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Wachmänner eines privaten Betreibers des Burbacher Flüchtlingsheims misshandeln einen Flüchtling (Symbolfoto)

Prozess

Flüchtlinge berichten von Schlägen durch Wachleute

Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes müssen sich vor Gericht verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, drei pakistanische Flüchtlinge in einer Notunterkunft misshandelt zu haben. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe.

Mittwoch, 08.02.2017, 4:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 13.02.2017, 19:05 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Vor dem Amtsgericht im emsländischen Lingen müssen sich seit Dienstag zwei Wachleute eines Sicherheitsdienstes wegen der mutmaßlichen Misshandlung von drei pakistanischen Flüchtlingen in einer Notunterkunft in Lingen verantworten. Alle drei Flüchtlinge berichteten am ersten Verhandlungstag, dass sie nach einem Streit um ein vermeintlich gestohlenes Handy im Dezember 2015 von Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes eingesperrt und misshandelt worden seien. (AZ 27LS 920 JS 35218/16 15/16)

Einer der beiden Wachmänner bestritt die Vorwürfe. Er sagte aus, die Flüchtlinge hätten sich gegenseitig geschlagen. Der andere äußerte sich bislang nicht zur Tat. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden gemeinschaftliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung vor.

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Die 23, 24 und 31 Jahre alten Pakistaner berichteten, ein minderjähriger Flüchtling aus Afghanistan habe sie in der vom DRK betriebenen Notunterkunft fälschlicherweise des Handydiebstahls beschuldigt. Dagegen sagte der angeklagte Wachmann aus, er und sein Kollege hätten bei Dienstantritt gegen 19.30 Uhr von anderen Kollegen gehört, dass die drei Pakistaner versucht hätten, einen 14-jährigen Afghanen zu vergewaltigen. Die Polizei habe die Vorwürfe aufgenommen, aber die Beschuldigten nicht mitgenommen. Sie sollten aber von den anderen Bewohnern der Notunterkunft getrennt und für eine Nacht in der Umkleidekabine untergebracht werden.

Eingesperrt und misshandelt

Die Pakistaner berichtete, sie seien von der Notunterkunft in eine benachbarte Turnhalle gebracht worden. Dort hätten Wachleute sie zunächst in eine kleine Umkleidekabine eingesperrt. Nach kurzer Zeit hätten die beiden Angeklagten einen nach dem anderen herausgeholt. In einem Nebenraum habe einer der beiden sie mit Fäusten gegen Kopf und Körper traktiert. Der andere habe zugesehen und sie hin und her geschubst.

Der 31-jährige Pakistaner berichtete, sein Kopf sei gegen die Wand geschlagen worden. Er habe einen Nasenbeinbruch davon getragen. Der 23-Jährige musste nach eigenen Angaben wegen kurzer Bewusstlosigkeit behandelt werden. Auch der 24-Jährige berichtete von Schlägen. Nach den Attacken seien alle drei bis zum nächsten Morgen in der Kabine eingesperrt worden.

Erinnerungslücken und unterschiedliche Aussagen

Dagegen sagte der Wachmann, er habe Tumulte gehört und festgestellt, dass einer der Flüchtlinge aufgrund von Atemnot beinahe bewusstlos gewesen sei. Nach der Versorgung durch einen Sanitäter sei der Pakistaner erneut in die Kabine gebracht worden. Er und seine Kollegen seien davon ausgegangen, dass die drei sich untereinander geschlagen hätten. Den Nasenbeinbruch habe er erst am nächsten Morgen bemerkt. Zwei weitere Wachleute, die als Zeugen gehört wurden, bestätigten seine Sichtweise. Sie gingen sogar davon aus, dass der Pakistaner die Atemnot nur simuliert habe. Auf die Frage, ob die Flüchtlinge tatsächlich eingeschlossen worden seien, beriefen sie sich wie auch der Angeklagte auf Erinnerungslücken.

Die drei Pakistaner erinnerten einige Ereignisse unterschiedlich. Sie waren sich etwa nicht einig darin, ob sie mit Essen versorgt wurden, ob es kalt war und wer genau sie in die Umkleidekabine gebracht hat. Es sind weitere Verhandlungstermine im Februar und März angesetzt. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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