Rechtsextremismus-Experte Heye

„Es geht nicht nur um die NPD“

Dem Extremismus-Experten Uwe-Karsten Heye zufolge muss die Politik mehr gegen Rechtsextremismus unternehmen. Anders als die Gefahr durch den „islamistischen“ Terrorismus werde dies sträflich vernachlässigt.

Von dem bevorstehenden Urteil im NPD-Verbotsverfahren erhofft sich der Rechtsextremismus-Experte Uwe-Karsten Heye eine Aufforderung an die Politik, mehr gegen Rechtsextremismus zu unternehmen. „Es geht ja nicht nur um die NPD“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Vereins „Gesicht zeigen!“ dem Evangelischen Pressedienst. In Deutschland gebe es laut Verfassungsschutz fast 12.000 gewaltorientierte Rechtsextremisten. Heye blickt nach eigenen Worten mit „skeptischem Optimismus“ auf das Urteil. Am Dienstag will das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung darüber mitteilen, ob die NPD verboten werden soll oder nicht.

„Ich rechne zwar nicht fest mit einer Ablehnung“, sagte Heye. Das Bundesverfassungsgericht müsse aber mindestens darüber nachdenken, warum die anderen möglichen Antragsteller Bundesregierung und Bundestag nicht gemeinsam mit dem Bundesrat diesen Verbotsantrag gestellt haben. Er bedauere dies, sagte Heye.

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„Wir haben ganze Regionen in Deutschland – nicht nur im Osten -, die eine homogene rechte Situation beherbergen.“

Der frühere Sprecher der Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) warnte eindringlich vor der Gefahr durch rechte Gewalttäter. Es gebe mehr als 700 Neonazis, gegen die Haftbefehle nicht vollzogen werden könnten, weil sie offenbar in den Untergrund gegangen seien. „Wozu das führen kann, zeigt der NSU-Prozess in München“, sagte er. Es gebe sichtbaren Terror von rechts.

Anders als die Gefahr durch „islamistischen“ Terrorismus werde dies „sträflich vernachlässigt“. „Hier hoffe ich sehr, dass das Verfassungsgericht in der Lage ist, durch seine Bewertung eine Änderung herbeizuführen“, sagte Heye. Es könne die Gefährdungen genau beschreiben, „selbst wenn die hohe Hürde eines Parteiverbots nicht überschritten wurde“. Eine mögliche Ablehnung des Verbots könne eingebettet werden in Anforderungen, „wie Gesetzgeber und Exekutive mit dem Umfeld der NPD und mit der Partei selbst umgehen müssen, damit es wirklich nicht dazu kommt, was Grundlage eines Verbots wäre: eine Gefährdung der Republik“, sagte Heye.

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Er zeigte sich überzeugt, dass im Fall eines Verbots die gesamte rechte Szene geschwächt würde. „Die Partei rüstet die rechtsextreme Szene ideologisch auf. Es gibt kommunizierende Röhren zwischen den Kameradschaften auf der einen, den Jungen Nationalisten auf der anderen Seite und der NPD im Zentrum“, erklärte er.

Heye forderte, „klare Kante“ gegen Rechtspopulismus und -extremismus zu zeigen. „Wir haben ganze Regionen in Deutschland – nicht nur im Osten -, die eine homogene rechte Situation beherbergen“, sagte er. „In der Gemengelage auch mit der AfD und dem ‚Postfaktischen‘ wird dort alles zertrampelt, was an demokratischer Kultur besteht.“ Dort müsse gehandelt werden. „Sonst wird aus dem deutschen ‚Nie wieder‘ ein ‚Leider wieder'“, mahnte Heye. (epd/mig)