Ramadan

Fasten, wo die Sonne nie untergeht

Muslime in aller Welt begehen wieder ihre Fastenzeit. In einigen Regionen wird der Verzicht auf Essen und Trinken in diesem Jahr besonders schwierig – nahe am Äquator und am Polarkreis. Bei der nördlichsten Moschee der Welt geht die Sonne nie unter.

Muslime weltweit werden in Kürze wieder vier Wochen lang die Nacht zum Tag machen: Der Ramadan steht bevor. Während des Fastenmonats wird auf Essen und Trinken verzichtet, solange es hell ist. Doch in diesem Jahr ist das Befolgen dieser Regel für manche schlicht unmöglich: Denn in den nördlichen Regionen am Polarkreis sind die Tage besonders lang – und das Fasten zieht sich in die weißen Nächte, sogenannt, weil die Sonne, wenn überhaupt, nur für kurze Zeit untergeht.

Während in der Innenstadt von Istanbul oder in den Gassen von Tunis Tafeln aufgestellt, in Ägypten bunte Laternen (Fanus) aufgehängt und in den Vereinigten Arabischen Emiraten die Einkaufszentren bevölkert werden, sobald es dunkel wird, scheint für die Muslime weit oben im Norden noch die Mitternachtssonne. Würden sie sich an den Wortlaut im Koran halten, also nur in der Nacht essen, wenn ein weißer von einem schwarzen Faden nicht zu unterscheiden ist, wie es in einer Koransure heißt, gäbe es in diesen Tagen gar kein Fastenbrechen.

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Fasten bei 40 Grad Celsius

Aber auch im Zentrum der islamischen Welt, auf der arabischen Halbinsel, wird das Fasten zum Kraftakt: Dort werden Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius vorausgesagt.

Der Ramadan beginnt für Muslime in Europa vermutlich an diesem Samstag, dem 27. Mai. Genau werden es die weltweit rund 1,5 Milliarden Muslime erst wissen, wenn der Neumond gesichtet wird, der den Beginn des Monats markiert. In anderen Erdteilen kann der Ramadan deshalb mit einer Abweichung von maximal einem Tag früher oder später anfangen als in den heiligen Stätten von Mekka und Medina in Saudi-Arabien.

Serienhits für den Ramadan

Das Fasten gehört zu den heiligsten Pflichten der Muslime und dauert etwa 30 Tage. Solange die Sonne nicht untergeht, sind auch Rauchen nicht erlaubt, bis erneut mit der Sichtung der Mondsichel das dreitägige Ramadan-Fest beginnt. Besonders streng wird das Fasten, selbst bei Nichtmuslimen, in den Golfstaaten überwacht. Wer in der Öffentlichkeit isst, trinkt oder raucht, verstößt in Abu Dhabi oder Kuwait gegen das Gesetz.

Auch im Touristenziel Oman ist dies untersagt. Länder wie Tunesien oder Ägypten sind etwas nachsichtiger, doch haben auch dort tagsüber die meisten Läden geschlossen und Alkohol ist nur schwer zu finden. Da viele Fastende zu Hause bleiben, werden für diesen Monat jährlich neue TV-Serienhits produziert. In diesem Jahr soll unter anderem die Komödie „Maamun und Partner“ mit dem ägyptischen Schauspieler Adel Imam vor die Bildschirme locken. Sie handelt von einem Geizhals, der seiner Familie nichts gönnt, sich aber später als Milliardär herausstellt.

Die nördlichste Moschee

Ausgestrahlt wird auch ein Drama über eine Theatergruppe in den 70er Jahren. Die Schauspieler merken bald, dass das Stück, in dem sie spielen, von ihrem eigenen Leben handelt. Das Drehbuch basiert auf einer Novelle des ägyptischen Nobelpreisträgers Nagib Mahfus.

Immerhin haben die Muslime am Polarkreis – seit vergangenem Jahr sind noch Hunderte Flüchtlinge hinzu gekommen – inzwischen eine Lösung für ihr Problem gefunden: Die Alnor-Moschee liegt im norwegischen Tromso mehr als 300 Kilometer oberhalb des Polarkreises und ist nach eigenen Angaben die nördlichste Moschee der Welt. Auf ihrer Internetseite hat sie ein islamisches Rechtsgutachten, eine Fatwa, aus Saudi-Arabien veröffentlicht. Demnach dürfen sich Muslime im hohen Norden auch nach den Gebetszeiten von Mekka richten. (epd/mig)