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Spritze © Jim Papier @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Giftspritze-Verfallsdatum läuft ab

US-Bundesstaat Arkansas plant acht Hinrichtungen in elf Tagen

Seit zwölf Jahren wurde in Arkansas kein Häftling mehr hingerichtet. Nun soll es ganz schnell gehen: Im April sind acht Exekutionen in elf Tagen geplant. Das Verfallsdatum von einem Todesmittel läuft ab. Frühere Vollzugsbeamte warnen.

Von Konrad Ege Dienstag, 04.04.2017, 17:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 06.04.2017, 12:14 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Wärter und Henker in Arkansas stehen besonders unter Stress. Der US-Bundesstaat will im April innerhalb von elf Tagen acht Menschen hinrichten. Eile sei geboten, sagt der Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson. Das Verfallsdatum eines Exekutionsmittels laufe Ende des Monats ab.

Der Republikaner Hutchinson erklärte im Nachrichtendienst talkbusiness.net, mit den Hinrichtungsterminen sorge er dafür, dass „rechtmäßige Strafen“ vollstreckt würden. Nach dem Ablauf des Verfallsdatums sei ungewiss, wo Nachschub erworben werden kann. Das Mittel ist Midazolam, das Delinquenten in eine Art Koma versetzen soll. US-Justizbehörden haben seit Jahren Probleme, Mittel für die Todescocktails zu beschaffen. Europäische Pharmafirmen liefern nicht mehr, US-Unternehmen gehen auf Distanz zu Hinrichtungen.

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Keine Zeit für Gnadengesuche

In laufenden Klagen gegen die Hinrichtungen haben Todeskandidaten nun vorgebracht, die dicht beieinander liegenden Termine ließen der Justiz und der Gnadenbehörde nicht genug Zeit, um Gnadengesuche überhaupt zu bearbeiten. Die acht Häftlinge waren in den 90er Jahren wegen Mordes verurteilt worden. Nach Angaben der Justiz von Arkansas haben sie ihre Berufungsmöglichkeiten ausgeschöpft.

Doch die Urteile sind umstritten. Die Verteidiger hätten bei allen acht Verfahren minderwertige Arbeit geleistet, befanden Todesstrafen-Experten des „Fair Punishment Project“ („Projekt faire Strafen“) an der Harvard Universität in Massachusetts. Einer sei betrunken gewesen, mehrere hätten Fristen verpasst und ihre Mandanten gar nicht besucht.

34 Häftlinge im „Todestrakt“

„Manche der Verurteilten hätten ohne ihren Rechtsbeistand bessere Chancen gehabt“, sagte eine Direktorin des Projekts, Jessica Brand. Die Fälle seien eine „grundsätzliche Herausforderung an die Legitimität und Integrität der Todesstrafe in Arkansas“. 34 Häftlinge befinden sich aktuell im Todestrakt des Staates. Arkansas hat letztmals 2005 einen Menschen hingerichtet. In den USA sind im vergangenen Jahr 20 Menschen hingerichtet worden, weniger als jemals zuvor seit 25 Jahren. In 31 der 50 Bundesstaaten ist die Todesstrafe legal.

Mindestens fünf der acht Todeskandidaten in Arkansas leiden nach Aussage von Psychologen an „schweren psychischen Krankheiten oder intellektuellen Behinderungen“, wie das „Fair Punishment Project“ schreibt. Darunter ist Bruce Ward, der wegen Raubmordes an einer Verkäuferin verurteilt wurde. Er sitzt seit 27 Jahren im Todestrakt. Ward sei überzeugt, er sei ein Evangelist auf besonderer Mission, berichten die Todesstrafen-Experten des Projekts.

Viele Hinrichtungen führen zu Stress

Neu an der Debatte über Hinrichtungen in den USA sind Einwände von Vollzugsbeamten. Mehr als 20 ehemals ranghohe Vollzugsbeamte warnen Gouverneur Hutchinson in einem Schreiben, so viele Hinrichtungen in so kurzem Zeitraum erhöhten das Risiko für Fehler. Zudem füge die schnelle Abfolge der Exekutionen zwischen dem 17. und dem 27. April Wärtern und Henkern „außerordentlichen und unnötigen Stress und Traumata zu“.

Einer, der nun warnt, ist der frühere Chef des Justizvollzugs im Staat Georgia, Allen Ault. Er sei für fünf Exekutionen zuständig gewesen, erläuterte Ault im Magazin „Time“. Er habe seine Pflicht getan. Doch bei ihm und vielen Kollegen habe der Vollzug der Todesstrafe „zum schweren Gefühl der Schuld, schlaflosen Nächten und permanenten emotionalen Schäden geführt“. (epd/mig) Aktuell Ausland

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  1. Helmut Josef Weber sagt:

    1. Nun- ich bin medizinischer Laie.
    Aber ich höre immer, dass Patienten die eine Vollnarkose erhalten, künstlich beatmet werden müssen.
    Warum bekommen die Delinquenten keine Narkose und dann vielleicht noch ein Mittel das den Herzstillstand herbeiführt?
    So wurde mein Rottweiler getötet, als er unheilbar erkrankt war; er ist ganz ruhig in meinen Armen eingeschlafen.
    Nun- ich bin kein Befürworter der Todesstrafe, zumal Verbrecher erst dann in den USA hingerichtet werden, wenn ein deutscher Mörder schon wieder aus der Haft entlassen werden kann.
    Aber ich denke, dass in den USA der Rachegedanke dominiert.
    Nach dem Urteil erst noch viele Jahre auf die Hinrichtung warten lassen und dann den Delinquenten möglichst grausam hinrichten.
    Der Delinquent soll mittels 2000 Volt Gleichstrom bei vollem Bewusstsein gebraten werden, qualvoll an Zyanidgas verrecken, oder bewegungsunfähig innerlich verbrennen.
    Aber was soll man von einem Staat auch erwarten, der seine eigene Urbevölkerung ausgerottet hat und Atombomben auf Zivilisten geworfen hat?
    Wie“ abschreckend“ die Todesstrafe ist, erkennt man daran, dass in den USA t ä g l i c h etwa 90 Menschen erschossen werden und etwa 700 angeschossen werde, die oft ein Leben lang verkrüppelt bleiben
    Das nennt man in anderen Ländern Bürgerkrieg
    Viele Grüße aus Andalusien
    H. J. Weber