Franco A. "Spitze des Eisbergs"

Mehr Engagement der Bundeswehr im Kampf gegen rechts gefordert

Der Zentralrat der Juden befürchtet, dass der Fall Franco A. kein Einzelfall ist, sondern nur die Spitze des Eisbergs. Auch Verteidigungsministerin von der Leyen geht davon aus, dass es noch mehr Fälle gibt. Experte warnt vor geistigen Verbindungslinien zwischen militärischen und rechtsextremen Werten.

Als Konsequenz aus dem Skandal um den terrorverdächtigen Offizier Franco A. haben Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und der Zentralrat der Juden in Deutschland die Bundeswehr im Kampf gegen rechts in die Pflicht genommen. „Die Bundeswehr hat eine ganz besondere Verantwortung, gegen Rechtsextremismus vorzugehen“, sagte Maas am Wochenende. Der Zentralratsvorsitzende Josef Schuster und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) rechnen damit, dass noch weitere Fälle von Rechtsextremismus in der Bundeswehr bekannt werden.

„Wir haben die Sorge, dass Oberleutnant Franco A. kein Einzelfall ist, sondern möglicherweise die Spitze eines Eisberges“, sagte Schuster der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post. Er verwies auf eine Umfrage des Verteidigungsministeriums von 2007, wonach sich schon damals vier Prozent der befragten Soldaten vorstellen konnten, rechtsextremistische Parteien wie NPD oder DVU zu wählen. Eigentlich sei zu erwarten, dass die Bundeswehr ein Auge darauf habe, wen sie als Berufssoldaten verpflichte, sagte Schuster. „Jeder Beamte wird auf seine Verfassungstreue überprüft, vielleicht muss sich auch die Bundeswehr intensiver um diesen Nachweis kümmern.“

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Von der Leyen: Das ist bitter

Verteidigungsministerin von der Leyen sagte am Freitagabend in den ARD-Tagesthemen, man müsse sich darauf einstellen, „dass das, was wir bisher wissen, nicht alles ist, sondern dass sich dort noch mehr zeigen wird. Das ist bitter für uns alle in der Bundeswehr.“ Sie werfe sich selber vor, „dass ich nicht früher und tiefer gegraben habe. Das ist etwas, wo ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht.“

Justizminister Maas sagte der Rheinischen Post zum Fall Franco A.: „Wenn solche Dinge öffentlich werden, müssen die Verantwortlichen mit aller Schärfe darauf reagieren. Im Interesse der Bundeswehr muss das im Keim erstickt und konsequent geahndet werden.“ Wer die Wehrmacht glorifiziere, habe in der Bundeswehr nichts zu suchen.

Mit Wehrmachts-Devotionalien dekorierter Besprechungsraum

Laut Spiegel fanden derweil Ermittler der Bundeswehr in der Fürstenberg-Kaserne in Donaueschingen einen mit Wehrmachts-Devotionalien dekorierten Besprechungsraum. Das Boulevardblatt Bild schrieb, in der Kaserne von Franco A. im elsässischen Illkirch habe es schon vor einigen Jahren einen Skandal mit Nazi-Symbolen gegeben. Das Verteidigungsministerium habe bestätigt, dass Bundeswehrsoldaten im November 2012 vor einem Unteroffiziersheim des deutschen Jägerbataillons in Illkirch mit Sand ein vier Meter großes Hakenkreuz auf den Boden gestreut hätten. Das sei damals den direkten Vorgesetzten, dem Ministerium und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) gemeldet worden. Drei Soldaten seien mit Geldbußen belegt und aus der Bundeswehr entlassen worden.

Der Kölner Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge sieht im Bundeswehr-Skandal hingegen ein strukturelles Problem. Es gebe „geistige Verbindungslinien“ zwischen militärischen und rechtsextremen Werten wie Kameradschaft, Korpsgeist, Ehre, Treue und Gehorsam, sagte der Rechtsextremismus- und Armutsforscher der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Alles was die Bundeswehr jungen Männern bietet, wird im rechtsextremen Spektrum geschätzt.“

Masterarbeit von Franco A. mit völkischem Gedankengut

Die Bundeswehr locke Menschen an, „die sich in hierarchischen und autoritären Strukturen wohlfühlen“, sagte Butterwegge, der im Februar als Kandidat der Linken für das Amt des Bundespräsidenten angetreten war. Dies wirke sich auch auf die internen Kontrollmechanismen aus. „Solche Personen sind nicht stark beunruhigt, wenn sie auf nationalistische Parolen treffen, und reagieren weniger konsequent darauf als andere – selbst wenn sie derartige Ansichten nicht teilen.“ Franco A. hatte 2014 eine Masterarbeit verfasst, in der nach Angaben des Verteidigungsministeriums „klares völkisches Gedankengut dargelegt worden ist“.

Der mutmaßlich rechtsextremistische Soldat Franco A. war Ende April wegen des Verdachts der Planung einer schweren staatsgefährdenden Straftat festgenommen worden. Er hatte sich als syrischer Asylbewerber registrieren lassen. (epd/mig)