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Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)

"Stammtisch-Blick"

Leitkultur-Debatte von de Maizière unter Beschuss

Bundesinnenminister de Maizière hat den umstrittenen Begriff der "Leitkultur" wieder in die gesellschaftliche Debatte eingebracht. Dazu veröffentlichte er einen Zehn-Punkte-Katalog. Die SPD hält dagegen: "Unser Leitbild ist das Grundgesetz."

Dienstag, 02.05.2017, 4:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 08.05.2017, 17:28 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Zehn-Punkte-Plan von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für eine deutsche Leitkultur stößt auf deutliche Kritik bei SPD und Opposition. „Diese Diskussion geht an den echten Problemen in Deutschland vorbei“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ (Montag). „Unser Leitbild ist das Grundgesetz. Das gilt ohne Wenn und Aber – und zwar für alle“. Der Deutsche Kulturrat bezeichnete den Begriff „Leitkultur“ als politisch verbrannt und missverständlich. Rückendeckung bekam der Minister aus der Union.

De Maizière hatte seine Thesen in der „Bild am Sonntag“ veröffentlicht. Unter Leitkultur verstehe er eine „Richtschnur des Zusammenlebens“, schrieb der Minister. „Über Sprache, Verfassung und Achtung der Grundrechte hinaus gibt es etwas, was uns im Innersten zusammenhält, was uns ausmacht und was uns von anderen unterscheidet.“

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Oppermann erklärte, die im Grundgesetz verankerten Werte auch in Zukunft durchzusetzen, wäre eine Diskussion wert: „Eine neue Leitkultur brauchen wir nicht.“ SPD-Vize Ralf Stegner sagte den „Ruhr Nachrichten“, de Maizières Leitkultur-Thesen seien „ein billiger Versuch, bei den Konservativen in der Union Stimmung zu machen und hinter den Rechtspopulisten herzulaufen“.

„Tausendste Auflage der Leitkulturdebatte“

Der Linken-Fraktionsvize im Bundestag, Jan Korte, kritisierte „die tausendste Auflage der Leitkulturdebatte“. Der „politische Pleitegeier de Maizière fischt mal wieder rechts und übersieht eines: Es gilt das Grundgesetz. Da steht alles drin“, sagte Korte.

Klare Zustimmung zum De-Maizière-Vorstoß kommt hingegen von CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach. Es sei „richtig und wichtig“ über das zu sprechen, was eine Gesellschaft zusammenhalte. Der Begriff „Leitkultur“ solle nicht ausgrenzen, sondern einladen, sagte Bosbach dem Kölner Stadt-Anzeiger.

Nach den Worten von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer ist es überfällig, „dass die Debatte über Leitkultur auch in Berlin geführt wird“. Ohne gemeinsame Selbsverständlichkeiten zerfalle eine Gesellschaft, betonte er in der Passauer Neuen Presse. „Wir brauchen bei der Integration in Deutschland einen klaren Kompass: unserer Leitkultur.“

Kulturrat: Begriff „Leitkultur“ missverständlich

Der Deutsche Kulturrat äußerte sich differenziert zu den Thesen de Maizières. Es sei gut, das Thema Kultur in den Fokus zu rücken, sagte der Geschäftsführer des Kulturrates, Olaf Zimmermann. „Viele wichtige Fragen zur Bedeutung der Bildung, der Kultur und der Religion werden in den zehn Thesen des Innenministers angesprochen.“ Allerdings sei der Begriff „Leitkultur“ missverständlich, weil er den Eindruck erzeuge, dass es eine verbindliche Kultur für alle in Deutschland lebenden Menschen geben solle.

In seinem Zehn-Punkte-Katalog hatte de Maizière unter anderem soziale Gewohnheiten der Deutschen hervorgehoben, die Ausdruck einer bestimmten Haltung seien: „Wir sagen unseren Namen, wir geben uns zur Begrüßung die Hand“, unterstrich der Minister. „Wir sind eine offene Gesellschaft. Wir zeigen unser Gesicht. Wir sind nicht Burka.“

Er betonte auch, dass Deutschland christlich geprägt und die Religion „Kitt und nicht Keil“ der Gesellschaft sei: „Dafür stehen in unserem Land die Kirchen mit ihrem unermüdlichen Einsatz für die Gesellschaft.“ (epd/mig) Leitartikel Politik

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  1. Meurgen sagt:

    Das Grundgesetz ist die Leitkultur, Thomas de Maizieres 10-Punkte-Papier ist eher ein Leitfaden zu respektvollem Miteinander, dazu gehören aber noch mehr Punkte, aber das sind schon viele wichtige Punkte die dort aufgezählt werden.

    Wenn ein Imam oder eine Muslima einen Handschlag verweigert, dann ist das respektlos (taktlos), da kann man zwar mithilfe religiöser Aspekte relativieren, der Schaden ist aber dann schon da.

    Es wäre übrigens am hilfreichsten man würde einfach mal über de Maizieres 10 Punkt reden. Denn so schnell wie diese hier zerredet werden, hat man schon fast das Gefühl, man hätte gar kein Interesse respektvoll zu sein…Wahlkampf hin oder her, es machen schließlich alle gerade Wahlkampf

  2. aloo masala sagt:

    @Meurgen

    Zum respektvollen Miteinander gehört, dass man auf solche anmaßenden Leitfäden verzichtet, die peinlich-banale Aussagen enthalten und gleichzeitig uns vorgeben, wie wir politisch zu denken haben (Stichwort Nato, Punkt 9).

    Wenn der gläubige Muslim auf einen Handschlag verzichtet, bedeutet das nicht zwingend eine Respektlosigkeit. Respektlos ist dagegen, das penetrante Beharren auf Händeschütteln ohne Rücksicht auf den kulturellen oder religiösen Hintergrund der anderen Person. Der orthodoxe Jude macht das auch, ein Problem war das bisher nie gewesen.

    Auch wenn er es so sagt, De Mazieres 10 Punkte Plan wurde dennoch nicht für Diskussionen veröffentlicht. Der Zweck des Plans besteht darin, AfD- und Pegida-Anhänger als Wähler für die CDU zu gewinnen. Der Pan erzählt uns eine Menge darüber, für wie dermaßen einfältig und dumm der Innenminister einen Teil der Bevölkerung hält. Als Diskussiongrundlage taugt dieser banale Unsinn jedenfalls nicht.

  3. Marius Grein sagt:

    @aloo masala

    Das verweigern eines Handschlags ist eine Respektlosigkeit. Ein Handschlag ist eine Begrüßung und eine Geste des Friedens. Religiöse Gründe aufzuführen warum man so etwas verweigert, führt nur dazu dass man, außer sich selbst, oben drein noch seine eigene Religion in verruf bringt. Zu glauben, dass das einhalten religiöser Dogmen wichtiger wäre, als sich respektvoll zu benehmen und dies auch noch gesellschaftlich akzeptiert werden müsste und mit Toleranz belohnt wird ist alles andere als realistisch. Sie machen nichts anderes als zu sagen: „tja, so sind wir Muslime nunmal. Passt euer Verhalten unserem Verhalten an, denn unsere Gewohnheiten fussen auf religiösen Überzeugungen. Eure nicht!“
    Man stellt niemals, ich wiederhole, NIEMALS seine Religion über den gesellschaftlichen Frieden bzw stellt die vorherrschenden Gepflogenheiten und Umgangsformen in Frage. Wer das tut wird von mir weder toleriert noch respektiert.

    Mal davon abgesehen, dass die Handschlagsverweigerung sexistischer Natur ist und somit ein handeln gegen das GG ist.