Nebenan

Deutscher Herbst

Parteien, die mit sich oder mit anderen diskutieren, gar streiten, straft der Deutsche konsequent ab, nur um sich am Ende zu wundern, dass alle ständig derselben Meinung sind und Alternativen fehlen. Von Sven Bensmann

So, das war’s. Die Bundestagswahl ist rum. Und Die PARTEI hatte noch den freundlichen Jesus vom Wahlplakat die Deutschen ermahnen lassen: „Mach keinen Scheiß mit deinem Kreuz!“. Wirklich zu Herzen genommen hat sich das offensichtlich kaum jemand. Dass es dazu nicht noch mehr zu sagen gibt, sagt viel über die Demokratieverdrossenheit der Parteien aus; dass ein bekannter deutscher Kabarettist die Woche sich nicht verkneifen konnte, die Bundestagswahl mit der Kreuzigungsszene („Jeder nur ein Kreuz“) zu vergleichen, viel darüber, wie das auf die Wähler wirkt.

Reden wir daher über eine interessantere Wahl. Ganz genau, eine andere Wahl. Nur welche?

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Die Katalanen kämpfen gerade für ihre Unabhängigkeit und anders als der Kampf der Schotten, der geordnet, gesittet und geregelt abläuft, wirken in Spanien noch dieselben reaktionären Handlungsmuster, die unter Franco implementiert wurden. Darüber wäre doch spannend zu lesen. Die andere spannende Wahl soll im Irak stattfinden und wird insbesondere auch aus dem Iran, Syrien und der Türkei misstrauisch beobachtet, da das Unabhängigkeitsreferendum der Kurden dort auch auf die Kurden in diesen Ländern ausstrahlen könnte – wenn auch unklar ist, in welcher Weise: Denn die Kurden im Nordirak, die ohnehin bereits große Autonomie besitzen und ihre Ölgeschäfte über die befreundete Türkei abwickeln, sollten natürlich nicht mit den progressiven Sozialisten der terroristischen Vereinigung PKK oder deren und unseren  Verbündeten in Nordsyrien verwechselt werden, die ihrerseits eine Unabhängigkeit anstreben. Die Situation ist so viel spannender als der deutsche Blick auf „die Kurdenfrage“ suggeriert, dass sie sich geradezu aufdrängt,

Andererseits ist der Deutsche an sich nach zwei verlorenen Weltkriegen ja konfliktscheu geworden. Schon der Anschein politischer Debatten treibt den Deutschen bereits in die innere Isolation. Parteien, die mit sich oder mit anderen diskutieren, gar streiten, straft der Deutsche konsequent ab, nur um sich am Ende zu wundern, dass alle ständig derselben Meinung sind und Alternativen fehlen. Daher können wir uns auch sicher sein: Nicht nur das Ergebnis dieser Wahl stand schon seit langem Fest – auch die Politik, die die neue Koalition machen wird.

Hier also über einen radikalen, an der Grenzen der Demokratie geführten Konflikt zu schreiben, könnte den Deutschen als solchen also womöglich stärker verstören, als alles, was hier sonst so steht. Schauen wir daher lieber besonnen zu, wie nun die dreilige Einfältigkeit, bestehend aus den Konservativen Merkel, Lindner und Kretschmann, zusammen feststellen muss, dass man sich bei aller Einigkeit auch noch mit einer populistischen, in Teilen rechtsextremen Partei herumschlagen muss – und diese CSU hat nicht nur eine herbe Wahlniederlage erfahren, sondern steht auch kurz vor einer Landtagswahl…