Statistik

Jeder Fünfte von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht

In Deutschland ist laut Statistischem Bundesamt jeder Fünfte von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Bei Ausländern ist die Armutsquote dreimal so hoch. Sozialverbände fordern die künftige Regierung auf, schnell zu handeln.

Keine Waschmaschine und kein Telefon im Haushalt oder Probleme mit der Mietzahlung: Das sind nach einer EU-Definition klare Anzeichen für Armut. Im vergangenen Jahr war in Deutschland jeder Fünfte von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Das waren 2016 rund 16 Millionen Menschen. Der Anteil von 19,7 Prozent der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen an der deutschen Bevölkerung ist den Angaben zufolge seit Jahren nahezu unverändert. Im Jahr 2015 lag er bei 20 Prozent.

Eine Unterteilung der Armutsquoten nach Staatsbürgerschaft oder nach Migrationshintegrund enthalten die vorgestellten Zahlen aus der Erhebung „Leben in Europa“ (EU-SILC) nicht. Wie das Statistische Bundesamt dem MiGAZIN mitteilte, wird eine Unterscheidung nach Staatsbürgerschaft und Migrationshintergrund jedoch im Mikrozensuz vorgenommen. Danach waren 2016 insgesamt 13,3 Prozent der deutschen Staatsbürger von Armut betroffen, bei Ausländern war diese Quote mit 35,5 Prozent fast drei mal so hoch. Personen Migrationshintergrund weisen dem Mikrozensus zufolge eine Armutsquote von 28 Prozent auf.

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Fast jeder Vierte in Europa von Armut betroffen

In der gesamten Europäischen Union betrug der Anteil armer oder sozial ausgegrenzter Menschen den Angaben zufolge im vergangenen Jahr 23,5 Prozent (2015: 23,7 Prozent). Er lag in den vergangenen Jahren stets deutlich höher als in Deutschland.

Eine Person gilt als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wenn mindestens eine der folgenden Lebenssituationen zutrifft: Ihr Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, im Haushalt gibt es erhebliche materielle Entbehrungen, oder sie lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung.

Sozialverbände fordern Armutsbekämpfung

Der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Wolfgang Stadler, macht die noch amtierende Bundesregierung für die Armut verantwortlich. Sie müsse sich fragen, wieso trotz sprudelnder Steuereinnahmen und immer neuer Beschäftigungsrekorde die Armutsgefährdung in der Bundesrepublik seit Jahren zunehme, sagte er. Der Sozialverband VdK Deutschland fordert von der neuen Regierung konkrete Maßnahmen, um die Armut zu bekämpfen. So sollten Minijobs eingegrenzt und der Mindestlohn auf zwölf Euro erhöht werden. Zudem müssten mehr Mittel für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden.

Nach Angaben der Statistiker waren 3,7 Prozent der Bevölkerung in Deutschland 2016 von „erheblicher materieller Entbehrung“ betroffen. Das bedeutet, dass ihre Lebensbedingungen aufgrund fehlender finanzieller Mittel eingeschränkt waren. So waren sie nicht in der Lage, Miete, Hypotheken oder Versorgungsleistungen zu bezahlen, ihre Wohnungen angemessen zu beheizen oder eine einwöchige Urlaubsreise zu finanzieren. (epd/mig)