindern, daß demokratie- und fremdenfeindliche Haltungen wieder salonfähig werden. Würde die AFD in Sachsen an die Macht kommen, bekäme ein Mann wie Rauscher mit Sicherheit einen Ehrenplatz in der Gelehrtenriege. Dann wäre nicht nur den „Muff von 1000 Jahren“ wieder zurückgekehrt, wir hätten polnische, ungarische – kurz: eine Ausbreitung der Visegrad-Zustände in Mitteleuropa. Gott bewahre!!

  2. karakal sagt:

    Bevor dieser Professor derartige Äußerungen von sich gibt, sollte er sich besser über den Islam informieren: Es gibt einen friedlichen Islam, dieser wird sogar von der Mehrheit seiner Angehörigen getragen, und die heutigen Zustände in den muslimischen Ländern sind u. a. auch eine Folge des abendländischen Kolonialismus. Mit solchen, auf Vorurteilen und Desinformation beruhenden Äußerungen disqualifiziert sich Rauscher eigentlich als promovierter Akademiker, denn als solcher hätte er gelernt haben müssen, objektive Forschungsarbeiten zu schreiben.

  3. Sebaldius sagt:

    @holger rohrbach,

    Nun, so ganz verkehrt ist es aber doch nicht, was die AfD da sagt. Denn ein bißchen Ähnlichkeit haben diese linken „Aktionen“ gegen einen politisch unliebsamen Universitäts-Professor doch schon mit der Vertreibung der Juden im Dritten Reich.

    Informieren Sie sich bitte über die jüdischen Universitäts-Professoren im Dritten Reich. Falls Sie es noch nicht wussten, mit ihrer Vertreibung durch die Nazis hatte es einen unglaublich grossen Brain-Drain gegeben aus Deutschland, Das war einer der Gründe, weswegen die USA heute Weltmacht Nr.1 sind, und zudem global an der Spitze aller innovativen Technologie und Wissenschaft und menschlichen Erkenntnistheorie stehen. Haben Sie überhaupt auch nur eine Vorstellung davon, wie viele US-amerikanische Nobelpreisträger nach dem Krieg einen deutsch-jüdischen Migrationshintergrund hatten? Insgesamt etwa 3.000 hoch qualifizierte Wissenschaftler sind aus Deutschland geflüchtet, und zwei Drittel von ihnen in die USA.

    Aber beachten Sie bitte auch die kleinen feinen Unterschiede zwischen damals und heute:
    Damals ging es um eine angeblich „jüdische“ Wissenschaft gegen eine sogenannte „deutsche“ Wissenschaft. Und nur die Nazis waren zu dumm und zu blöde, um zu begreifen, dass Wissenschaft immer nur Wissenschaft sein kann, und niemals eine Nationalität kennt. Fragen Sie nur mal Einstein und Heisenberg.

    Heute sind es dagegen die Linken Aktivisten in Leipzig, die einfach nur zu dumm und zu blöde sind, um zu begreifen, dass Meinungsfreiheit immer nur Meinungsfreiheit sein kann. Und dass die Meinungsfreiheit ein universelles Menschenrecht ist, das niemals nie und nimmer politisch nach „links“ und „rechts“ aufgeteilt werden darf, oder je nach Volkszugehörigkeit, Rasse, Religion oder Hautfarbe getrennt werden darf.

    Wäre schön, wenn Sie (und gewisse andere in Ihren Kreisen) diese universalen Prinzipien von Wissenschaft und Meinungsfreiheit auch endlich mal begreifen könnten.

  4. Pingback: Professor darf weiter lehren - Rassistische Tweets bleiben folgenlos - MiGAZIN